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Neuregelungen zu Lieferengpässen
BMG verteidigt Exklusivverträge und Rabattvertragssystem
Mit dem Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz will die Bundesregierung Finanzierungsmechanismen innerhalb der GKV umstellen. Die Regierungsfraktionen und das BMG hängen aber auch einen für Apotheker wichtigen Teil zu Arzneimittel-Lieferengpässen an das Gesetz an. Kürzlich waren erste Vorschläge bekannt geworden, etwa zu Austauschmöglichkeiten für Apotheker. Nun wurden die Anträge modifiziert. Unter anderem soll das BfArM künftig Kontingentierungen anordnen können. Die Streichung der Exklusivverträge ist nach Informationen von DAZ.online allerdings vorerst aus dem Rennen.
Das GKV-FKG wurde bereits im Oktober vom Kabinett beschlossen und soll am heutigen Freitag erstmals im Bundesrat besprochen werden. Mitte Dezember steht dann die erste Lesung im Bundestag an, die Fachanhörung der betroffenen Verbände soll nur wenige Tage später am 18. Dezember im Bundestag stattfinden. Beschlossen werden könnte das GKV-FKG Mitte Februar. DAZ.online hatte bereits Mitte November exklusiv über mehrere Formulierungshilfe zu Änderungsanträgen berichtet, mit denen Union und SPD Maßnahmen zur Reduzierung und zum besseren Management der Lieferengpässe an das Vorhaben anbinden wollen. Nun liegen DAZ.online aktualisierte Formulierungshilfen vor.
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Klar ist aber: Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. Erst am gestrigen Donnerstag erklärte BMG-Arzneimittelchef Thomas Müller, dass bezüglich der Engpass-Regelungen noch viel passieren könne. Hier ein Überblick über den aktuellen Stand:
- Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll neue Kompetenzen im Management von Lieferengpässen bekommen. Zunächst soll die Behörde den Herstellern nach deren Antrag den Vertrieb des Arzneimittels aus dem Ausland gestatten können, wenn ein „versorgungsrelevanter“ Lieferengpass droht oder besteht. Befristet soll es so möglich sein, dass sowohl die Packungen als auch die Packungsbeilagen in einer Fremdsprache in den Vertrieb gehen. Dies gilt allerdings nur bei Arzneimitteln, die von Ärzten und Zahnärzten direkt am Patienten angewendet werden.
- Der Jour Fixe zu Lieferengpässen wird im Arzneimittelgesetz verankert: Beim BfArM soll ein neuer „Beirat“ eingerichtet werden, der die Versorgungslage mit Arzneimitteln kontinuierlich beobachtet und bewertet. Diesem Gremium sollen unter anderem die schon im Jour Fixe vertretenen Verbände und Organisationen der Ärzte, Apotheker, Großhändler und der Hersteller angehören. Im neuen Beirat sollen nun auch Kassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung integriert werden.
- Neu hinzugekommen ist nun die Regelung, dass die zuständigen Behörden eine Liste aller versorgungsrelevanten und versorgungskritischen Wirkstoffe im Internet veröffentlichen soll – nach der Anhörung des oben genannten Beirats.
- Das BfArM soll nach Anhörung des Beirats bei drohenden oder bestehenden Engpässen auch „geeignete Maßnahmen zu dessen Abwendung oder Abmilderung“ ergreifen dürfen. Insbesondere soll es anordnen können, dass Pharmaunternehmen und Großhändler solche Maßnahmen „zur Gewährleistung der angemessenen und kontinuierlichen Bereitstellung von Arzneimitteln“ ergreifen. Neu hinzugekommen ist, dass dies ausdrücklich auch „Maßnahmen zur Lagerhaltung und Kontingentierung“ einschließt.
- Für Großhändler und Hersteller soll es eine neue Pflicht geben, Daten zu den verfügbaren Beständen und der Absatzmenge von Arzneimitteln an das BfArM zu melden. Damit soll die Behörde einen besseren Überblick über Restbestände bekommen. Hier hat sich ein wichtiges Detail geändert: In der ersten Version der Anträge hieß es, dass die Hersteller und Großhändler nur „im Einzelfall“ die Daten liefern müssen. Die Datenlieferungen werden nun ausgeweitet. Der Einzelfall ist gestrichen. Hersteller und Großhändler müssen ihre Lagerbestände künftig melden, „sofern die Bundesoberbehörde dies, insbesondere auf Grundlage der Liste versorgungsrelevanter und versorgungskritischer Wirkstoffe, zur Abwendung oder Abmilderung eines drohenden oder bestehenden versorgungsrelevanten Lieferengpasses fordert.“
- Für die Apotheker ist eine Regelung zur Erweiterung der Austauschmöglichkeiten enthalten – sie wurde nicht mehr aktualisiert. „Nach Ablauf von 24 Stunden“ soll es für Apotheker möglich sein, ein anderes, wirkstoffgleiches, nicht rabattiertes und lieferbares Präparat abzugeben. Dieses darf allerdings den Preis des verordneten Arzneimittels nicht überschreiten. Und: Näheres zu dieser Regelung sollen Kassen und Apotheker im Rahmenvertrag festlegen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das derzeitige Verfahren zur Abgabe von Rabattarzneimitteln für die Apotheker belastend ist.
BMG: Exklusivverträge sichern den Kassenwettbewerb
Doch auch dies dürfte nicht der letzte Stand sein. Nach Informationen von DAZ.online stehen die Regierungsfraktionen und das BMG weiterhin in Kontakt diesbezüglich. Denn: Union und SPD hatten dem Ministerium sogenannte Prüfbitten an die Hand gegeben – ein Papier, in dem mehrere Neuregelungsvorschläge und -ideen enthalten sind. DAZ.online liegen die Kommentierungen des BMG zu diesen Vorschlägen vor. Und daraus geht hervor, dass das Ministerium zumindest derzeit eine verpflichtende Mehrfachvergabe ablehnt, diese „kann Lieferengpässe nicht verhindern“, heißt es dort.
Gegen die obligatorische Mehrfachvergabe sprechen aus Sicht des Ministeriums mehrere Punkte. Einerseits werden „pauschale, gesetzliche Vorgaben für Rabattverträge“ der Komplexität des Pharmamarktes nicht gerecht. Die vergaberechtlichen Instrumente zur Beschaffung von Arzneimitteln würden „unangemessen“ eingeschränkt. Und: Schon jetzt entscheide sich die Mehrzahl der Kassen für das Mehrpartnermodell. „Nach Pro Generika wurden 2018 bereits ca. 70 Prozent der Rabattverträge im Zwei- und Drei-Partnermodell vergeben“, heißt es weiter. Aus Sicht des BMG würde eine Streichung der Exklusivverträge auch „den Wettbewerb schwächen, voraussichtlich zu höheren Preisen führen und damit das Einsparpotential der Rabattverträge grundsätzlich in Frage stellen“. Dass Mehrfachvergaben grundsätzlich Engpässe vermeiden, bezweifelt das Ministerium. Schließlich gebe es schon bei der Wirkstoffherstellung in China und Indien häufig Monopole. Schon dort könnten die Engpässe ausgelöst werden, heißt es. Mit dieser Positionierung stellt sich das BMG gegen Forderungen aus beiden Regierungsfraktionen: Sowohl die Union als auch die SPD im Bundestag hatten die Streichung der Exklusivverträge in Positionspapieren gefordert.
Das BMG schlägt auch einen weiteren Vorschlag aus, den die Unionsfraktion ins Spiel gebracht hatte. Zur Erinnerung: In einem Positionspapier hatte die Union vorgeschlagen, dass Rabattverträge künftig nur noch kassenübergreifend und auf Landesebene ausgeschrieben werden sollen. Die Union wollte damit gegen die Vielzahl der Verträge vorgehen und insbesondere die Arbeit der Apotheker erleichtern. Doch das BMG will hier keine größeren Änderungen am Rabattvertragssystem vornehmen. Es gebe mehrere Gründe, die gegen eine „Zentralisierung des Systems“ durch eine einheitliche Vergabe sprechen. Unter anderem würde der Wettbewerb zwischen den Kassen geschwächt. So könnten „Krankenkassen-Kartelle“ auf der einen und „Herstellermonopole“ auf der anderen Seite entstehen. Kleinere und mittelständische Unternehmer würden somit benachteiligt. Außerdem zeige das Beispiel der Versorgung mit parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie, dass sich einheitliche Ausschreibungen nicht bewährt hätten, so das Ministerium.
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BMG eng an den Forderungen der AOK
Damit liegt das Ministerium von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sehr nah an den Forderungen des AOK-Systems. In der Vorbemerkung der Kommentierung wird auch eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) erwähnt. Das WIdO hatte kürzlich Zahlen vorgelegt, die belegen sollen, dass Exklusivverträge für mehr Stabilität und Anbietervielfalt im Generika-Markt sorgen. Das WIdO hatte die Engpass-Situation auch relativiert und erklärt, dass es meistens Alternativen gebe und dass es sich nicht um Versorgungs- sondern Lieferengpässe handle. Das BMG schreibt in seinem Papier:
In Deutschland besteht eine hohe Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln. Anfang September 2019 waren 99,3 Prozent der Arzneimittel, die zu Lasten der GKV verordnet wurden, lieferbar (WIdO). Und auch nicht jeder Lieferengpass ist gleich ein Versorgungsengpass. In der Regel stehen in der Versorgung gleichwertige Arzneimittel zur Verfügung. Rabattverträge sind Ausdruck des in § 12 Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verankerten Wirtschaftlichkeitsgebots und tragen wesentlich dazu bei, eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung zu gewährleisten und die Arzneimittelausgaben der GKV nachhaltig finanzierbar zu halten. Das Einsparvolumen durch Rabattverträge belief sich im Jahr 2018 auf ca. 4,5 Mrd. Euro“
9 Kommentare
inkompetetentes ministerium
von pille62 am 02.12.2019 um 10:37 Uhr
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Lieferengpass
von pille62 am 02.12.2019 um 10:18 Uhr
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24 Stunden Regelung
von Dr. Harald Paulsen am 29.11.2019 um 17:37 Uhr
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Ross und Reiter dieses Debakels sind Ulla Schmidt und Co.
von Heiko Barz am 29.11.2019 um 14:03 Uhr
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AW: Ross und Reiter dieses Debakels sind
von Heiko Barz am 29.11.2019 um 14:05 Uhr
Nullretax?
von T. La Roche am 29.11.2019 um 12:33 Uhr
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Lieferengpass
von Dr. Radman am 29.11.2019 um 11:03 Uhr
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AW: Lieferengpass
von Rita Längert am 29.11.2019 um 13:30 Uhr
Ministerium wie gewohnt inkompetent
von ratatosk am 29.11.2019 um 10:58 Uhr
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