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Zweites Bevölkerungsschutzgesetz
Spahn will Arzneimittel-Automaten für Klinikstationen erlauben
Das Bundesgesundheitsministerium hat einen Entwurf für ein Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage nationaler Tragweite vorgelegt. Darin enthalten sind weitere Neuregelungen für das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie stehen. Das Ministerium von Jens Spahn (CDU) plant aber eine Reihe weiterer Neuregelungen, die sich in den vergangenen Monaten angesammelt hatten. Darunter auch arzneimittelpolitische Maßnahmen, wie etwa Modellprojekte zur Etablierung von Arzneimittelabgabeautomaten in Krankenhäusern. Ein Überblick.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will die Versorgung mit Blick auf die COVID-19-Pandemie weiter flexibilisieren und hat dazu einen Entwurf für ein zweites Bevölkerungsschutzgesetz vorgelegt. In den Formulierungshilfen, die DAZ.online vorliegen, geht es unter anderem um eine Präzisierung der gesetzlichen Meldepflicht für COVID-19-Fälle sowie Meldepflichten für negative Labortests und Genesungen. Testungen sollen künftig offiziell zum Leistungskatalog der GKV gehören – auch wenn sie vom Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) vorgenommen werden. Das BMG soll dies durch eine Verordnung ohne Zustimmung des Bundesrates festlegen können. Damit will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Kassen auch Kosten für Tests an Menschen übernehmen, die keine COVID-19-Symptomatik aufweisen. Das BMG will sich damit offenbar auf eine große Steigerung bei der Anzahl der Corona-Tests vorbereiten. Laut Begründung im Entwurf könnten pro Woche etwa 4,5 Millionen PCR-Tests anstehen, wofür die Kassen bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben müssten. Zuletzt hatte Sahn erklärt, dass das Testverfahren umgestellt werden solle.
An mehreren Stellen will der Bund dem ÖGD unter die Arme greifen, um die Arbeit der Behörden während der Krise zu unterstützen. Tierärzten soll es möglich sein, Corona-Tests durchzuführen. Außerdem soll es künftig eine Immunstatusdokumentation für das neuartige Coronavirus geben. Ziel ist es, eine eventuelle Immunität nachweisen zu können.
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Aber das BMG geht mit dem Vorhaben noch weitere Themen an, die mit der Coronakrise wenig bis gar nichts zu tun haben. Unter anderem geht es um eines der Lieblingsthemen von Jens Spahn – die „Apps auf Rezept“. Zur Erklärung: Schon bald soll es Vertragsärzten möglich sein, Gesundheitsapps zulasten der GKV zu verordnen, das hatte der Bundestag vor einigen Monaten schon beschlossen. Mit dem nun vorliegenden Entwurf will das BMG klarstellen, dass zumindest in Pilotprojekten solche Handy-Anwendungen auch elektronisch verordnet werden können. In der Begründung heißt es dazu, dass zu befürchten sei, dass die Vertragsärzte die Gesundheitsapps in Papierform verordnen würden.
Aber auch im Apotheken- und Arzneimittelbereich plant das BMG Umstellungen, die nicht mit der Corona-Pandemie in Verbindung stehen. So sind sind Änderungen am Apothekengesetz (§ 21 Abs. 2) und in der Apothekenbetriebsordnung (neuer § 31 a) geplant. Spahn will sogenannte „Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung in Krankenhäusern durch Automatisierung“ ermöglichen. Konkret soll es in diesen Pilotprojekten möglich sein, dass Arzneimittelautomaten, die von der Klinikapotheke betrieben werden, Arzneimittel an die Stationen abgeben – auch ohne abschließende Kontrolle durch pharmazeutisches Personal. Allerdings muss die Abgabe zuvor durch pharmazeutisches Personal veranlasst und autorisiert werden, die nach dem Arzneimittelgesetz unzulässige Selbstbedienung soll so verhindert werden. Zudem soll es verstärkte Kontrollen durch einen Apotheker auf den Stationen geben. Betäubungsmittel sowie T-rezeptpflichtige Medikamente sind von den Modellvorhaben ausgeschlossen.
DKG hatte Automaten-Idee 2019 eingebracht
Die Idee der automatisierten Abgabe in Kliniken ist nicht ganz neu: Im August des vergangenen Jahres hatte sich bereits die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einer Stellungnahme dafür ausgesprochen, eine automatengestützte Kommissionierung durch Krankenhausapotheken ausdrücklich zuzulassen. Denn Aufsichtsbehörden untersagten solche Systeme immer wieder oder ließen sie nur unter harten Auflagen zu. Modellprojekte hielt die DKG nicht für nötig. Baden-Württemberg wollte die Idee im Bundesrat aufgreifen – doch dann wurde es still um das Vorhaben.
BMG erhält weitere Verordnungsmöglichkeiten
Hier noch weitere arzneimittelpolitisch relevante Themen im Überblick:
- Impfstoffe sollen künftig in den Regelungsbereich fallen, den das BMG per Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates angehen kann. So wie bei Arzneimitteln soll es künftig also auch bei Impfstoffen möglich sein, dass das Ministerium Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung regelt.
- Das BMG soll zudem ermächtigt werden, per Verordnung auch Regelungen für den Vertrieb sowie die Preisgestaltung von Arzneimitteln treffen zu können. Im Falle eines Versorgungsmangels müssten erforderlichenfalls Vorgaben für eine geregelte Abgabe, die Vermeidung eines Hortens oder von Preiserhöhungen oder -differenzierungen unter Ausnutzung von Notlagen getroffen werden können. Dort soll es nun statt „zur Abgabe, Preisbildung“ heißen: „zum Vertrieb, zur Abgabe, Preisbildung und -gestaltung“.
- Ärzte sollen einen höheren „Sicherheitszuschlag“ für die Bestellung von saisonalem Grippeimpfstoff für die Saison 2020/2021 bekommen, um das Risiko von Regressforderungen der Krankenkassen wegen unwirtschaftlicher Verordnung zu verringern. Denn: Die Abschätzung des tatsächlichen Bedarfs an Grippeimpfstoff für die Impfsaison 2020/2021 ist aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie erheblich erschwert, insbesondere weil verlässliche Aussagen zur Weiterentwicklung der COVID-19-Pandemie und auch derzeit nur eine Einschätzung der Impfbereitschaft der Bevölkerung in der Grippeimpfsaison 2020/2021 getroffen werden können. Eine Unterversorgung müsse vermieden werden.Eine Überschreitung der Verordnung von saisonalen Grippeimpfstoffen im Wege des Sprechstundenbedarfs von bis zu 30 Prozent gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen soll daher grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich gelten.
- Des Weiteren gibt es eine Fehlerbehebung, was die Verordnung von Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie betrifft. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung waren erst kürzlich der Sondervertriebsweg aufgehoben und die Preisbildung für diese Arzneimittel geregelt worden. Es war vorgesehen, dass die Änderungen einheitlich ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung wirksam werden sollen. Aufgrund eines redaktionellen Versehens ist jedoch kein einheitliches Datum für das Inkrafttreten verankert. Mit der nun vorliegenden Formulierungshilfe soll als Datum des Inkrafttretens der 1. September 2020 festgelegt werden.
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