Rx-Preisbindung im AMG

Meyer: Kippt die Gleichpreisigkeit, kippen viele andere Preisregeln

Neuss - 13.06.2019, 09:00 Uhr

Prof. Hilko Meyer (hier vergangene Woche beim Apothekerverband in Nordrhein) weist immer wieder darauf hin, welche Folgen die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG hätte. (c / Foto: Müller/AV Nordrhein)

Prof. Hilko Meyer (hier vergangene Woche beim Apothekerverband in Nordrhein) weist immer wieder darauf hin, welche Folgen die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG hätte. (c / Foto: Müller/AV Nordrhein)


Bei der Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein am gestrigen Mittwoch richtete auch der Apothekenrechtsexperte Prof. Hilko Meyer einige mahnende Worte an die Apotheker. Aus seiner Sicht enthält die geplante Apothekenreform mehrere juristische Fehler. Außerdem warnte er erneut vor einer Streichung der Rx-Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz. Dann könnten nämlich zahlreiche andere Regelungen im Arzneimittelpreissystem ins Wanken geraten.

Prof. Dr. Hilko Meyer hatte erst kürzlich gemeinsam mit Dr. Elmar Mand ein Gutachten erstellt, in dem die beiden Juristen vor einer Streichung des AMG-Satzes zur Rx-Preisbindung für EU-Versender (§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG) warnen. Am gestrigen Mittwoch erneuerte Meyer vor den Kammerdelegierten in Nordrhein seine Kritik am Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur Apothekenreform. Der Ausschluss der PKV-Versicherten von der Rx-Preisbindung sei inkohärent, so Meyer. Die Rechtfertigungsgründe würden im Entwurf außerdem nicht detailliert genug dargelegt.

Dazu berichtete er von der Verbändeanhörung zum Apotheken-Stärkungsgesetz im Bundesgesundheitsministerium. Dort habe der EAMSP-Chef und DocMorris-Vorstand Max Müller wegen des geplanten Vorhabens mit einer Staatshaftungsklage gegen die Bundesrepublik gedroht, so Meyer.

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Das gesamte Arzneimittelpreisrecht wankt

Rahmenverträge, das Preismoratorium, der Herstellerrabatt und noch mehr wäre betroffen

Eindrucksvoll war aber vor allem Meyers neuerlicher Hinweis darauf, welche anderen Regelungen im Sozial- und Arzneimittelrecht ins Wanken kommen könnten, wenn die Rx-Preisbindung beeinträchtigt wird. Bereits vergangene Woche hatte er dies beim Verband in Nordrhein angesprochen. Meyer nannte die Preisbildung neuer Arzneimittel im AMNOG-Verfahren, die Rahmenverträge, das Preismoratorium, den Herstellerrabatt und andere wichtige Regelungen, die alle irgendwie mit dem festen Arzneimittelpreis verknüpft sind. Im folgenden Schaubild sehen Sie auf der rechten Seite, welche Preis-Regelungen kippen könnten, wenn es beispielsweise den im Arzneimittelgesetz festgehaltenen einheitlichen Apothekenverkaufspreis nicht mehr gibt:

Viele Regelungen im SGB V sind mit den einheitlichen Arzneimittelpreisen verknüpft. (Foto: bro)

Meyer: Das ist ein Skandal!

In diesem Zusammenhang kam er auch darauf zu sprechen, dass das Bundesgesundheitsministerium gegenüber dem Oberlandesgericht München weiterhin keine Stellungnahme zur Rx-Preisbindung abgibt. Zur Erklärung: Das Gericht hatte die Bundesregierung im Februar 2018 in einem laufenden Verfahren um Auskunft gebeten, ob die Regelungen der Arzneimittelpreis­verordnung geeignet, erforderlich und angemessen sind, um die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Das Ministerium ist dieser Aufforderung immer noch nicht nachgekommen.

Meyer dazu: „Das ist ein Skandal. Es ist ja auch keine Raketenwissenschaft. Die Zusammenhänge im Arzneimittel-Preissystem lassen sich sehr gut darstellen, die Bundesregierung könnte das gut machen.“ Den Apothekern redete er zudem ins Gewissen, das Apotheken-Stärkungsgesetz noch nicht verloren zu geben. Noch sei das Gesetzgebungsverfahren in vollem Gange. Einer seiner wichtigsten Kritikpunkte am Entwurf dreht sich um einen Satz in der Gesetzesbegründung. Darin stellt die Bundesregierung wörtlich klar, die Rechtsauffassung der Europäischen Kommission zur Rx-Preisbindung zu akzeptieren. Meyer empfahl den Apothekern, auf die Streichung dieser Formulierung hinzuwirken.

Dass die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der Festpreise für EU-Versender gerade jetzt intensiviere, bezeichnete Meyer als „Spiel über Bande“. Das sei „bewusst politisch motiviert“ von der Kommission. Schließlich halte sich Deutschland bereits an das EuGH-Urteil, die EU-Versender bieten derzeit Rx-Boni. Die Intensivierung des Verfahrens sei nicht nötig gewesen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Schlechtes Gesetz

von Dr. Radman am 13.06.2019 um 10:49 Uhr

… lieber gar kein Gesetz. Wir müssen auf einen vernünftigen und vor allem nicht Max Müller belasteten Gesundheitsminister warten.

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Gleichpreisigkeit

von Roland Mückschel am 13.06.2019 um 9:58 Uhr

Warum hört unsere Standesvertretung nicht
auf unsere Fachleute?
Warum ergibt sie sich diesen Rattenfängern?
Und dazu gehört nicht nur Spahn. Da sind
auch andere angesehene Politiker dabei
die im Zusammenspiel ein Konzert des
Grauens für uns Apotheker angestimmt haben.
Und vor lauter schiefen und grellen Tönen verlieren
wir die Orientierung.

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