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DAZ-Jahresrückblick
Schmerzen, Kopfläuse und HIV: Dos and Don'ts in der Schwangerschaft
Klinische Studien mit schwangeren Frauen verbieten sich aus ethischen Gründen. So ist man in puncto Arzneimittel auf den Erfahrungsschatz angewiesen, der in der Praxis gesammelt wird – und dieser wächst Jahr um Jahr. 2019 wurden unter anderem die Empfehlungen zu Permethrin-haltigen Läusemitteln und Metamizol in der Gravidität verschärft. Dafür wird das Fehlbildungsrisiko unter Dolutegravir doch nicht ganz so eng gesehen.
Eindrückliche Zahlen Ende März auf dem Frühjahrskongress der Apothekerkammer Schleswig-Holstein: Über 40 Prozent der Schwangerschaften in Deutschland seien ungeplant (nicht ungewollt), weshalb das Thema „Arzneimittel in der Schwangerschaft“ alle Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, also immerhin etwa ein Viertel der Bevölkerung (DAZ 13, S. 88). Diese Frauen sollten vorzugsweise mit gut untersuchten Arzneimitteln behandelt werden.
Daumen hoch!
Bei Blutungen im ersten Trimenon wird häufig Progesteron gegeben, da es physiologisch für den Erhalt der Schwangerschaft notwendig ist. In den empfohlenen Dosierungen schadet es nicht, doch nützt es auch nicht jeder Frau, wie die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten PRISM-Studie (Progesterone in Spontaneous Miscarriage) in diesem Jahr zeigten (DAZ 24, S. 31). Eine Subgruppenanalyse ergab aber, dass die Schwangerschaften von Frauen mit mindestens drei Aborten in der Vergangenheit signifikant häufiger in einer Lebendgeburt nach der 34. Schwangerschaftswoche (SSW) endeten als ohne Progesteron-Behandlung.
Dass Schwangere auf eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren achten sollten, ist keine Neuigkeit. In diesem Jahr kamen noch weitere gute Argumente hinzu. Ein Cochrane Review mit den Daten von fast 20.000 Schwangeren und ihren Kindern ergab, dass die Einnahme von Omega‑3-Fettsäuren das Risiko einer Frühgeburt vor vollendeter 34. SSW fast halbieren kann. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit eines geringen Geburtsgewichts niedriger (DAZ 3, S. 20).
Möglicherweise kann eine tägliche Folsäure-Zufuhr von ≥ 600 µg das Risiko für eine Autismus-Spektrum-Störung beim Ungeborenen senken, lautet das Fazit einer Beobachtungsstudie mit 305 Müttern (DAZ 14, S. 30). Für die Ableitung eines kausalen Zusammenhangs sowie für konkrete Empfehlungen ist es aber noch zu früh.
Der Integrase-Inhibitor Dolutegravir wird seit diesem Jahr offiziell von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Behandlung von HIV in der Schwangerschaft empfohlen. Diese Entscheidung war zunächst überraschend, da eine Studie aus Botswana Hinweise auf eine vermehrte Rate von Neuralrohrdefekten ergab (DAZ 31, S. 28). In Tierversuchen war keine teratogene Wirkung beobachtet worden. Eine neue Auswertung der Studie zeigte, dass die Risikoerhöhung geringer ist als zunächst befürchtet: Sie liegt bei 0,30% der Kinder, deren Mütter bereits zum Zeitpunkt der Konzeption das Arzneimittel einnahmen. Für Dolutegravir spricht, dass es im Vergleich zu Alternativen besser verträglich sowie einfacher einzunehmen ist und sich seltener eine Resistenz entwickelt.
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