Interview mit rechtsanwalt Morton Douglas

Welche Skonti sind noch erlaubt?

Berlin - 20.03.2019, 14:10 Uhr

Pharmazeutische Großhändler haben – ebenso wie Apotheken – einen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Was bedeutet das für Preise und Konditionen? (c / Foto: Phagro)

Pharmazeutische Großhändler haben – ebenso wie Apotheken – einen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Was bedeutet das für Preise und Konditionen? (c / Foto: Phagro)


Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der pharmazeutische Großhandel nicht auf seinen Fixzuschlag von 70 Cent verzichten darf. Unklar ist weiterhin, wie es mit Skonti aussieht. Hier gehen die Meinungen auseinander. Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas ist der Auffassung: Hat eine Apotheke zum Beispiel eine Einzugsermächtigung erteilt, rechtfertigt dies sicher einen Skonto. 

Nach der Klarstellung zu den Großhandelszuschlägen in der Arzneimittelpreisverordnung bleibt eine für die Apotheken durchaus relevante Frage offen: Sind künftig auch Skonti tabu, sofern sie über den disponiblen prozentualen Großhandelszuschlag von 3,15 Prozent hinausgehen? Der Wortlaut der neu gefassten Norm lässt diese strenge Betrachtung auf jeden Fall zu. Die Begründung des Gesetzes ist hingegen so formuliert, dass ihr in diesem Punkt keine klare Aussage zu entnehmen ist.

Dagegen gibt es auf Großhandelsebene klare Überzeugungen, was nun gilt. So steht für den Großhandelsverband Phagro fest: An den 70 Cent Fixzuschlag darf auch durch Skonti nicht gekratzt werden. Anders sieht es der Großhändler AEP, dessen Konditionen der ursprüngliche Anlass für die nun erfolgte gesetzliche Klarstellung waren. Hier meint man: Handelsübliche Skonti sind immer möglich – egal ob Fixum oder nicht.

Auch der Gesundheitsrechtsexperte Dr. Elmar Mand vertrat beim ApothekenRechtTag am vergangenen Freitag die Auffassung, dass jedenfalls echte Skonti, die für eine vertraglich nicht geschuldete Leistung – nämlich die vorfristige Zahlung – gewährt werden, weiterhin neben den Rabatten im Rahmen der prozentualen Preisspanne möglich sein müssten. Allerdings hätten Gerichte bislang auch diese Skonti Barrabatten gleichgesetzt. Und so spricht laut Mand einiges dafür, dass bis zu einer klärenden höchstrichterlichen Entscheidung erst einmal kein Skonto auf die 70 Cent gewährt werden darf.

DAZ.online hat bei Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas nachgefragt, wie er die Sache sieht.

DAZ.online: AEP hat seinen Kunden verkündet, an seinem bisherigen Rabatt-Modell inklusive Skonti festzuhalten. Auch nach der TSVG-Änderung seien handelsübliche Skonti zulässig. Der Phagro meint hingegen, die 70 Cent sind auch für Skonti nicht zugänglich. Wer hat Recht?

Douglas: Wer letztendlich hier Recht haben wird, dürfte Gegenstand von weiteren Rechtsstreitigkeiten sein. Der Streit beginnt bereits damit, dass immer noch nicht geklärt ist, um was es sich in dieser Diskussion bei den Skonti handelt: Wird eine Zahlung vor Fälligkeit angemessen vergütet, ist dies eine Gegenleistung für eine vertraglich nicht geschuldete Leistung und damit kein Preisbestandteil. Solche Skonti sind auch in Zukunft neben den 3,15 Prozent zulässig. Es wird damit im Wesentlichen um die Frage gehen, wann eine kurzfristige Zahlung diese Voraussetzung erfüllt.

Was wird aus den Skonti, die der Großhandel bekommt?

DAZ.online: Gibt es hier Anhaltspunkte?

Douglas: Hat eine Apotheke zum Beispiel eine Einzugsermächtigung erteilt, sodass der Großhandel unmittelbar bei Lieferung sein Geld erhält, ist dies sicherlich eine Leistung, die einen Skonto rechtfertigt. Bei kurzfristigen Zahlungszielen wird man sich bei Apotheken daran orientieren müssen, wann die Apotheke ihrerseits das Geld von der Krankenkasse erhält. Zahlt der Apotheker an den Großhandel bevor er seinerseits das Geld von der GKV erhält, so ist dies aus meiner Sicht durchaus eine Leistung, bei der man über eine Honorierung – in Form von Skonti – nachdenken kann.

DAZ.online: Bekommt nicht auch der Großhandel Skonti?

Douglas: Ja, auch der Großhandel erhält von der pharmazeutischen Industrie Skonti. Bisher wurde die Frage nicht erörtert, warum es einem pharmazeutischen Großhändler nicht möglich sein soll, diese Einkaufsvorteile, die er selbst verhandelt, an seine Kunden weiterzureichen. Diese Frage würde sich dann aber stellen mit der Konsequenz, dass möglicherweise auch eine Diskussion über die Zulässigkeit von Skonti im Verhältnis zwischen pharmazeutischen Unternehmer und Großhandel entsteht.

A. Schelbert
Dr. Morton Douglas

DAZ.online: Welche Bedeutung hat die Neuregelung für den Direktvertrieb?

Douglas: Die Regelungen für den Direktbezug laufen parallel. Alles, was im Verhältnis zwischen Apotheke und Großhandel diskutiert wird, gilt auch dort. Somit dürfte es auch hier weiterhin zulässig sein, dass beim Direktvertrieb Skonti für die sofortige oder kurzfristige Zahlung gewährt werden.

DAZ.online: Wie sollten sich Apotheken nun verhalten? Können Sie (weiterhin) gefahrlos Konditionen annehmen, die zusätzliche Skonti vorsehen?

Douglas: Interessant ist zunächst, dass zumindest nach meiner Kenntnis der pharmazeutische Großhandel bisher nicht an die Apotheken herangetreten ist und insoweit behauptet, aufgrund des TSVG müssten die Konditionen gekürzt werden. So ganz scheint man daher von der geäußerten Rechtsauffassung nicht überzeugt zu sein. Daher besteht für Apotheken nach unserer Einschätzung kein Risiko, auch in Zukunft derartige Einkaufsvorteile anzunehmen.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, würde sich zusätzlich die Frage stellen, ob ein Skonto neben den 3,15 Prozent insgesamt unzulässig ist oder ob nur die 70 Cent nicht weiter skontiert werden dürfen, der eigentliche Arzneimittelabgabepreis jedoch weiterhin. Wenn nur Letzteres untersagt wird, wäre dies sicherlich verschmerzbar.

DAZ.online: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Douglas!



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Wen wundert es?

von Reinhard Herzog am 20.03.2019 um 15:39 Uhr

Dummland eben - alles klein-klein regeln, überall reinfunken, aber nichts konsequent und zuende gedacht und am Ende doch nichts klar und eindeutig reguliert.

Und immer mit zig Schlupflöchern. Weil der Gesetzgeber selbst von der ganzen Reguliererei nicht überzeugt ist und um seine eigene Inkonsequenz (Inkompetenz?) im Grunde weiß?

Ähnliches droht mit der Boni-Regelung, die womöglich auch auf dem besten Wege ist, erneutes Futter für die Gerichte zu werden, das Steuerrecht ist berühmt für seine kleinteilig-unklaren Regelungen u.v.m.

Man könnte die Skonto-Frage ganz einfach regeln, indem man eine Preisuntergrenze (ApU Liste + 70 Cent) festschriebe. Oder eben eine diesbezügliche Regelung ganz sein ließe, der bei der gegebenen Sachlage sinnvollste Weg.

Vor allem, wenn man weiß, dass der Großhandel im Grunde nur eine Rabatt-Durchleitemaschine ist. Die gesetzliche Rx-Marge deckt in etwa nur die echten Kosten. Was den Apotheken als Nachlass gegeben werden kann, muss der GH im eigenen Einkauf erzielen - oder zu einem gewissen Teil mit Non-Rx querfinanzieren, was aber schon rein wertmäßig sehr limitiert ist ...

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