DocMorris' Schadenersatz-Schlappe

AKNR-Anwälte: „Das EU-Recht steht einem Rx-Boni-Verbot nicht entgegen“

Berlin - 18.07.2019, 17:50 Uhr

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zur DocMorris-Schadenersatzklage sollte aufhorchen lassen, meinen die Anwälte der beklagten Apothekerkammer Nordrhein. (Foto: imago images / Felix Jason)

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zur DocMorris-Schadenersatzklage sollte aufhorchen lassen, meinen die Anwälte der beklagten Apothekerkammer Nordrhein. (Foto: imago images / Felix Jason)


Das Landgericht Düsseldorf hat am gestrigen Mittwoch die millionenschwere Schadenersatzklage der niederländischen Versandapotheke DocMorris gegen die Apothekerkammer Nordrhein abgewiesen. Aus Sicht der Rechtsannwälte der AKNR, Dr. Morton Douglas und Dr. Anne Bongers-Gehlert, geht die Bedeutung der Entscheidung aber über den konkreten Rechtsstreit hinaus: Auch der Gesetzgeber sollte die Wertungen des Gerichts berücksichtigen und sich nicht von EU-Versendern in die Irre führen lassen.

Es war ein guter Tag für die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR): Man hatte am gestrigen Mittwoch noch nicht unbedingt mit einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf gerechnet. Doch es fiel – und zwar zugunsten der Kammer. Knapp 14 Millionen Euro zuzüglich Zinsen seit Oktober 2015 wollte DocMorris von der Körperschaft einfordern. Als Ersatz für den Schaden, der ihr durch den Vollzug diverser Rechtstitel entstanden sei, die die AKNR gegen den niederländischen Versender zwischen 2012 und 2016 erwirkt hatte. Stets ging es dabei um verschiedene Formen der Bonus-Gewährung. Mal wurde mit einem Bonus bis zu 15 Euro für einen „Arzneimittelcheck“ geworben, später wurden dafür sogar 20 Euro versprochen (Rezepteinreichung vorausgesetzt!), mal ging es um eine ADAC-Mitgliedschaft oder einen Hotelgutschein.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 meinte DocMorris, nun stehe fest, dass die Werbemaßnahmen zulässig gewesen und die Verbotsverfügungen daher zu Unrecht ergangen seien. Das sah das Landgericht anders. Dabei differenziert es in seinem Urteil auch zwischen den verschiedenen angeführten Verfügungen. So gibt es welche, die auch in der Hauptsache rechtskräftig entschieden wurden – sogar der Versuch einer Verfassungsbeschwerde von DocMorris scheiterte. An solche Entscheidungen sei auch das Gericht gebunden, das über einen Schadenersatzanspruch entscheide.

Dort, wo es nicht zu Hauptsache-Urteilen kam, ergebe sich die Berechtigung der Verfügung daraus, dass DocMorris mit seiner Werbung gegen das Zuwendungsverbot des § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßen habe. Im Urteil wird ausführlich dargelegt, warum das Heilmittelwerberecht hier zur Anwendung kommen kann und seine Auslegung auch nicht durch das EuGH-Urteil beeinflusst wird. Denn das Arzneimittelpreisrecht und das Heilmittelwerberecht haben unterschiedliche Schutzzwecke. Bei Ersterem geht es um die Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung, bei Letzterem um den Gesundheitsschutz: Patienten dürfen nicht durch das Inaussichtstellen von Vorteilen unsachlich beeinflusst werden.

Der EuGH selbst hatte den niederländischen Versandapotheken attestiert, nicht in gleichem Maße pharmazeutische Beratung anbieten zu können wie dies deutsche Marktteilnehmer könnten. Hieraus folgerte nun das Landgericht: Verbraucher müssen vor einer unsachlichen Beeinflussung geschützt werden, wenn sie durch das Inaussichtstellen geldwerter Vorteile davon abgehalten werden, die qualitativ hochwertigere Beratung in den deutschen Präsenzapotheken in Anspruch zu nehmen. Wer etwa mit 20 Euro für die Rezepteinlösung wirbt, kann sich nicht mehr darauf berufen, es handele sich um eine „geringwertige Kleinigkeit“, die nach dem Heilmittelwerbegesetz noch zulässig sein würde.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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Antritt zum Rückspiel in Luxemburg

4 Kommentare

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von Anita Peter am 19.07.2019 um 7:57 Uhr

Warum holt man sich sich im BMG nicht das Fachwissen eines Herrn Morton oder einer Frau Bongers-Gehlert ins Haus? Die kosten bestimmt den Bruchteil der Beraterverträge von Frau von der Leyen.

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Wahrung nationaler Kompetenzen anstelle von EuGH- Firlefanz ...

von Christian Timme am 19.07.2019 um 2:53 Uhr

AKNR-Anwälte liefern neben „Nägel mit Köpfen“ unbequeme Denkanstöße für die deutsche Gesundheitspolitik ... in Berlin ...

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HWG Paragraf 7

von Hermann Eiken am 18.07.2019 um 23:40 Uhr

Der Heilmittelwerbegesetz-Paragraph 7 kann den aggressiv werbenden Holländischen Versendern noch zum größeren Verhängnis werden als Spahns Gesetz. Der Aktienkurs von zur Rose ist heute schon um 5% eingebrochen. Weiter so AKNR. Nicht klein beigeben! Diese von niemand überwachten Möchtegernapotheken müsste man doch in die Schranken verweisen können. Alle !! müssen sauber arbeiten, Wo bleibt da die Kontrolle? Jeder Apotheke in Deutschland würde sofort geschlossen! Aber holländische „ Grensganger“, die nirgendwo dazugehörig sind, dürfen unkontrolliert weiterwursteln ohne strenge Aufsicht!!

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Boni Verbot

von Michael Zeimke am 18.07.2019 um 18:55 Uhr

Ein Gesundheitsminister der sich dem Verdacht der Korruption nähert ist untragbar und hat den ABDA Präse und die gesamte ABDA vorgeführt.
Reimporte wurden ebenso nicht gestrichen weil AKK und der
Wirtschaftsminister aus dem Saarland kommt.
Wer leichtfertig Rx Versandverbot aufgibt hasst die Apotheker
Rücktritt !


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