WHO, EMA, AMK, Schweiz, Frankreich

Ibuprofen bei Covid-19: eine Übersicht

Stuttgart - 18.03.2020, 14:00 Uhr

Es gibt keine neu veröffentlichten Daten, die eindeutig bestätigen, dass Ibuprofen eine COVID-19-Erkrankung verschlechtern. (r / Foto: imago images / MiS )

Es gibt keine neu veröffentlichten Daten, die eindeutig bestätigen, dass Ibuprofen eine COVID-19-Erkrankung verschlechtern. (r / Foto: imago images / MiS )


ANSM bevorzugt bei Infektionen generell Paracetamol

Die Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM), die französische Behörde für Arzneimittelsicherheit, veröffentlichte am 17. März ebenfalls ein Schreiben zur Fiebersenkung bei COVID-19: l’ANSM prend des mesures pour favoriser le bon usage du paracétamol. Darin erinnert und fordert die ANSM das medizinische Personal und Patienten auf, „bei Schmerzen und/oder Fieber, insbesondere im Zusammenhang mit einer Infektion, (...) dem Einsatz von Paracetamol Vorrang einzuräumen.“ Dies ist allerdings keine spezielle Empfehlung, nur in Bezug auf SARS-CoV-2, was frühere Informationen der Behörde zeigen: Anti-inflammatoires non stéroïdiens (AINS) et complications infectieuses graves - Point d'Information.

Die ANSM rät bei Schmerzen und Fieber, insbesondere im Zusammenhang mit häufigen Infek­tionen wie Angina, Rhinopharyngitis, Otitis, Husten, Lungenentzündung, Hautläsion oder Windpocken, grundsätzlich entzündungshemmende Arzneimittel zu meiden und Paracetamol zu bevorzugen, da die Antiinflammation die Schwere der Symptomatik verschleiern könne. „In der Tat können entzündungshemmende Medikamente (einschließlich Ibuprofen) eine Infektion verdecken und in bestimmten Situationen eine potenziell erschwerende Wirkung haben“, heißt es auszugsweise in der Erklärung. Hier ein Teil der ANSM-Erklärung in der Originalsprache Französisch:


En cas de douleur et/ou fièvre, notamment dans un contexte d’infection, l’ANSM appelle les patients et les professionnels de santé à privilégier l’utilisation du paracétamol. En effet, les anti-inflammatoires (dont l’ibuprofène) peuvent masquer une infection et potentiellement avoir un effet aggravant dans certaines situations. Si vous êtes actuellement traité par anti-inflammatoires ou par corticoïdes, n’arrêtez pas votre traitement et rapprochez-vous de votre médecin si nécessaire."

Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM), Frankreich


Gleichzeitig warnt die französische Arzneimittelbehörde davor, dass Patienten nun auf eigene Faust ihre entzündungshemmenden Arzneimittel absetzen. Die Patienten unter entzündungshemmender Medikation oder Kortikosteroiden dürften die Behandlung nicht abbrechen und sollten sich gegebenenfalls mit ihrem Arzt in Verbindung setzen.

EMA: alle verfügbaren Behandlungsoptionen nutzen

Auch die EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) erklärt am heutigen Mittwoch: „Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, die einen Zusammenhang zwischen Ibuprofen und der Verschlechterung von COVID 19 herstellen.“ Die EMA beobachtet die Situation genau und wird alle neuen Informationen, die zu diesem Thema im Zusammenhang mit der Pandemie verfügbar werden, überprüfen.

PRAC prüft Ibuprofen und Ketoprofen bei Infektionen seit Mai 2019

Der Ausschuss für Pharmakovigilanz (PRAC) prüft seit Mai 2019 die NSAR Ketoprofen und Ibuprofen. Die ANSM hatte diese Überprüfung beantragt, aufgrund von Hinweisen, dass einige bakterielle Infektionen und Windpocken (Varizellen) durch diese Medikamente verschlimmert werden könnten. Die Produktinformationen vieler NSAR enthalten nun bereits Warnungen, dass ihre entzündungshemmende Wirkung die Symptome einer sich verschlimmernden Infektion verdecken kann, so die EMA.  Die Sicherheitsüberprüfung durch den PRAC läuft aktuell noch.

Jedes Arzneimittel hat Vorteile und Risiken

Zu COVID-19 erklärt die Europäische Arzneimittel-Agentur: „Bei Beginn der Behandlung von Fieber oder Schmerzen bei COVID-19 sollten Patienten und medizinisches Fachpersonal alle verfügbaren Behandlungsoptionen, einschließlich Paracetamol und NSAR, in Betracht ziehen.“ Jedes Medikament habe seine eigenen Vorteile und Risiken, die sich in den Produktinformationen widerspiegeln und die zusammen mit den nationalen Behandlungsleitlinien der EU berücksichtigt werden sollten, von denen die meisten Paracetamol als erste Behandlungsoption bei Fieber oder Schmerzen empfehlen. Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe könnten NSAR wie Ibuprofen gemäß den genehmigten Produktinformationen weiterhin verwenden, so die Einschätzung der EMA. Die WHO empfiehlt in der Selbstmedikation auf Ibuprofen zu verzichten.

Man sollte diese Medikamente in der niedrigsten wirksamen Dosis über einen möglichst kurzen Zeitraum einsetzen, und es gebe derzeit keinen Grund für Patienten unter Ibuprofen, das Arzneimittel abzusetzen.

Studien sollen Klarheit bringen

Die EMA betont, dass „epidemiologische Studien rechtzeitig durchgeführt werden müssen, um angemessene Beweise für die Auswirkungen von NSAR auf die Krankheitsprognose von COVID-19 zu erbringen.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Ibu und Paracetamol

von Sven Larisch am 19.03.2020 um 7:41 Uhr

Die Veröffentlichung der WHO hat unsere Mediziner dazu veranlasst ein bewährtes Präparat mit entzündungshemmender Wirkung (Ibuprofen ab 1000 mg) gegen Paracetamol zu tauschen. Dies nach einer Operation. Auf Nachfrage kam: Ja- solange die Lage unsicher ist.
Ich interpretiere da eher: Solange man nicht weiß, ob eine Versicherung das abdeckt. Alle wollen jetzt Paracetamol- und wieder Lieferengpässe bei Säften und Zäpfchen. Und der ABDA Präsident sagt das Gegenteil. Welche Apotheken hat er befragt?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.