Hexal, Stada und Co.

Was steckt hinter dem Lamotrigin-Engpass?

Stuttgart - 03.02.2020, 09:00 Uhr

Lamotrigin kommt bei Epilepsie und bipolarer Störung zum Einsatz. (s / Foto: RFBSIP / stock.adobe.com)

Lamotrigin kommt bei Epilepsie und bipolarer Störung zum Einsatz. (s / Foto: RFBSIP / stock.adobe.com)


Kurz bevor es die Patienten zu spüren bekommen, können Apotheker meist schon einen Lieferengpass kommen sehen. Der Lieferengpass von Lamotrigin dürfte mittlerweile aber auch die meisten Patienten erreicht haben – sie laufen von Apotheke zu Apotheke, in der Hoffnung ihr Arzneimittel noch irgendwo zu bekommen. Und sie fragen sich natürlich: Was steckt dahinter?

Auch DAZ.online wollte wissen, wie es zu dem mittlerweile in Apotheken deutlich spürbaren Lamotrigin-Engpass gekommen ist – immerhin werden sowohl Präparate von Hexal und 1 A Pharma, Dexcel (Atid) als auch Stada in der Lieferengpassliste des BfArM aufgeführt. 1 A Pharma soll demnach schon im Februar wieder lieferfähig sein, Hexal ab März. Bei 1A sind als Grund Produktionsprobleme angegeben, bei Hexal „regulatorische Maßnahmen“. Beide Pharmaunternehmen gehören zu Sandoz, einer Division der Novartis-Gruppe. 

Hexal will ab März wieder liefern

Bei der Pressestelle von Sandoz teilte man DAZ.online auf die Frage, was hinter dem Engpass steckt, mit: „Bei den regulatorischen Anpassungen, die auf der BfArM-Seite als Grund für den bestehenden Lieferengpass angegeben sind, handelt es sich um eine notwendige Änderungsanzeige an die Zulassungsbehörden hinsichtlich einer zu aktualisierenden Spezifikation des Fertigarzneimittels. Wir haben inzwischen die entsprechende Genehmigung erhalten und gehen davon aus, dass wir mit unseren Lamotrigin Hexal Tabletten im März 2020 wieder komplett lieferfähig sind.“ Also einfach nur eine regulatorische Maßnahme? 

Sowohl bei der Firma Dexcel Pharma GmbH als auch bei Stada werden wie bei 1A Pharma allerdings Produktionsprobleme als Grund für den Lieferengpass angegeben. Während Dexcel sich bislang noch nicht näher zum Fall geäußert hat (laut BfArM-Liste ab April wieder lieferfähig), war Stada gegenüber DAZ.online am auskunftsfreudigsten:


Wie Sie wissen, werden bestimmte Wirkstoffe nur noch von einzelnen Firmen weltweit hergestellt und vertrieben. Ein technisches oder hygienisches Problem in einem Betrieb kann folglich unmittelbar die weltweite Versorgung mit diesem Wirkstoff beeinträchtigen. Im Falle von Lamotrigin wurde einem Wirkstoffhersteller das CEP-Zertifikat entzogen. Die Situation wurde durch eine allgemeine Knappheit der Präparate am Markt sowie Lieferengpässen bei unseren Mitanbietern und einer daraus resultierenden erhöhten Nachfrage der entsprechenden Stada- und Aliud-Produkte noch verschärft.“ 

Statement der STADA Arzneimittel AG 


Spanischem Wirkstoffhersteller wurde CEP-Zertifikat entzogen

DAZ.online hatte bereits zuvor recherchiert, dass einem spanischen Wirkstoffhersteller im Dezember das CEP-Zertifikat entzogen worden war. In den USA scheint zudem seit 10. Januar 2020 bei Lamotrigin von Taro Pharmaceuticals U.S.A., Inc. eine Kreuzkontamination mit Enalapril vorzuliegen. Und die Versandapotheke Valisure – die vielen Apothekern im Zusammenhang mit verunreinigtem Ranitidin bekannt sein dürfte – konnte laut einem Zeitungsbericht zeigen, dass sich Lamotrigin mit verzögerter Freisetzung nicht immer so auflöst wie es soll. 

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Auf die einzelnen Fälle angesprochen, äußerte sich allein Stada dazu: „Wir haben Lamotrigin-Präparate nur als Film- und nicht als Retardtabletten im Einsatz. Die Schwierigkeiten im Freisetzungsverhalten von retardierten Präparaten sind daher für uns überhaupt kein Thema. Bei der Kreuzkontamination in den USA handelt es sich um einen ganz speziellen Einzelfall, mit dem unsere Produkte ebenfalls in keinem Zusammenhang stehen.“

Wer nun aber alles von dem erwähnten entzogenen CEP-Zertifikat betroffen ist, geht auch aus der Antwort von Stada nicht hervor. Dort heißt es lediglich: 


Um die Lieferfähigkeit zu gewährleisten kommt bei uns im Konzern eine so genannte 2nd Source-Strategie zum Einsatz. Diese hat zum Ziel, für alle wichtigen Wirkstoffe mindestens zwei qualifizierte Lieferquellen zu haben – idealerweise aus unterschiedlichen Ländern. Trotz dieser Sicherheitsmaßnahmen konnte der Lieferengpass bei Lamotrigin-Präparten bisher jedoch leider nicht vollständig aufgefangen werden. Die derzeitige Situation ist für uns ebenfalls sehr unzufriedenstellend.“

Statement der STADA Arzneimittel AG 


Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Situation, wie angekündigt, noch in diesem Frühjahr bessern wird.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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