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Gutachten zur Rx-Preisbindung
BMG schweigt zu Details zum neuen Apotheken-Gutachten
Nicht nur Apotheker reagierten irritiert, als bekannt wurde, dass jetzt auch das Bundesgesundheitsministerium ein Gutachten zum Apothekenmarkt in Auftrag gegeben hat. Der Bundestagsabgeordneten Sylvia Gabelmann (Linke) geht es nicht anders. Sie hat das Ministerium nach Details zu der Expertise gefragt. Doch das BMG will nichts verraten. Gabelmann findet, das Ministerium mache ein zu großes Geheimnis um diese Analyse. Und auch für die ABDA hat sie einen Seitenhieb übrig.
Es war die Antwort auf eine Schriftliche Frage der arzneimittelpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Sylvia Gabelmann, aus dem vergangenen Dezember, die kürzlich den Hinweis gab, dass erneut ein Gutachten zum Apothekenmarkt in Arbeit ist. Eigentlich hatte sich Gabelmann im Bundesgesundheitsministerium (BMG) erkundigt, welche Informationen die Bundesregierung darüber hat, in welchen Regionen der Rückgang der Apothekenzahlen besonders ausgeprägt ist.
Die parlamentarische Staatssekretärin im BMG Sabine Weiss (CDU) antwortete, dass solch differenzierte Informationen nicht vorlägen – und erwähnte eher am Rande, dass das BMG ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, „mit dem unter anderem eine verbesserte Datenlage als Grundlage für künftige politische Überlegungen geschaffen werden soll“.
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Noch ein Gutachten? Schließlich hatte vor nicht allzu langer Zeit erst das Bundeswirtschaftsministerium den Apothekenmarkt durchleuchten lassen. DAZ.online hakte also im BMG nach und es stellt sich heraus: Der Auftrag für das Gutachten ging im November 2019 an das IGES Institut in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Befassen soll es sich mit den möglichen Auswirkungen einer partiellen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung beziehungsweise der Gewährung von Boni bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.
Die Nachricht sorgte für Unruhe: Will Spahn seinen anfänglich geplanten Boni-Deckel absichern? Doch das BMG wies solche Vermutungen zurück. Vielmehr solle die neue Studie das jetzige Vorhaben, die Rx-Preisbindung im Sozialrecht zu verankern, mit empirischen Daten stützen.
Welche Daten sind relevant?
Gabelmann, selbst Apothekerin, hakte daraufhin im Januar mit einer weiteren Frage nach: Auf welcher Datenbasis werde das Gutachten erstellt? Und: Sollte das ABDA-Datenpanel dabei nicht relevant berücksichtigt werden – welche Gründe könne die Regierung dafür nennen? Die Antwort der Staatssekretärin fällt erneut knapp aus:
Grundlage für das Gutachten sind insbesondere frei zugängliche statistische Daten. Die wissenschaftliche Konzeptionierung des Gutachtens einschließlich der relevanten Datenerhebung bleibt der Auftragnehmerin, einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut überlassen.“
Gabelmann enttäuscht diese Antwort schwer. „Die Schaffung von Transparenz und auch das parlamentarische Auskunftsrecht scheinen im Ministerium nicht allerhöchsten Stellenwert zu haben“, kann sie daraus nur schließen. Gabelmann weiter: „Ich halte es nicht wirklich für glaubhaft, dass im Ministerium, das das Gutachten ja schließlich in Auftrag gegeben hat, niemand irgendwelche Details kennen will, welches Datenmaterial berücksichtigt wird und welches nicht“.
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Die Linken-Politikerin zieht bereits Parallelen zu anderen Gutachten, von denen nicht zu viel nach außen dringen soll: „Es ist schon irritierend, welche Geheimnisse im Moment um Gutachten gemacht werden. Im vorliegenden Fall gibt sich das Ministerium unwissend – und auch die ABDA verweigert die Herausgabe von Rechtsgutachten an Benedikt Bühler. Beides halte ich für inakzeptabel.“
BMG lässt viele Fragen zum Gutachten unbeantwortet
Auch DAZ.online hat in den vergangenen Tagen und Wochen mehrere Anfragen an das Ministerium gestellt bezüglich des Gutachtens. Unter anderem geht es um eine brisante Personalie: Iris an der Heiden, die bei der Agentur 2HM schon das BMWi-Gutachten zum Apothekenmarkt betreute, arbeitet inzwischen beim IGES-Institut als Projektleiterin für Gesundheitspolitik. Das IGES Institut bestätigte zwar, dass an der Heiden für das Institut tätig sei, wollte aber nicht beantworten, ob die Expertin auch am neuen Apotheken-Gutachten beteiligt ist.
Ebenfalls stellte sich die Frage, warum das BMG gleich zwei Institute mit dem Gutachten beauftragte. Wie ist die Arbeitsteilung zwischen beiden Instituten? Doch auch hier wollten weder das Ministerium noch die Institute unsere Fragen beantworten.
Hinzu kommt die Frage nach einer möglichen Ausschreibung: Die Vergabe des Gutachtens, das den Steuerzahler laut BMG 140.000 Euro kostet, wurde nicht ausgeschrieben. Auf Nachfrage dazu teilte eine BMG-Sprecherin lediglich mit, dass Aufträge unter einem bestimmten Stellenwert nicht ausgeschrieben werden müssten. Man habe sich mehrere Angebote verschiedener Wettbewerber eingeholt und dann selbst entschieden. Richtig ist: Für eine europäische Ausschreibung wurde dieser Schwellenwert nicht überschritten. Aber hätte das Ministerium den Auftrag möglicherweise national ausschreiben müssen? Auch diese Frage ist derzeit unbeantwortet.
1 Kommentar
Schweigen des BMG
von Roland Mückschel am 22.01.2020 um 16:28 Uhr
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