Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker

Antikörpertests auf Corona – Risiko von Fehlinterpretation

Stuttgart - 14.04.2020, 09:00 Uhr

Spezifische, gegen SARS-CoV-2 gerichtete Antikörper sind frühestens eine Woche nach Erkrankungsbeginn nachweisbar, in der Regel sogar erst nach 14 Tagen. (m / Foto: Servoprax)

Spezifische, gegen SARS-CoV-2 gerichtete Antikörper sind frühestens eine Woche nach Erkrankungsbeginn nachweisbar, in der Regel sogar erst nach 14 Tagen. (m / Foto: Servoprax)


Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) warnt vor Antikörper-Schnelltests auf Corona: Sie eignen sich nur bedingt zum Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion, ein negatives Ergebnis schließt COVID-19 nicht aus, auch Kreuzrekativität mit anderen Coronaviren ist möglich. Problematisch ist nach Ansicht der AMK auch, dass Hersteller ihre SARS-CoV-2-Antikörpertests selbst zertifizieren dürfen. In einer Mitteilung klärt die AMK über klare Grenzen der Schnelltests auf Corona auf.

Vermehrte Anfragen zu den SARS-CoV-2-Antikörper-Schnelltests laufen derzeit bei der AMK (Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker) auf. Offenbar ist vieles unklar, weswegen die AMK nun in einer Mitteilung über „Schnelltests“ auf SARS-CoV-2-Antikörper über das Risiko von Fehlinterpretationen informiert. Die Testsysteme sind nur für den Gebrauch durch Fachpersonal vorgesehen.

Was detektieren die Antikörper-Schnelltests?

Tests weisen IgM- und IgG-Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus nach. IgM-Antikörper werden in der Frühphase einer Infektion gebildet. Im späteren Verlauf erfolgt ein Klassenwechsel zu IgG-Antikörpern.

Ab wann kann auf SARS-CoV-2-Antikörper getestet werden?

Spezifische, gegen das Virus gerichtete Antikörper sind frühestens eine Woche nach Erkrankungsbeginn nachweisbar, in der Regel sogar erst nach 14 Tagen. Gesicherte Erkenntnisse zu dieser Serokonversion liegen für SARS-CoV-2-Infektionen noch nicht vor. Erste Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass diese zeitlich ähnlich verläuft wie bei der SARS-CoV-Infektion in 2002-2004.

Kreuzreaktivität und falsche Sicherheit

Antikörpertests sind nach Einschätzung der AMK somit nur bedingt geeignet, eine Infektion aufzuzeigen. Eine Infektion könne vorliegen, auch ohne dass sich bereits Antikörper detektieren lassen. Ein negatives Testergebnis schließe somit nicht aus, dass der Patient zum Zeitpunkt der Testung SARS-CoV-2-infiziert und auch infektiös ist. Die AMK sieht hier vor allem auch die Gefahr, dass sich die Patienten in falscher Sicherheit wiegen und die gebotene Hygienemaßnahmen vernachlässigen. Auch könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass bereits vorhandene Antikörper gegen andere Coronaviren kreuzreagieren und zu einem falsch-positiven Testergebnis führen.

Sensitivität und Spezifität der Antikörpertests: falsch negativ und falsch positiv

Die AMK geht auch auf die „Genauigkeit“ der derzeit angebotenen Antikörper-Tests ein und erklärt die Begriffe „Sensitivität“ und „Spezifität“: Eine Sensitivität von beispielsweise 85 Prozent bedeute, dass in 15 von 100 Testungen ein falsch-negatives Ergebnis auftritt, also eine Infektion stattgefunden hat, ohne dass Antikörper detektiert wurden. Bei einer Spezifität von zum Beispiel 95 Prozent sind 5 von 100 Testungen falsch-positiv, obgleich der Mensch nicht mit SARS-CoV-2 infiziert war. Problematisch sieht die AMK vor allem, dass Spezifität und Sensitivität häufig nur an kleinen Probenmengen in einzelnen Laboren ermittelt wurden. Diese gelte es zu verifizieren.

Hersteller zertifizieren ihre Tests selbst

Ein kritischer Punkt ist nach Ansicht der AMK auch, dass Hersteller ihre Antikörper-Schnelltests selbst zertifizieren und mit einem CE-Kennzeichen versehen dürfen. Möglich ist das, da Antikörper-„Schnelltests“ als Medizinprodukte zurzeit als In-Vitro-Diagnostika (IVD) niedrigen Risikos eingestuft (Liste B) sind, was erlaubt, auf eine unabhängige Überprüfung zu verzichten. „Eine Validierung der Tests gilt daher nicht als gesichert“, warnt die AMK, zudem seien auch bereits Fälschungen bekannt, vor denen auch die WHO jüngst warnte.

RKI: keine alleinige Diagnostik mit Schnelltests

Die AMK erinnert auch daran, dass das Robert Koch-Institut (RKI) sowie Fachgesellschaften die alleinige Akutdiagnostik mithilfe von Antikörper-„Schnelltests“ ablehnen. Goldstandard zum Nachweis einer Infektion mit SARS-CoV-2 blieben weiterhin Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (NAT), wie die Real-Time-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR), bei denen direkt die Virus-RNA nachgewiesen werde. Bei einem Verdacht auf eine Infektion sollten daher die amtlich empfohlenen Testverfahren durchgeführt werden.

Hingegen könne eine breite Testung auf SARS-CoV-2 spezifische Antikörper für epidemiologische Fragestellungen sinnvoll sein, wie der Erfassung der Serokonversionsrate in der Bevölkerung, um den Stand der Immunisierung abzuschätzen. Entsprechende Studien hat das RKI in der vergangenen Woche bereits angekündigt. 

Apotheker sollen Grenzen der Tests erklären

Die AMK bittet Apotheker, ihre Kunden und Patienten, die sich über eine Testung von SARS-CoV-2-Antikörpern informieren möchten, angemessen über die Limitationen der Testsysteme aufzuklären. Weiterhin sollten Patienten bei Verdacht auf COVID-19 an die lokalen Gesundheitsämter verwiesen werden, um die Notwendigkeit einer laboranalytischen Testung zu prüfen. Diese sollte nicht durch einen Antikörper-„Schnelltest“ ersetzt werden. 



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Antikörpertest

von Jacob Richter am 14.04.2020 um 14:35 Uhr

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» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Antikörpertest

von Jan am 15.04.2020 um 11:10 Uhr

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Einzig die Kasse funktioniert - klar.

Wenn Ihr Test genauso seriös wie Ihre Abzockerseite ist, dann gute Nacht. Sollte redaktionell gelöscht werden.

AMK belebt ABDA...

von Christian Timme am 14.04.2020 um 9:21 Uhr

Es besteht noch Hoffnung...

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