DocMorris' Schadenersatz-Schlappe

AKNR-Anwälte: „Das EU-Recht steht einem Rx-Boni-Verbot nicht entgegen“

Berlin - 18.07.2019, 17:50 Uhr

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zur DocMorris-Schadenersatzklage sollte aufhorchen lassen, meinen die Anwälte der beklagten Apothekerkammer Nordrhein. (Foto: imago images / Felix Jason)

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zur DocMorris-Schadenersatzklage sollte aufhorchen lassen, meinen die Anwälte der beklagten Apothekerkammer Nordrhein. (Foto: imago images / Felix Jason)


Irreführende Parolen niederländischer Versandapotheken 

Die Freiburger Rechtsanwälte Dr. Morton Douglas und Dr. Anne Bongers-Gehlert, die das Verfahren für die AKNR geführt haben, sind zufrieden: „Wir freuen uns, dass das Landgericht Düsseldorf unserer Auffassung vollumfänglich gefolgt ist. Insoweit wurde grundsätzlich festgestellt, dass in Verfahren, die durch ein rechtskräftiges Hauptsache-Urteil abgeschlossen wurden, keine Schadenersatzansprüche bestehen. Es wäre aus unserer Sicht auch nicht nachvollziehbar gewesen, wenn Verfahren, deren Ausgang sowohl vom BGH als auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurden, keine Rechtssicherheit entfalten würden“. Auch habe das Gericht mit deutlicher Klarheit hervorgehoben, dass die Gewährung von Boni unabhängig von der Entscheidung des EuGH rechtswidrig ist.

Aus Sicht der Anwälte geht die Bedeutung der Entscheidung aber über den konkreten Rechtsstreit hinaus: Die Wertungen des Gerichts, dass die Entscheidung des Verbrauchers, wo er sich die ihm verschriebenen Arzneimittel beschafft, nicht durch wirtschaftliche Vorteile unsachlich beeinflusst werden darf und ein Verbot von Wertreklame auch unter Berücksichtigung des europäischen Rechts zulässig ist, sollten auch der Gesetzgeber bei den nun abschließenden Verhandlungen über das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken berücksichtigen. Douglas betont: „Das europäische Recht steht weder einem Rx-Versandverbot noch einem Boni-Verbot entgegen – denn dies sind Entscheidungen, die von den Nationalstaaten zu treffen sind. Es ist nun an der Zeit, dass deutsche Gesundheitspolitiker energisch dafür eintreten, dass diese nationalen Kompetenzen gewahrt werden, anstatt sich von den Parolen der niederländischen Versandapotheken hinsichtlich der vermeintlichen Unvereinbarkeit solcher Regeln mit dem Europäischen Recht in die Irre führen zu lassen“.

Rechtsexpertin Sabine Wesser: Zurück zum Naturzustand?

Dass die Betreiber ausländischer Versandapotheken seit Jahren gegen das Heilmittelwerberecht verstoßen, stellt im Übrigen auch die Kölner Apothekenrechtsexpertin Dr. Sabine Wesser in einem Aufsatz in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Arzneimittel & Recht“ heraus. Die Juristin legt ebenfalls schlüssig dar, dass dieses Recht anwendbar und das Zuwendungsverbot in § 7 HWG europarechtskonform ist. Die Norm sehe zwar nur für deutsche Apotheken eine Verschärfung durch das Arzneimittelpreisrecht vor, das bedeute aber nicht, dass das Heilmittelwerberecht keine Anwendung auf EU-Versender finde. Ihre diversen Boni-Angebote seien auch ohne die Preisbindung nicht mit § 7 HWG zu vereinbaren. Sie stellen nämlich weder eine geringwertige und damit zulässige Zuwendung dar – dafür dürften sie die Grenze von einem Euro nicht überschreiten – (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG), noch handele es sich um nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a HWG zulässige Barrabatte.

Für Wesser ist es unverständlich, dass die EU-Versender dennoch nicht belangt werden – ihnen gegenüber scheine für die Durchsetzung des für Arzneimittel geltenden Werberechts niemand verantworlich zu sein. „Kann es daran liegen, dass die ausländischen Versandapotheken von bundesweit, zum Teil sogar europaweit agierenden Kapitalgesellschaften getrieben werden, die mit großem Kapitaleinsatz den deutschen Makt zu erobern suchen?“, fragt sie in der A&R. Befinde man sich auf dem Weg zurück zum Naturzustand, in dem der Stärkere sich nimmt, was dem Schwächeren versagt bleibt? Diese Fragen bleiben derzeit noch offen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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Antritt zum Rückspiel in Luxemburg

4 Kommentare

?

von Anita Peter am 19.07.2019 um 7:57 Uhr

Warum holt man sich sich im BMG nicht das Fachwissen eines Herrn Morton oder einer Frau Bongers-Gehlert ins Haus? Die kosten bestimmt den Bruchteil der Beraterverträge von Frau von der Leyen.

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Wahrung nationaler Kompetenzen anstelle von EuGH- Firlefanz ...

von Christian Timme am 19.07.2019 um 2:53 Uhr

AKNR-Anwälte liefern neben „Nägel mit Köpfen“ unbequeme Denkanstöße für die deutsche Gesundheitspolitik ... in Berlin ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

HWG Paragraf 7

von Hermann Eiken am 18.07.2019 um 23:40 Uhr

Der Heilmittelwerbegesetz-Paragraph 7 kann den aggressiv werbenden Holländischen Versendern noch zum größeren Verhängnis werden als Spahns Gesetz. Der Aktienkurs von zur Rose ist heute schon um 5% eingebrochen. Weiter so AKNR. Nicht klein beigeben! Diese von niemand überwachten Möchtegernapotheken müsste man doch in die Schranken verweisen können. Alle !! müssen sauber arbeiten, Wo bleibt da die Kontrolle? Jeder Apotheke in Deutschland würde sofort geschlossen! Aber holländische „ Grensganger“, die nirgendwo dazugehörig sind, dürfen unkontrolliert weiterwursteln ohne strenge Aufsicht!!

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Boni Verbot

von Michael Zeimke am 18.07.2019 um 18:55 Uhr

Ein Gesundheitsminister der sich dem Verdacht der Korruption nähert ist untragbar und hat den ABDA Präse und die gesamte ABDA vorgeführt.
Reimporte wurden ebenso nicht gestrichen weil AKK und der
Wirtschaftsminister aus dem Saarland kommt.
Wer leichtfertig Rx Versandverbot aufgibt hasst die Apotheker
Rücktritt !


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