Telematikinfrastruktur

BMG: 60.000 Arztpraxen drohen Regresse wegen TI-Verspätung

Berlin - 02.07.2019, 07:00 Uhr

Laut BMG ist etwa ein Drittel aller 180.000 Arztpraxen noch nicht an die Telematikinfrastruktur angebunden. Nun drohen Regresse. (b / Foto: imago images / Joachen Tack)

Laut BMG ist etwa ein Drittel aller 180.000 Arztpraxen noch nicht an die Telematikinfrastruktur angebunden. Nun drohen Regresse. (b / Foto: imago images / Joachen Tack)


Was passiert, wenn man sich nicht rechtzeitig an die Telematikinfrastruktur anbindet, können sich die Apotheker derzeit bei den Ärzten anschauen: Denn am gestrigen 1. Juli endete für die niedergelassenen Mediziner die Frist zur Anbindung an die „Datenautobahn“ des Gesundheitswesens – laut Bundesgesundheitsministerium sind etwa 60.000 Praxen noch nicht angeschlossen. Ihnen drohen nun Regresse von bis zu 300 Euro.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist in vollem Gange. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat noch einmal Tempo gemacht und so verläuft der Aufbau der sogenannten Telematikinfrastruktur derzeit schneller als in den Jahren zuvor. Konkret wird die „TI“ dafür benötigt, dass alle Leistungserbringer sich untereinander vernetzen können, um so auf sicherem Wege beispielsweise E-Rezepte oder E-Medikationspläne auszutauschen.  

Die niedergelassenen Ärzte mussten bis zum 1. Juli dieses Jahres an die TI angeschlossen sein. So wie die Apotheker mussten sie in ihren Praxen dafür neue Geräte installieren (beispielsweise Konnektoren und Kartenlesegeräte) und ihre Praxissoftware erneuern. Mit den Krankenkassen hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) dazu einen Vertrag geschlossen, um die Neuanschaffungen zu refinanzieren.  

Doch nicht alle Mediziner haben es geschafft, sich rechtzeitig anzubinden. Angeschlossen seien inzwischen rund 100.000 Praxen, erklärte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) am Montag auf Anfrage gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Weitere 20.000 Praxen hätten die Bestellung für die nötigen Spezialgeräte ausgelöst. Daher werde damit gerechnet, dass in Kürze zwei Drittel der knapp 180.000 Praxen von Ärzten und Zahnärzten angeschlossen seien. Auf den Rest kämen nun Honorarkürzungen zu.

Konkret geht es nun um eine Kürzung um ein Prozent. Das entspreche im Schnitt etwa 200 Euro im Monat, hieß es vom Ministerium. Dies orientiert sich daran, dass Ärzte und Psychotherapeuten im ersten Quartal 2018 im Schnitt rund 65.000 Euro für die Behandlung von Kassenpatienten bekommen haben. Bei Fachärzten mit insgesamt etwas höheren Honoraren dürfte die Kürzung im Schnitt nun bei knapp 300 Euro im Monat liegen. Praxen, die sich weiterhin nicht anschließen lassen, sollen ab März 2020 sogar 2,5 Prozent Honorarkürzung drohen.

Wie sieht es bei den Apothekern aus?

Auch den Apothekern soll eine neue Frist zur TI-Anbindung gesetzt werden: Mit dem Digitale Versorgungsgesetz (DVG), für das das BMG kürzlich den ersten Entwurf vorgelegt hat, will Minister Spahn die Apotheker bis Ende März 2020 anbinden. Ob diese Frist realistisch ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt: Die ersten Versuche mit der Technik müssen noch durchgeführt werden und die Apotheken sind noch nicht mit Geräten ausgestattet. Auch deswegen hatte sich die ABDA beim BMG eine Verlängerung der Frist um weitere neun Monate erbeten.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Bei den Apotheken

von Christiane Pflug am 02.07.2019 um 11:18 Uhr

werden es dann auf jeden Fall 2,5% vom Bruttoumsatz (nicht vom Honorar) und zwar vorauseilend schon ab Mai 2020, weil das dann zeitgleich mit den Ärzten ist, das spart Zeit und mit uns kann man es ja machen - oder sieht jemand das anders?

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AW: Bei den Apotheken

von Heiko Barz am 02.07.2019 um 12:09 Uhr

NEIN!
Bisher wurden mWn noch keine finanziellen Bestrafungsformeln für infrastrukturunwillige Apotheken ausgelobt. Wenn, dann mit Sicherheit wesentlich höhere Geldbestrafung als bei der Ärzteschaft.
Liebe Kollegin, sie haben Recht mit Ihrer Feststellung:
Mit uns könne man ja in dieser Weise immer so verfahren.

mir stellt sich die Frage

von Karl Friedrich Müller am 02.07.2019 um 8:23 Uhr

ob so ein Regress oder Strafe überhaupt RECHT wäre?
Ich bin natürlich kein Jurist.
Mir kommt das so daneben vor....
Warum BER nicht fertig? Stuttgart 21? es gibt viele Beispiele, wo es dem staat egal zu sein scheint, obwohl viel mehr dran hängt.
Und hier tobt sich Spahn aus? Warum wird das nicht hinterfragt?

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