Coronavirus in Apotheken

Wie Apotheker in Frankreich, Italien und England sich und andere schützen

Remagen - 28.02.2020, 16:15 Uhr

Apotheker in England, Frankreich und Italien (hier ein Symbolbild aus Frankreich) haben sehr viel genauere Anweisungen und Instruktionen, wie sie sich während der Corona-Krise verhalten sollen, als die deutschen Apotheker. (Foto: imago images / Le Pictorium)

Apotheker in England, Frankreich und Italien (hier ein Symbolbild aus Frankreich) haben sehr viel genauere Anweisungen und Instruktionen, wie sie sich während der Corona-Krise verhalten sollen, als die deutschen Apotheker. (Foto: imago images / Le Pictorium)


Am gestrigen Donnerstag hat die ABDA erstmals Hinweise für die öffentlichen Apotheken zum Umgang mit dem Coronavirus herausgegeben. Ob das reicht und in der Form aufrechterhalten werden kann, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. DAZ.online hat sich ein bisschen in den Nachbarländern umgeschaut. In England gibt es seit gestern eine SOP, die den Offizinapothekern haarklein sagt, was zu tun ist, wenn sie einen möglichen Infizierten vor sich haben.

Nach den DAZ.online-Recherchen geben die Apotheker- und staatlichen Organisationen derzeit in den meisten Ländern Handlungsanweisungen an das Gesundheitspersonal zum Umgang mit eventuell SARS-CoV-2-Infizierten aus. Diese sind mehr oder weniger ausgefeilt und erstrecken sich vielfach auf die üblichen Hygienehinweise. In Frankreich und Italien sollen die Apotheker sich bald flächendeckend mit passenden Atemschutzmasken schützen können, die der Staat zur Verfügung stellt.

Schutzmasken für Apotheker in Frankreich und Italien

Nach einer Mitteilung der französischen Apothekerkammer plant das Gesundheitsministerium, dass diese in der kommenden Woche über den pharmazeutischen Großhandel kostenfrei an die Apotheken ausgeliefert werden sollen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei nicht vorgesehen, die Schutzmasken auch an Risikopersonen in der Bevölkerung zu verteilen. In Italien wurde in dieser Woche ein am vergangenen Samstag von der Regierung verabschiedetes Dekret zur Bewältigung der Coronavirus-Notlage angenommen. Es verpflichtet die Regierung dazu, Apothekern, Krankenschwestern und Ärzten persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.

Erst kürzlich hatte DAZ.online auch über den Arbeitsalltag der Apotheken im Krisengebiet berichtet. Die Apotheken in der Region sind angehalten, nicht wegen der Notlage zu schließen, sondern einen wichtigen Teil der Erstversorgung und Beratung der Menschen zu übernehmen. Einige Apotheker beraten über die Notdienstklappe.

UK: Detaillierte SOP für Apotheker

In Großbritannien haben NHS Health und NHS Improvement gestern eine spezielle SOP für die öffentlichen Apotheken in England herausgegeben, die vielleicht auch für andere Länder Vorbildcharakter haben könnte. Die Anleitung zielt darauf ab, mögliche Infizierte oder bereits Kranke vor Ort zu identifizieren, diese gegebenenfalls zu isolieren und möglichst schnell einer weiteren Behandlung über den Nationalen Gesundheitsdienst zuzuleiten, wobei alle Informationen über die Notrufnummer NHS 111 zusammenlaufen sollen. Die SOP geht davon aus, dass die meisten Patienten, die mit Husten, Erkältungen oder grippeähnlichen Symptomen in die Apotheke kommen, wahrscheinlich kein COVID-19 haben. Das Apothekenpersonal soll nun mit Hilfe der in der SOP beschriebenen Falldefinition in die Lage versetzt werden, eine erste Risikobewertung auf der Basis der Reise-/Kontakthistorie des Patienten in Bezug auf COVID-19 durchzuführen.

Selbstisolierung ja oder nein?

Diese stützt sich auf zwei Kategorien von Ländern/Regionen:

Bei Reisen in Länder der Kategorie 1 in den letzten 14 Tagen sollte den Betroffenen geraten werden, sich auch dann, wenn sie asymptomatisch sind, selbst zu isolieren, und NHS 111 anzurufen. Zu der Kategorie gehören die Stadt Wuhan und die Provinz Hubei in China, Iran, Daegu oder Cheongdo in Südkorea, und sämtliche italienischen Städte, die von den Abriegelungen betroffen sind. Reisende in Länder der Kategorie 2 in den letzten 14 Tagen müssen keine besonderen Maßnahmen ergreifen, aber wenn sie Symptome entwickeln, sollten sie sich ebenfalls selbst isolieren und NHS 111 anrufen. Zu der Kategorie gehören eine Reihe von Ländern in Südostasien und Norditalien (außer de Regionen der Kategorie 1).

Im Falle eines Telefonkontakts sollten Kunden, die sich bereits selbst isoliert haben, nicht in die Apotheke bestellt werden. Auch wenn sie dringend Medikamente brauchen, soll alles über NHS 111 laufen. 

Warn-und Informationsposter: „Do not enter this building”

Bereits vor zehn Tagen war den Apotheken in Großbritannien empfohlen worden, ein Poster (s. Abbildung) von außen sichtbar in den Apotheken anzubringen:

Kunden, die in den letzten 14 Tagen in einer von SARS-CoV-2 betroffenen Region waren oder die Kontakt mit einem Infizierten hatten und die eines der Symptome Husten, Fieber, Atemnot haben, werden mit dem Poster angewiesen, sich selbst und andere zu schützen, nach Hause zu gehen und die NHS-Notrufnummer 111 zu wählen, um sich dort beraten zu lassen. Die Personen werden dazu aufgefordert, nicht in das Gebäude einzutreten.

Isolationsraum in den Apotheken

Für Kunden, die schon in der Apotheke sind, steht ein ähnliches Info-Poster ohne den Hinweis „Do not enter this building“ zur Verfügung. Die Information sollte innerhalb der Offizin gegebenenfalls an mehreren Stellen ausgehängt werden. Für die „Begutachtung“ der Kunden/Patienten gelten die genannten Regeln. Für mögliche Infizierte, die wegen ihres Zustandes nicht nach Hause gehen können, soll in den Apotheken ein Isolationsraum vorgehalten werden, in dem die Betroffenen nebst Begleitung abseits von anderen Patienten und Mitarbeitern untergebracht werden können. Ist dieser nicht abgeschlossen, so soll der Abstand von anderen Patienten und Mitarbeitern zwei Meter betragen. Nicht-wesentliche Möbel und Gegenstände sollen entfernt werden, um die nachfolgende Dekontamination zu erleichtern. In dem Raum sollte sich nach Möglichkeit ein Telefon befinden, damit die Patienten selbst den Notruf 111 kontaktieren können. Auch sollten dort die Kontaktdaten der Apotheke angegeben sein. Ein NHS 111-Kliniker wird sich nach der Beurteilung mit der Apotheke in Verbindung setzen und den Patienten gegebenenfalls abholen lassen.

Exposition vermeiden und Raum nachher dekontaminieren

Während der Wartezeit soll die regelmäßige Kommunikation des Apothekenpersonals mit der Person in dem Isolationsraum sichergestellt sein, sei es per Mobiltelefon oder auch durch Gespräche oder Klopfzeichen durch die Tür. Wenn der Zugang zu dem Raum oder der Kontakt mit dem Patienten im Notfall unvermeidbar ist, soll das Apothekenpersonal eine persönliche Schutzausrüstung, wie Handschuhe, Schürze und eine flüssigkeitsbeständige Schutzmaske, tragen und die Exposition auf ein Minimum beschränken.

Sobald eine möglicherweise betroffene Person aus der Apotheke entfernt wurde, darf der ausgewiesene Isolationsraum nicht mehr benutzt werden. Die Zimmertür sollte geschlossen bleiben beziehungsweise der Bereich abgesperrt und die Fenster zur besseren Luftzirkulation geöffnet, bis der Raum mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln gereinigt ist. Eventuell müssen auch Gemeinschaftsbereiche, wie Wartezonen oder Toilettenanlagen, so schnell wie möglich gesäubert werden. Alle Abfälle aus vermuteten kontaminierten Bereichen sollten aus dem Raum entfernt und unter Quarantäne gestellt werden, bis die Testergebnisse des Patienten bekannt sind (dies kann 48 Stunden dauern). Alle persönlichen Schutzausrüstungen sollten als klinische Abfälle entsorgt werden.  

„COVID-19-Beauftragter“ für die Apotheke

Die öffentliche Apotheke sollte geöffnet bleiben, sofern die Gesundheitsbehörden nichts anderes anordnen. Um zu gewährleisten, dass die Maßnahmen zur Risikoabwehr im Zusammenhang mit dem Coronavirus-Ausbruch in den Apotheken dauerhaft und reibungslos funktionieren, empfiehlt die SOP des NHS für die Apotheke eine Art „COVID-19-Beauftragten“ zu benennen, der sämtliche Aktivitäten im Zusammenhang mit der Umsetzung der SOP koordiniert. Dazu gehört auch die Verpflichtung, sich regelmäßig über neue offizielle Anleitungen auf dem Laufenden zu halten. Die Verantwortung für die Bereitstellung der Schutzausrüstung für das Personal und dessen Schulung sollen die Primärversorgungsanbieter, das heißt in dem Fall die Apothekeninhaber, tragen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Derweilen in der Bürokratur

von Rainer W. am 02.03.2020 um 12:17 Uhr

Ich hab 10 L Isoprop rumstehen, das ich weder Umfüllen, Abfüllen darf noch darf ich daraus Händedesinfektionsmittel oder - Gott bewahre - Flächendesinfektionsmittel herstellen.

Ich kann mich natürlich auf den Weg durch die Instanzen machen und eine Herstellungserlaubnis beantragen, Kosten die ich in den nächsten 100 Jahren nicht durch die Abgabe wieder hereinhole....

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Von ‚Corona“ könnte nicht nur die EU etwas lernen ...

von Christian Timme am 29.02.2020 um 21:34 Uhr

Wir sind „Weltmeister“ ... in was? ... bevor wir das „geklärt“ haben sind wir „Coronavirisiert“ ... weil uns die „Grippe“ alleine nicht reicht ... wenn schon ... dann richtig ... typisch ...

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Epidemie

von Vatchkova am 28.02.2020 um 23:26 Uhr

Wo sind unsere Handlungsanweisung zu lesen? Seit einer Woche verkaufen wir Desinfektionsmittel und Masken wie verrückt. Haben wir mindestens Rundfax gekriegt oder habe ich was verpasst?
Die Pandemien Pläne der BAK sind zuletzt 2016 aktualisiert worden.Es geht hier nich um Panik zu verbreiten, sondern um Vorbereitung! Wir Apotheker sind immer allein! Wir sind immer die erste Anlaufstelle, die Arztpraxen sind immer die zweite. Ich schlage mal vor, dass wir lesen wie die Nachbarn machen und machen wir auch nach! Toll!

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