Digitale Versorgung Gesetz

ABDA: TI-Anbindung der Apotheken erst Ende 2020

Berlin - 16.10.2019, 10:15 Uhr

Die Apotheker sollen sich nach dem Willen der Bundesregierung bis zum Herbst 2020 mit neuer Hardware (hier ein Beispiel der Compugroup) an die Telematikinfrastruktur anbinden. Die ABDA meint aber: Wir brauchen mehr Zeit. (Foto: Schelbert)

Die Apotheker sollen sich nach dem Willen der Bundesregierung bis zum Herbst 2020 mit neuer Hardware (hier ein Beispiel der Compugroup) an die Telematikinfrastruktur anbinden. Die ABDA meint aber: Wir brauchen mehr Zeit. (Foto: Schelbert)


Die ABDA bleibt dabei: Eine Anbindung aller Apotheken in Deutschland an die Telematikinfrastruktur, wie von der Bundesregierung geplant, ist erst Ende 2020 realistisch. Das geht aus einer Stellungnahme der Standesvertretung zum Digitale Versorgung Gesetz (DVG) vor, mit dem die Bundesregierung die Apotheker dazu verpflichten will, sich bis Ende September 2020 an die „Datenautobahn“ im Gesundheitswesen anzubinden. Erneut verweist die ABDA als Begründung auf die Software- und Hardware-Hersteller, deren Produkte teils noch nicht im Markt sind.

Am heutigen Mittwoch findet im Bundestag die Verbändeanhörung zum Digitale Versorgung Gesetz (DVG) statt. Wie üblich, haben die Abgeordneten des Gesundheitsausschusses dabei die Möglichkeit, die Vertreter aus den betroffenen Fachverbänden zu ihrer Meinung zum Gesetz zu befragen. Auch die ABDA ist einer der vom Gesetz betroffenen Verbände. Denn: Mit dem DVG will die Bundesregierung unter anderem dafür sorgen, dass sich die Apotheken bis zum 30. September 2020 an die Telematikinfrastruktur anbinden. Die sogenannte „TI“ ist gewissermaßen die Datenautobahn im Gesundheitswesen, die unter anderem die Leistungserbringer derzeit aufbauen, um künftig Informationen (wie beispielsweise E-Medikationspläne und E-Rezepte) sicher untereinander auszutauschen.

Bislang ist die Anbindung der Apotheker an die TI noch Zukunftsmusik. Denn die Pharmazeuten müssen dazu nicht nur ihre Apothekensoftware aktualisieren, sie brauchen auch einige neue Geräte, darunter etwa ein neuer E-Health-Konnektor, neue Kartenlesegeräte und verschiedene Zugangskarten. Diese Hardware muss allerdings erst noch flächendeckend verteilt werden im Apothekenmarkt. Teilweise ist sie noch nicht einmal im Angebot, sodass Apotheker sie kaufen könnten. Anschließend müssen auch noch Feldtests durchgeführt werden.

In ihrer Stellungnahme zum DVG erklärt die ABDA aus diesem Grund, dass eine Anbindung im Herbst 2020, wie von der Bundesregierung gewünscht, nur sehr schwer umsetzbar ist. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme der ABDA:


Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Leistungserbringer auf das Angebot entsprechender Soft- und Hardware der im IT-Bereich tätigen Unternehmen angewiesen sind, um die vom Gesetzgeber gestellten Vorgaben zu erfüllen. Auf den Zeitpunkt der Verfügbarkeit dieser Angebote haben die Leistungserbringer keinen Einfluss. Insbesondere vor dem Hintergrund fehlender eHealth-Konnektoren, deren Bereitstellung durch den ersten Anbieter derzeit frühestens im ersten Quartal 2020 erwartet wird, kann durch die Leistungserbringer nicht sichergestellt werden, dass bis zum 30. September 2020 Apotheken an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind. Wenn die Konnektoren im 1. Quartal 2020 bereitgestellt würden, müssten vor deren Zulassung noch die vorgesehenen Feldtests durchgeführt und danach eventuelle Nachbesserungen vorgenommen werden. Wenn dann weitere Anbieter aus der Industrie durch die gematik zugelassene eHealth-Konnektoren in ausreichender Zahl auf dem Markt anbieten, ist unter Berücksichtigung der Kapazitäten der Apothekensoftwarehäuser die technische Implementierung der Komponenten in Apotheken und deren Anbindung an die Telematikinfrastruktur frühestens zum 31. Dezember 2020 denkbar.“

ABDA-Stellungnahme zum BVG


Sorgen der ABDA sind berechtigt

Die Standesvertretung der Apotheker hatte schon während der Entwurfsphase des DVG einen Aufschub gefordert – und diesen dann auch erhalten. Denn ursprünglich war im DVG-Entwurf davon die Rede, dass sich die Apotheken flächendeckend bis Ende März 2020 anbinden sollen. Daraus ist nun September 2020 geworden, was der ABDA aber immer noch nicht reicht. Dass die ABDA erneut um Aufschub bittet, überrascht etwas. Denn während der DAZ.online-Themenwoche zum E-Rezept erklärte ABDA-IT-Chef Sören Friedrich, dass eine Anbindung bis Ende September 2020 unter großen Anstrengungen möglich sei. Friedrich erklärte: „Das hängt sehr von den Herstellern der Warenwirtschaftssysteme und der Konnektoren ab. Eigentlich hatten wir ja den 31. Dezember 2020 angepeilt. Wenn alle bei ihren Versprechungen bleiben, könnten wir den 30. September 2020 aber packen.“

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Erst die Hardware, dann die Software, dann der Feldtest

Falsch liegt die ABDA mit ihren Sorgen aber nicht. Denn erst seit Ende August ist ein erster Konnektor auf dem Markt, der den zwischen Kassen und Apothekern vereinbarten Voraussetzungen entspricht („E-Health-Konnektor“). Und erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass nun auch die sogenannten SMC-B-Karten in die Produktion gehen können. Diese benötigen die Apothekeninhaber, um ihre Apotheker über den Konnektor im TI-Netz zu registrieren. Die Karten sind seit Mitte September bestellbar, entweder bei der Bundesdruckerei selbst oder bei einem der Vertriebspartner, zum Beispiel dem Deutschen Apotheker Verlag. Noch weiter zurück scheint man bei der Vergabe der Heilberufsausweise zu sein, für die die Kammern zuständig sind. Diese Karten benötigt jeder einzelne Apotheker, um sich in der TI als Heilberufler zu identifizieren.

Doch selbst wenn die Apotheker die komplette nötige Hardware haben, ist an einen sofortigen Start längst nicht zu denken. ABDA-IT-Chef Friedrich erinnerte im DAZ.online-Interview daran, dass in Nordrhein-Westfalen zunächst noch ein Feldtest mit einigen Ärzten und Apothekern ansteht, bei dem das Versenden des E-Medikationsplanes getestet wird.

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Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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