KVen zum Neuen Rahmenvertrag

So sollen Ärzte auf „vermehrte Rückfragen aus der Apotheke“ reagieren

Stuttgart - 02.08.2019, 17:45 Uhr

Rücksprache mit dem Arzt? Oft gar nicht so leicht, schließlich muss man an der Helferin vorbei. (s / Foto: Christoph Hähnel /stock.adobe.com)                                         

Rücksprache mit dem Arzt? Oft gar nicht so leicht, schließlich muss man an der Helferin vorbei. (s / Foto: Christoph Hähnel /stock.adobe.com)                                         


Immer nur das billigste verordnen, Ärger über Rückfragen aus der Apotheke – das sind Indizien, die darauf hindeuten, dass die Ärzteschaft zumeist nicht über den neuen Rahmenvertrag Bescheid wusste. Einige der Kassenärztlichen Vereinigungen haben nun nachgelegt und ihre Mitglieder mehr oder weniger umfassend aufgeklärt.

Apotheker sind derzeit genervt: Vieles ist nicht lieferbar – und wenn der Rabattartikel sowie alle günstigen Präparate, die unter den Preisanker fallen, fehlen, ist die Rücksprache mit dem Arzt unerlässlich. Denn schließlich darf das abgegebene Mittel nicht teurer sein als das verordnete. Dass es vielleicht nichts anderes gibt, ist dabei unerheblich. Und je günstiger das verschriebene Mittel, desto kleiner wird die Auswahl. Die Ärzte haben leider nicht immer Verständnis für die Anrufe aus der Apotheke – vermutlich auch, weil sie die Hintergründe nicht kennen.

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Sachsen: Wirkstoffverordnung beste Möglichkeit, Rückfragen zu vermeiden

Einige der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) haben nun versucht, ihre Mitglieder aufzuklären, warum es so viele Rückfragen gibt. So schreibt zum Beispiel die KV Sachsen auf ihrer Homepage, dass mit Inkrafttreten des neuen Rahmenvertrags Apotheken manche Unklarheiten, die bislang per persönlicher Gegenzeichnung des Arztes behoben wurden, künftig telefonisch klären können. Weiter heißt es, der Arzt, der ein Arzneimittel verordnet, könne sicher sein, dass in der Apotheke kein Arzneimittel abgegeben werde, das teurer ist, als das verordnete. Vorrangig sei jedoch die Abgabe eines Rabattarzneimittels. Wenn allerdings kein preiswerteres Produkt verfügbar sei, müsse die Apotheke telefonisch darüber informieren. Die beste Möglichkeit, Rückfragen zu vermeiden, sei die Wirkstoffverordnung, die beispielsweise im Modellvorhaben ­ARMIN möglich ist.

BaWü: So reagieren Sie bei Nachfragen zum Rezept

Die KV in Baden-Württemberg überschreibt ihre Info mit „So reagieren Sie bei Nachfragen zum Rezept“. Es wird erklärt, dass es durch die neuen Regelungen, unter anderem den Preisanker („den durch die Verordnung definierten Maximalpreis“), derzeit vermehrt zu Anrufen von Apotheken in den Praxen komme. Dann wird ausführlich die Abgaberangfolge erklärt und dass sich durch den gesetzten Preisanker die Auswahlmöglichkeit für die Apotheke reduzieren kann. Wörtlich heißt es: „Wird das günstigste Arzneimittel verordnet, kann nur dieses oder ein Arzneimittel mit dem gleichen Preis abgegeben werden. Ist dieses nicht lieferfähig, muss die Apotheke mit der Praxis Rücksprache halten und diese dokumentieren.“ Auch hier folgt der Hinweis auf die Wirkstoffverordnung: „Bei einer Wirkstoffverordnung gibt es keinen Preisanker. Es kommen nur die vier preisgünstigsten Arzneimittel infrage.“

Bayern und Rheinland-Pfalz informieren über Rücksprachegesuche

Den Tipp mit der Wirkstoffverordnung gibt es in Bayern ebenfalls. Und auch hier wird den Ärzten erklärt, dass wenn aufgrund von Lieferschwierigkeiten der Preisanker überschritten wird, die Apotheke Rücksprache halten und das Ergebnis auf dem Rezept dokumentieren muss.

In Rheinland-Pfalz ist man eher sparsam. Dort heißt es: „Der neue Rahmenvertrag verursacht vermehrt Anfragen der Apotheken an die Praxen. Hintergrund sind die Abgabemodalitäten bei teureren Arzneimitteln aufgrund von Nichtlieferbarkeit. Das Apothekenpersonal vermerkt die Rücksprache mit der Arztpraxis auf dem Rezept. Aus den genannten Preisgründen ist das Ergebnis der Absprache ebenfalls in der Patientenakte sinnvoll.“ Weitere Erklärungen zum Thema gibt es nicht. Allerdings weist die KV dort ihre Mitglieder noch darauf hin, dass bei Verordnungen von mehreren kleinen Packungen in einer Zeile diese auch entsprechend beliefert werden. Dies könne bedeuten, dass höhere Verordnungskosten entstehen. Zusätzlich falle die Zuzahlung für den Patienten höher aus. 

Hamburg klärt am umfassendsten auf

Die KV Hamburg hingegen spricht sich ganz klar für die Wirkstoffverordnung aus. Zuerst wird aber ausführlich das Preisankerproblem erklärt und die Erfordernis der Rücksprache bei dessen Überschreitung. Die zahlreichen Anrufe aus Arztpraxen zu dieser Frage ließen darauf schließen, dass es unerwartet häufig vorkomme, dass Apotheken Rezepte mit namentlichen Verordnungen nicht beliefern können, ohne den „Preisanker“ zu überschreiten. Entsprechend häuften sich auch die Rückfragen in der Praxis, da die Apotheken sonst eine Retaxation riskieren würden, heißt es. Und dann folgt der wichtige Hinweis: „Für den Arzt hingegen erhöht sich die Regressgefahr nicht: Die Apotheke muss auch bei Überschreitung des Preisankers immer das günstigste Arzneimittel aus den zur Verfügung stehenden wählen und im Rahmen der Hamburger Wirkstoffvereinbarung trägt nahezu jedes Generikum (unabhängig vom Preis) zur Erreichung der Wirtschaftlichkeitsziele bei. Dennoch führt diese bürokratisch notwendige Mehrarbeit leider vielfach zu Unverständnis.“

Die KV Hamburg empfiehlt deswegen, soweit möglich und sinnvoll, eine reine Wirkstoffverordnung ohne Produktnamen vorzunehmen, da es bei Wirkstoffverordnungen keinen Preisanker gibt. Und sie appelliert an ihre Mitglieder: „Bitte achten Sie dabei auch auf vollständige und eindeutige Angaben zum Wirkstoff, zur Darreichungsform und zur Packungsgröße.“

Weiter wird dazu geraten, mit den Apotheken im engeren Umkreis bereits im Vorfeld ein gemeinsames Vorgehen in bestimmten Situationen abzustimmen. Diese Maßnahmen in Verbindung mit etwas Verständnis trügen dazu bei, den Aufwand beim Ausstellen und der Belieferung von Arzneimittelrezepten für alle Beteiligten zu reduzieren. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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4 Kommentare

ineffektiver Schwachsinn

von Uwe am 04.08.2019 um 14:29 Uhr

Politiker müssten längst wissen, dass Ärzte und Äpotheker längst am Limit arbeiten, und dass Telefonate um Centbeträge völlig unwirtschaftlich sind. Warum also dieser Irrsinn?

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Rabatt-Buerokratie auch wieder Killer der Grundversorger

von Haiko Reuter am 03.08.2019 um 9:07 Uhr

Die Namensänderung auf Rezept ist mit der Praxissoftware irre zeitraubend und irritierend für Patienten. Kann doch der Apotheker übernehmen.

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Politiker wollen es so, Apotheker und Arzt in Geiselhaft

von Alfons Neumann am 03.08.2019 um 1:31 Uhr

also erstmal pragmatisch mit Doctores versuchen zu regulieren (-> klappt vor Ort sogar manchmal): Wenn KraKa-Rabattkrams nicht lieferbar, dann Generalvollmacht zur Abgabe oberhalb Preisanker ok - da muß erstmal auch eine (Pseudo-Arzt-)Helferin mal den Chef fragen ...
Aber wenn Ärztin/Arzt generell mauert/nicht spurt... gut, dann kommt sie/er auf schwarze Liste von wegen besonders pinselig, Patient/in muß dann eben leider zur Rezeptänderung zurück in Praxis, weil Doc es so will, wir haben versucht, das Problem zu lösen, aber Doc will es ja nicht ...
Wäre schön, wenn Apotheker/Arzt-Zusammenarbeit doch mal ohne Standesdünkel so einfach funktionieren würde !

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Ärzte

von Conny am 02.08.2019 um 18:16 Uhr

Hätte alles nicht sein müssen , wenn keine -Deppen darf ich nicht schreiben- unglückliche agierende Menschen verhandelt hätten

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