Interpharm 2019

Was genau versteht man unter „Deprescribing“?

Stuttgart - 11.03.2019, 12:30 Uhr

Viele Patienten erhalten eine Polymedikation. (c / Foto: Colette/stock.adobe.com)

Viele Patienten erhalten eine Polymedikation. (c / Foto: Colette/stock.adobe.com)


Auf welche Wirkstoffe sollte man besonders achten?

DAZ.online: Gibt es Zahlen dazu, wie viele Menschen Arzneimittel nehmen, die man auch weglassen könnte beziehungsweise vielleicht sogar besser weglassen sollte?

Waltering: Die Frage ist wirklich schwierig zu beantworten, da sie je nach Setting unterschiedlich ist. Eine Studie besagte, dass 77 Prozent der internistischen Patienten potentiell inadäquate Arzneimittel (PIM) einnehmen, was aber nicht bedeutet, dass nur weil sie PIM sind, sie auch alle abgesetzt werden müssen oder können, vielfach sollten sie entweder anders überwacht oder ausgetauscht werden. Eine Studie in einer onkologischen Klinik hat gezeigt, dass pro Patient circa fünf PIM verordnet wurden, von denen 73 Prozent abgesetzt wurden, was einer Reduktion der gesamten Medikation der Patienten um 25 Prozent entspricht und dies bei verbesserter Lebensqualität.
Allerdings gibt es schon ein Potential von circa 30 Prozent an Arzneimitteln, die durch konsequentes Deprescribing reduziert werden können.

Isabel Waltering, PharmD, ist Apothekerin und POP-Autorin

DAZ.online: Welche Wirkstoffe sind besonders häufig betroffen?

Waltering: Einzelne Wirkstoffe sind nicht wirklich betroffen, aber es gibt eine Reihe von Arzneistoffgruppen, auf die besonders geachtet werden sollte. Dazu gehören Benzodiazepine beziehungsweise Z-Substanzen, Antipsychotika der ersten und zweiten Generation, Trizyklika, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, Opioide, Protonenpumpenhemmer, Statine, Bisphosphonate, Betablocker, Statine und Antikonvulsiva sowie sämtliche potentiell ungeeigneten Arzneimittel der Priscus-Liste bei geriatrischen Patienten.

DAZ.online: Was erwartet die Teilnehmer bei dem Interpharm-Vortrag?

Waltering: Im Rahmen des Vortrags soll der Begriff des „Deprescribings“ erläuterte werden. Es wird aufgezeigt, wo die Vorteile, aber auch die Grenzen dieser Strategie sind. Dann wird gezeigt, für welche Patientengruppen und bei welchen Arzneistoffgruppen Deprescribing sinnvoll sein kann. Weiterhin wird der mögliche Ablauf beim Deprescribing erläutert und es werden Quellen vorgestellt, die eine Unterstützung beim konkreten Vorgehen bei bestimmten Arzneistoffgruppen bieten. 

DAZ.online: Vielen Dank für das Gespräch.

„When I’m 64 …“ – Polymedikation im Alter (POP – Patienten-orientierte Pharmazie)

Deprescribing – Wenn weniger mehr ist



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