Koalitionsvertrag

Pharmaziestudent schreibt Kramp-Karrenbauer wegen Rx-Versandverbot

Berlin - 18.02.2019, 17:55 Uhr

Der 19-jährige Pharmaziestudent und CDU-Mitglied Benedikt Bühler will es nicht auf sich sitzen lassen, dass sich die CDU vom Rx-Versandverbot trennt. ( j / Foto: Deutscher Bundestag)

Der 19-jährige Pharmaziestudent und CDU-Mitglied Benedikt Bühler will es nicht auf sich sitzen lassen, dass sich die CDU vom Rx-Versandverbot trennt. ( j / Foto: Deutscher Bundestag)


Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist festgehalten, dass sich beide Parteien für das Rx-Versandverbot einsetzen wollen. Von diesem „Einsatz“ ist nicht viel zu spüren – vielmehr hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen eigenen Plan vorgelegt, der die teilweise Aufhebung der Rx-Preisbindung vorsieht. Ein Pharmaziestudent aus Karlsruhe will das nicht auf sich sitzen lassen und schrieb der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nun einen Brief, in dem er an den Vertrag erinnert.

Der 19-jährige Benedikt Bühler studiert im zweiten Semester an der Semmelweis-Universität zu Budapest Pharmazie. Aber der angehende Pharmazeut ist auch politisch tätig: Eigenen Angaben zufolge engagiert er sich politisch seit einigen Jahren bei der Jungen Union und in der CDU. Doch was seine CDU derzeit in Sachen Apothekenpolitik plant, schmeckt Bühler so gar nicht. Der Student hat kein Verständnis dafür, dass die Union die Erwähnung des Rx-Versandverbotes erkämpft hat und dieses Verbot nun aufzugeben scheint.

Seinem Unmut macht er in einem Brief an die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer Luft. Als Einstieg in seinen Brief wiederholt Bühler ein Zitat von „AKK“, das sie bei ihrer Bewerbungsrede für den Parteivorsitz geäußert hat. Die CDU-Politikerin sagte, dass die Regierung dafür sorgen müsse, dass die Menschen nicht nur „große Erzählungen“ sehen, sondern deren Umsetzung auch vor Ort „spüren“. Bühler dazu: „Eine dieser ‚großen Erzählungen‘ unserer Partei ist die Forderung bzw. Umsetzung eines Versandverbotes mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.“

Bühler: Warum wurde das Rx-Versandverbot totgeschwiegen?

Der Pharmaziestudent weist die CDU-Vorsitzende auch auf einen Briefwechsel mit Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe aus dem Februar 2018 hin. Damals fragte Bühler ebenfalls nach der Umsetzung des Rx-Versandverbotes, Gröhe wies darauf hin, dass die SPD-Bundestagsfraktion eine schnelle Umsetzung verhindert habe. Dass das Verbot nicht schon damals umgesetzt werden konnte, bezeichnet Bühler als „Enttäuschung“ – schließlich hatte es zuvor einen entsprechenden Beschluss des Bundesrates gegeben.

Bühler erinnert „AKK“ auch daran, dass die CDU während des Bundestagswahlkampfes offensiv für das Rx-Versandverbot warb: „Es war nahezu selbstverständlich, dass das Rx-Versandverbot eines der großen Wahlkampfthemen in 2017 für die Gesundheitspolitik sein sollte. Hiermit wurde dann auch geworben und viele Stimmen für die CDU gewonnen (…)“, heißt es in dem Brief weiter. Den Status quo im Versandhandelskonflikt beschreibt Bühler so: „Zu meiner sehr großen Verwunderung wurde das Rx-Versandverbot nicht nur nicht sofort umgesetzt, sondern auch nahezu totgeschwiegen!“

Hat Spahns Weigerung etwas mit Max Müller zu tun?

Auch Spahns Argumentation, dass das Verbot „politisch und europarechtlich unwägbar“ sei, will der angehende Apotheker nicht gelten lassen. Schließlich habe Spahn „wesentliche und wichtige Fakten“ nicht miteinbezogen. Und weiter:


Wie aus dem Brief von Herrn Gröhe hervorgeht, wäre das Verbot schon längst beschlossen worden. Die politischen Mehrheiten sind allein schon durch den Koalitionsvertrag gesichert. Hinzu kommt, dass die Fraktionen von Linke und AfD im deutschen Bundestag auch hinter dem Verbot stehen und es somit eine große Mehrheit im Bundestag geben würde. Auch, dass das Verbot rechtlich nicht umsetzbar sei, bezweifle ich sehr. Ich darf zudem annehmen, dass die Juristen im BMG die Umsetzbarkeit geprüft und auch, dass diese nach dem Wechsel von Herrn Gröhe zu Herrn Spahn nicht gewechselt haben. So müssten diese Juristen, meiner Meinung nach, Herrn Spahn eigentlich aufgeklärt haben.“

Benedikt Bühler, CDU-Mitglied und Pharmaziestudent


Bühler sucht nun also nach einer Erklärung für Spahns Weigerung – und spricht dabei auch die Bekanntschaft des Ministers mit DocMorris-Vorstand Max Müller an. „Falls das Handeln von Herrn Spahn etwas mit seiner ‚alten‘ Freundschaft zu Max Müller, welcher im Vorstand von DocMorris zu finden ist, zu tun hätte, wäre seine Position als Minister doch zu hinterfragen.“ Bühler erinnert daher nochmals an die Unionsabgeordneten, die weiterhin für ein Verbot einstehen und gegen Spahns Pläne sind, darunter Michael Hennrich, Volker Kauder, Karin Maag und Astrid Mannes.

Bühler: Spahn setzt sich über Koalitionsvertrag hinweg

Bühler fordert seine Parteikollegin nun auf, Spahn in seine Grenzen zu verwiesen. „Es kann nicht sein, dass sich eine Person über die eigene Partei und den Koalitionsvertrag hinwegsetzt. Als meine neue Bundesvorsitzende, die eine Zuhör-Tour für Mitglieder gestartet hatte und der die Parteibasis am Herzen liegt, weiß ich, dass ich auf Sie zählen kann“, heißt es in dem Brief.

Der Widerstand innerhalb der Union gegen Spahns Kurs in der Apothekenpolitik wächst somit zunehmend. Erst in den vergangenen Tagen war klar geworden, dass neben den oben genannten CDU-Politikern auch zwei weitere Politiker aus Spahns Heimat gegen eine Marktöffnung sind: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Dr. Georg Kippels sprachen sich deutlich für ein Rx-Versandverbot aus – was überraschte – schließlich hatten sich beide zuvor schon vom Verbot verabschiedet.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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