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Kammerpräsident Lutz Engelen
„Ich fordere den Rücktritt der ABDA-Spitze“
Wieder einmal grummelt es an der Apothekerbasis: Viele Apotheker sind nicht nur mit dem geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz unzufrieden, sondern auch damit, wie sich die ABDA politisch verhält. Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen, dessen Amtszeit selbst bald endet, eröffnet nun die Personaldebatte: Er fordert den Rücktritt von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, seinem Vize Mathias Arnold sowie DAV-Chef Fritz Becker. Engelen wirft seinen Kollegen vor, sich gegen die Beschlusslage der ABDA-Mitgliederversammlung zu verhalten.
Für viele Apotheker war der gestrige Mittwoch aus politischer Sicht ernüchternd. Denn was das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz betrifft, droht den Apothekern eine Niederlage bei der Umsetzung ihrer wichtigsten Forderung: Die Arzneimittel-Experten von Union und SPD stellen den Erhalt des „alten“ Rx-Boni-Verbots für EU-Versender im Arzneimittelgesetz infrage. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will diesen Satz auch streichen, weil die EU-Kommission nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung Druck macht. Die Apotheker und namhafte Rechtsexperten meinen: Fällt dieser Satz, kippt die gesamte Rx-Preisbindung.
Die ABDA hat sich in ihrer Stellungnahme klar dazu geäußert: Das Gesetz kann seinem Namen nur gerecht werden, also die Apotheken stärken, wenn der AMG-Satz zur Rx-Preisbindung erhalten bleibt. Die ABDA-Mitgliederversammlung, das wichtigste Entscheidungsgremium der Apotheker, hat diese Stellungnahme beschlossen. Ebenso hat die ABDA-Mitgliederversammlung gewissermaßen einen Plan B beschlossen: Sollte die von der Bundesregierung verfolgte Regelung zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit nicht ausreichend dazu dienen, wieder einen fairen Wettbewerb zwischen Apotheken und EU-Versendern herzustellen, muss die ABDA wieder zum Rx-Versandverbot zurückkehren.
Engelen hat nur noch einige Wochen im Amt
Lutz Engelen, Kammerpräsident im Gebiet Nordrhein, sieht diesen Zeitpunkt nun gekommen. Engelen hat nur noch einige Wochen im Amt: Im Sommer endet seine Amtszeit, er will nicht wieder antreten. Mit DAZ.online sprach er über seine Forderungen:
DAZ.online: Herr Engelen, Sie sind sauer. Was ist los?
Engelen: Ja das bin ich, das Maß ist voll. Es wurden in den vergangenen Wochen einfach zu viele Fehler gemacht, jetzt brauchen wir dringend einen Wechsel an der ABDA-Spitze.
DAZ.online: Das ist eine drastische Forderung zu einem schwierigen Zeitpunkt. Ist es nicht besonders wichtig, dass die Standesvertretung der Apotheker der Politik gerade jetzt Geschlossenheit zeigt?
Engelen: Wenn im Fußball der Abstieg droht, wird konsequent der Trainer ausgewechselt. Eine Personaldiskussion kommt nie zur rechten Zeit. Wenn wir sie aber jetzt nicht führen, droht die Struktur der heutigen Arzneimittelversorgung aus öffentlichen Apotheken heraus, verloren zu gehen.
Engelen: Schmidt und Becker haben grobe Fehler begangen
DAZ.online: Das heißt, Sie verbinden die Zukunft der Apothekenstruktur unmittelbar mit dem Handeln der aktuellen ABDA-Spitze?
Engelen: Ja, das tue ich. Und dafür habe ich im Wesentlichen drei Gründe. Der erste grobe Fehler passierte aus meiner Sicht schon im Dezember vergangenen Jahres während der Diskussion der ABDA-Mitgliederversammlung mit Jens Spahn. Der Minister hat damals einen rechtlich nicht haltbaren Vorschlag gemacht, nämlich Rx-Boni für ausländische Apotheken bis maximal 2,50 Euro zu gewähren. In einer gemeinsamen Pressekonferenz nach der Mitgliederversammlung im Dezember sagte Friedemann Schmidt, dass aber die Regelversorgung weiterhin aus der öffentlichen Apotheke erfolge. Jeder Politiker konnte den Eindruck gewinnen, die Apotheker gehen diesen Vorschlag mit.
DAZ.online: Die Kammern und Verbände haben in den vergangenen Monaten ja auch ordentlich Druck gemacht gegen diesen Vorschlag und inzwischen ist daraus im Referentenentwurf ein Rx-Boni-Verbot im SGB V geworden.
Engelen: Ja, aber wie wir alle wissen, ist auch der jetzige Vorschlag keiner, der das Problem löst. Fällt der AMG-Satz zur Rx-Preisbindung, ist die Gleichpreisigkeit faktisch verloren, weil es sie für Privatversicherte nicht mehr gibt. Und im Januar, bei einer weiteren ABDA-Mitgliederversammlung, haben wir klar beschlossen, dass wir zum Rx-Versandverbot zurückgehen, wenn die Gleichpreisigkeit nicht vollständig wiederhergestellt wird. Das führt mich zum zweiten Vorwurf, den ich der ABDA-Spitze mache.
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DAZ.online: Der wäre?
Engelen: Das BMG hatte den Berufsstand aufgefordert, bis zum 7. Mai eine Stellungnahme zum Referentenentwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes vorzulegen. Nur auf Druck von 18 Mitgliedsorganisationen wurde diese Stellungnahme innerhalb der Mitgliederversammlung diskutiert. Hierzu hätte die ABDA von sich aus einladen müssen und nicht erst auf Druck. Wenn wir Kammern und Verbände die Diskussion darüber nicht eingefordert hätten, wäre sie niemals passiert. Und die Diskussion war wichtig: Schließlich war die ABDA offenbar unter anderem bereit, die Streichung der Länderliste zu akzeptieren.
Engelen: Drei große Fehler sind passiert
DAZ.online: In der ABDA-Stellungnahme steht aber weiterhin ein klares Bekenntnis zur Gleichpreisigkeit und zum Erhalt der Rx-Preisbindung im Arzneimittelgesetz. Was ist also Ihr aktueller Anlass zur Sorge?
Engelen: Das wäre dann der dritte große Fehler, der am gestrigen Mittwoch beim DAV-Wirtschaftsforum passiert ist. Medienberichten und mehreren Teilnehmern zufolge hat DAV-Chef Fritz Becker dort zumindest durchblicken lassen, dass die Hoffnung auf die Rettung des AMG-Satzes zur Rx-Preisbindung nicht mehr allzu groß ist. Nochmal: Die ABDA-Mitgliederversammlung, das wichtigste Entscheidungsgremium in der Standesvertretung, hat einen ganz anderen Beschluss einheitlich beschlossen, nämlich die Botschaft zu vertreten, dass der feste Arzneimittelpreis unerlässlich ist. Beckers Äußerung wirkt aber so, als ob er sagen würde: „Obwohl das Spiel noch nicht abgepfiffen ist, wirft der Trainer das Handtuch und erklärt, das Spiel sei verloren“, unprofessioneller kann man sich nicht verhalten. Ich habe auch die Vermutung, dass Beckers Einstellung von weiten Teilen der ABDA-Spitze getragen wird. Die Mimik von Teilen des ABDA-Präsidiums auf der Bühne während der Mitgliederversammlung in der vergangenen Woche hat deutlich gezeigt, dass ihr die demokratisch geführte Diskussion und der einstimmig beschlossene Beschluss nicht passt.
Wer soll es denn sonst machen?
DAZ.online: Okay, wer die ABDA-Spitze kippen will, der sollte eine neue Lösung parat haben. Hier geht es immerhin um mehrere Ämter: den Präsidenten der BAK, den Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes und den ABDA-Präsidenten und seinen Vize. Wer könnte diese Ämter in der jetzigen Situation aus Ihrer Sicht übernehmen?
Engelen: Unseren BAK-Präsidenten beziehe ich in meine Kritik nicht mit ein. Er war an der entscheidenden ABDA-Mitgliederversammlung nicht zugegen und ist für die Fehler, die gemacht wurden, nicht verantwortlich zu machen. Um aber Ihre Frage zu beantworten, da gibt es genügend Kollegen, die in ihren Ländern die Politik auf der richtigen Linie halten. Ebenso wichtig ist es jetzt aber, dass wir die Politik und die Öffentlichkeit massiv über eine gute Öffentlichkeitsarbeit über das Problem informieren, denn auch in diesem Bereich wurden Fehler begangen.
DAZ.online: Sie meinen in der ABDA-Öffentlichkeitsarbeit?
Engelen: Ja. Die ABDA muss neben ihren Gesprächen mit der Politik viel mehr darauf setzen, auch die Gesellschaft auf den Wert der Apotheke vor Ort hinzuweisen, sodass auch in der Öffentlichkeit verstanden wird, vor welchen Problemen wir stehen. Ein hochdotierter Herr Dr. Kern aus der ABDA-Pressestelle hätte durchaus die Kompetenz und den finanziellen Hintergrund, durch Kampagnen sowohl die Kollegen als auch die Bevölkerung zu mobilisieren. Wenn der feste Arzneimittelpreis nicht mehr gilt, wird die Arzneimittelversorgung nicht mehr nach Bedürftigkeit sondern nach Angebot und Nachfrage vorgenommen werden. Das hat ja schon der EuGH 2016 als Lösungsweg aufgezeichnet. Ich bin mir sicher, dass in einer guten Kampagne genau dieser Punkt ins Schwarze trifft.
27 Kommentare
ABDA Spitze
von Alexander Zeitler am 15.05.2019 um 1:47 Uhr
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Fehler der Vergangenheit
von Nachdenker am 12.05.2019 um 22:45 Uhr
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zum Kommentar von Thh
von Dr.Diefenbach am 10.05.2019 um 9:07 Uhr
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Engelen
von Thh am 10.05.2019 um 1:14 Uhr
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AW: THH - Engelen
von Uwe Hansmann am 10.05.2019 um 10:26 Uhr
Lieber gestern als heute
von J. M. L. am 09.05.2019 um 17:55 Uhr
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AW: Lieber gestern als heute
von Karin Klindwort am 09.05.2019 um 18:53 Uhr
Ergebnis der Unfähigkeit
von Dr. Heidrun Hoch am 09.05.2019 um 16:42 Uhr
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Fehler...alles ohne Konsequenz?
von Reinhard Rodiger am 09.05.2019 um 14:03 Uhr
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AW: Fehler...alles ohne Konsequenz
von Christoph Dahlem am 09.05.2019 um 14:12 Uhr
...ich fordere den Rücktritt der ABDA- Sitze zum....
von Ursula Lazar am 09.05.2019 um 13:34 Uhr
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Scheuklappen
von Karl Friedrich Müller am 09.05.2019 um 12:37 Uhr
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AW: Scheuklappen
von Heiko Barz am 09.05.2019 um 13:52 Uhr
ABDA steht für IGNORANZ und ARROGANZ ...
von Christian Timme am 09.05.2019 um 12:33 Uhr
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Spahn muß abdanken! Er übertreibt die Macht seines Amtes!
von Heiko Barz am 09.05.2019 um 12:08 Uhr
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AW: Spahn muß abdanken! Er übertreibt die
von Gabi Umminger am 09.05.2019 um 15:36 Uhr
H.Siemsen
von Dr.Diefenbach am 09.05.2019 um 11:37 Uhr
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Abda Spitze
von Conny am 09.05.2019 um 11:25 Uhr
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Konstruktives Misstrauensvotum
von Kai-Peter Siemsen am 09.05.2019 um 11:24 Uhr
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AW: Konstruktives Misstrauensvotum
von Kai-Peter Siemsen am 09.05.2019 um 11:30 Uhr
AW: Konstruktives Misstrauensvotum
von Gabi Umminger am 09.05.2019 um 15:38 Uhr
AW: Konstruktives Misstrauensvotum
von Gabi Umminger am 09.05.2019 um 15:39 Uhr
Bitte handeln!
von Dr. Radman am 09.05.2019 um 11:12 Uhr
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AW: rsch
von Mathias Mallach am 09.05.2019 um 11:29 Uhr
Frommer Wunsch
von Mathias Mallach am 09.05.2019 um 11:06 Uhr
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AW: Frommer Wunsch oder Schon abgehakt
von Bernd Jas am 09.05.2019 um 13:58 Uhr
!
von Anita Peter am 09.05.2019 um 10:50 Uhr
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