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Eil-Verordnung zur Arzneimittelversorgung
Auskunftspflichten und Sicherstellungsauftrag statt Marktüberwachung
Die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung, die am heutigen Mittwoch in Kraft getreten ist, enthält auch neue Regeln für den Vertrieb von versorgungsrelevanten Produkten. Dies sind insbesondere Auskunftspflichten und Maßnahmen gegen die Verknappung. Gegenüber dem ersten Verordnungsentwurf wurden die Regelungen erheblich abgeschwächt.
Die neue Eil-Verordnung ist für Apotheken insbesondere wegen der Erleichterungen bei der Arzneimittelauswahl und durch das neue Botendiensthonorar interessant. Doch die Verordnung enthält noch mehr. Der Referentenentwurf für die neue Verordnung sah noch eine umfassende „Marktüberwachung“ des Bundesgesundheitsministeriums für Produkte des medizinischen Bedarfs vor. Dazu gehörten auch Verkaufsverbote und Verpflichtungen zur Überlassung. Doch viele Pläne wurden abgemildert und manche finden sich gar nicht mehr in der nun geltenden Fassung.
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Regeln für Hersteller und Vertreiber von versorgungsrelevanten Produkten
Der nun veröffentlichte § 7 der Verordnung wendet sich an Hersteller und Vertreiber von versorgungsrelevanten Produkten und damit auch an Apotheken. Versorgungsrelevante Produkte des medizinischen Bedarfs sind gemäß § 7 Absatz 3 der Verordnung „Arzneimittel, ihre Wirk-, Ausgangs- und Hilfsstoffe, Medizinprodukte, Labordiagnostika, Hilfsmittel, Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung, Produkte zur Desinfektion und deren Einzelkomponenten, für die das Bundesministerium für Gesundheit festgestellt hat, dass sie für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung in der epidemischen Lage von nationaler Tragweite von wesentlicher Bedeutung sind“. Dazu heißt es weiter: „Die Feststellung ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.“
Auskunftspflichten
Die Regelungen des § 7 der Verordnung gelten demnach nur, wenn eine solche Feststellung getroffen wurde. Dann sind Hersteller und Vertreiber verpflichtet, dem Ministerium oder einer benannten Stelle auf Verlangen „Auskunft über die Bestände, den Lagerort, die Produktion, den Vertrieb und die Preise“ der Produkte zu erteilen.
Versorgungsauftrag
Gemäß § 7 Absatz 2 der Verordnung stellen Hersteller und Vertreiber „im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit und des ihnen Zumutbaren eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung“ der Produkte sicher, damit der Bedarf der Bevölkerung gedeckt ist. Dabei orientieren sich die Preise an den Kosten der Bereitstellung. Aufschläge aufgrund der Epidemie sind bei den betroffenen Produkten nicht zulässig. Außerdem sind Vorkehrungen zu treffen, „um einem erkennbaren Horten oder einer gezielten Verknappung des Marktes so weit wie möglich entgegenzuwirken“.
Hersteller oder Vertreiber der Produkte können Ersatz für Aufwendungen gegenüber Vertragspartnern verlangen, wenn sie ihren Vertragspflichten nicht mehr nachkommen können, weil sie einer Anordnung gemäß dem Infektionsschutzgesetz gefolgt sind. Dazu wird beispielsweise auf Ausfuhrverbote und Umstellungen der Produktion verwiesen. Denn durch solche Maßnahmen könnte es für Hersteller unmöglich werden, bereits eingegangene vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen.
Marktwirtschaft statt Zentralismus
Damit ist der § 7 der Verordnung nun viel milder formuliert als im Referentenentwurf. Dort war noch vorgesehen, dass das Bundesgesundheitsministerium den Handel mit Produkten einschränken, die Preise bestimmen und Verkaufsverbote erlassen kann. Der erste Entwurf bot die Möglichkeit, das Handeln der privatwirtschaftlichen Akteure durch einen zentralen Plan zu steuern. Stattdessen wurden nun Auskunftspflichten erlassen und ein Sicherstellungsauftrag in Verbindung mit einer Art Wucherverbot erteilt. Bemerkenswert erscheinen auch die Hinweise auf die Verantwortlichkeit der Hersteller und Vertreiber und auf den Rahmen des ihnen Zumutbaren. Möglichkeiten für praktisch beliebige Verkaufsverbote und Verpflichtungen durch das Ministerium sind nicht mehr vorgesehen. Damit dürfte das eigenverantwortliche Handeln der Marktbeteiligten weitgehend gewahrt bleiben. Allerdings kann das Ministerium gemäß dem neu gefassten Infektionsschutzgesetz mit Verordnungen weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung erlassen.
Appell der industriellen Gesundheitswirtschaft berücksichtigt
Mit den Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf hat das Bundesgesundheitsministerium offenbar auf den gemeinsamen Appell der industriellen Gesundheitswirtschaft reagiert. Acht Verbände der Medizinprodukte- und Laborindustrie sowie der Pharma- und Biotechnologie hatten an die Bundesregierung appelliert, „dass auch in der aktuellen Situation der Corona-Pandemie das Aussetzen marktwirtschaftlicher Prinzipien nur maßvoll erfolgen darf“. Zum ersten Entwurf der Verordnung hatten die Verbände erklärt, dieser enthalte Maßnahmen, „die Grundrechte und marktwirtschaftliche Prinzipien – Wettbewerb, Eigentum und Preisbildung – erheblich einschränken können“. Die Verbände hatten gemahnt, zentralistische Eingriffe müssten auf das Maß beschränkt werden, das zur Abwehr von Versorgungsengpässen erforderlich sei. Daher sollten Angaben zu Umfang und Dauer der Maßnahmen ergänzt werden und die Notwendigkeit der Maßnahmen sollte begründet werden, hieß es in der Stellungnahme zum ersten Entwurf der Verordnung.
1 Kommentar
Sonderkennzeichen
von Conny am 22.04.2020 um 14:10 Uhr
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