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Bessere Risikoabschätzung und Therapie
Neue Klassifikation: Es gibt fünf Diabetes-Subtypen
Vor etwa einem Jahr haben skandinavische Wissenschaftler mit einem Modell für eine differenziertere Diabetesklassifikation für Furore gesorgt. Jetzt konnte die Einteilung auf der Basis bestimmter Biomarker und anderer Merkmale an einer deutschen Patientenpopulation verifiziert werden. Sie könnte den Weg für eine maßgeschneiderte Therapie der Zuckerkrankheit eröffnen.
Im letzten Jahr wurde die herkömmliche Klassifizierung von Diabetes mit Studien aus Skandinavien in eine neue Richtung gelenkt. Eine schwedisch-finnische Arbeitsgruppe hatte basierend auf der Untersuchung einer Kohorte von knapp 9.000 Patienten mit einer frisch diagnostizierten Zuckerkrankheit eine neue Einteilung des Diabetes vorgeschlagen. Hiermit sollte den Patienten eine möglichst individuelle Therapie angeboten werden. Außerdem soll dem spezifischen Komplikationsrisiko mit der Differenzierung besser Rechnung getragen werden können.
Sechs Variablen bestimmen den Subtyp
Anhand von sechs Variablen (Glutamatdecarboxylase-Antikörper/GADA, Alter bei Diagnose, BMI, HbA1c und der HOMA-2-Indizes (Homöostasemodellbewertung der Betazellfunktion und Insulinresistenz)) hatten sie die Patienten in fünf Gruppen eingeteilt. Diese unterschieden sich in ihren charakteristischen Merkmalen, aber auch im Komplikationsrisiko. Gruppe 1 umfasste Patienten mit einem schweren autoimmunen Diabetes (severe autoimmune diabetes/SAID), die durch einen frühen Krankheitsausbruch und weitere Merkmale, wie eine schlechte metabolische Kontrolle charakterisiert wurde. Gruppe 2 (schwerer Insulinmangel-Diabetes/SIDD) soll unter allen Gruppen das höchste Retinopathierisiko haben. Zudem soll Gruppe 2 wie Gruppe 3 durch Adipositas charakterisiert, aber nicht insulinresistent sein. Patienten in Gruppe 3 (schwerer insulinresistenter Diabetes/SIRD) sollen ein signifikant höheres Risiko für diabetische Nierenerkrankungen haben als Patienten in den Gruppen 4 (leichter, adipositasbedingter Diabetes/MOD) und 5 (leichter, altersbedingter Diabetes (MARD).
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Die Publikation der skandinavischen Arbeitsgruppe war damals als eine der wichtigsten auf dem Gebiet der Diabetologie im letzten Jahrzehnt bezeichnet worden. Nun wurden die Ergebnisse aus der schwedischen Diabetiker-Population in Deutschland verifiziert.
Deutsche Diabetiker neu eingeteilt
In der aktuellen Ausgabe von The Lancet Diabetes & Endocrinology stellen Forscher des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) zusammen mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und der Universität Lund eine Cluster-Analyse vor, mit der die Phänotypisierung in Subtypen ebenfalls möglich war.
Die hierfür genutzten Daten stammen aus der prospektiven multizentrischen deutschen Diabetes-Studie (GDS), die Menschen mit neu diagnostiziertem Diabetes und Kontrollpersonen mit einem gesunden Zuckerstoffwechsel seit mehr als zehn Jahren begleitet. Im Rahmen der Studie sollen frühzeitig Marker für unterschiedliche Verlaufsformen des Diabetes identifiziert werden, um mit deren Hilfe neue Konzepte für die Therapie und Vorsorge von Folgeerkrankungen zu entwickeln.
Fünf Subtypen und ihre Häufigkeiten
Für die aktuelle Analyse mit einem Follow-up nach fünf Jahren untersuchten die DDZ/DZD-Wissenschaftler 1.105 Teilnehmer der Studie mit einem neu diagnostizierten Typ 1- oder Typ 2-Diabetes wie in der skandinavischen Untersuchung anhand der oben genannten prädiktiven Marker und Merkmale. Basierend auf dem Cluster-Algorithmus kamen sie bei der Baseline-Erhebung auf folgende fünf Subtypen, die sich durch unterschiedliche Risiken für Folgeerkrankungen auszeichnen (Prozentangabe für den Anteil an der gesamten untersuchten Population):
- milder altersbedingter Diabetes (MARD, 35 Prozent)
- milder adipositasbedingter Diabetes (MOD, 29 Prozent)
- schwerer autoimmuner Diabetes (SAID, 22 Prozent)
- schwerer insulinresistenter Diabetes (SIRD, 11 Prozent)
- schwerer insulindefizitärer Diabetes (SIDD, 3 Prozent)
Während die Häufigkeitsverteilungen in den Gruppen MARD, MOD und SIRD in Deutschland und Schweden bei grober Betrachtung etwa im selben Bereich lagen, zeigten sich beim SAID und SIDD (6,7 Prozent beziehuhngsweise 17,5 Prozent der schwedischen Studienkohorte) relativ starke Abweichungen zu der Verteilung in Deutschland.
Unterschiedliche Risiken für Folgeerkrankungen
Außerdem fanden die deutschen Forscher heraus, dass das Risiko, bestimmte diabetesbedingte Komplikationen zu entwickeln, für die Subtypen bereits in den ersten fünf Jahren nach der Diagnose bestand. Nach den Ergebnissen sollen besonders zwei Subtypen ein hohes Risiko für Komplikationen besitzen. So soll das höchste Risiko, eine nichtalkoholische Fettleber zu entwickeln, in dem Cluster des „schweren insulinresistenten Diabetes" (SIRD) vorliegen und das höchste Risiko für eine diabetische Neuropathie bei dem Cluster „schwerer insulindefizitärer Diabetes" (SIDD).
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„Die neuen Subtypen werden dazu beitragen, präzise Präventions- und maßgeschneiderte Behandlungsstrategien für die jeweiligen Hochrisikogruppen zu entwickeln", hofft Michael Roden, Studienleiter der GDS, Vorstand am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) und Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Roden ist überzeugt davon, dass damit ein wichtiger Schritt in Richtung Präzisionsmedizin bei Diabetes und seinen Begleiterkrankungen gemacht wurde. Folgeerkrankungen könnten damit verzögert oder sogar vermieden werden.
1 Kommentar
Klingt so harmlos? Diabetes leicht oder mild
von Dr. Dietmar Roth, Rottenburg am 14.08.2019 um 19:41 Uhr
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