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Referentenentwurf des justizministeriums
Grüne und Linke: Pille bis 22 Jahre zu erstatten, reicht nicht aus
Im Referentenentwurf zur Anpassung des Werbeverbots zu Schwangerschaftsabbrüchen hat die Bundesregierung noch eine Überraschung untergebracht: Und zwar sollen Kontrazeptiva bis zu einem Alter von 22 Jahren, statt bisher 20 Jahren, von den Kassen bezahlt werden. Die Grünen und Linken halten diesen Vorschlag für einen schwachen Kompromiss. Im vergangenen Sommer hatten beide Oppositionsfraktionen gefordert, den Zugang zu Verhütungsmitteln zu erleichtern – unabhängig vom Alter.
Nach langem Streit um das Werbeverbot zu Schwangerschaftsabbrüchen haben sich Union und SPD nun auf einen Kompromiss geeinigt. Im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums bleibt das Verbot zwar bestehen. Doch der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch soll um einen Absatz ergänzt werden, demzufolge Ärzte darüber informieren dürfen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen können.
Kompromisslösung unzureichend
Derselbe Referentenentwurf beinhaltet auch einen Änderungsvorschlag zum SGB V. Demzufolge sollen Frauen bis zu einem Alter von 22 Jahren orale Kontrazeptiva auf Kassenrezept erhalten. „Die Regelung soll dazu beitragen, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern und insbesondere jungen Frauen einen selbstbestimmten Umgang mit Mitteln der Empfängnisverhütung ermöglichen“, heißt es in dem Referentenentwurf, der DAZ.online vorliegt.
Derzeit gilt eine Altersgrenze von 20 Jahren, sofern
keine medizinische Indikation vorliegt. Diese nun lediglich um zwei Jahre
anzuheben, ist ein schwacher Kompromiss, finden die Grünen und Linken. Im vergangenen Sommer
hatten beide Oppositionsfraktionen Anträge im Bundestag gestellt, bei denen es
um einen erleichterten Zugang zu einer selbstbestimmten Familienplanung geht.
Welche Personengruppen von welchen Verhütungsmitteln profitieren sollen, darin
unterscheiden sich die Anträge. So fordern die Grünen, dass Sozialhilfeempfängerinnen, unabhängig vom
Lebensalter, ärztlich verordnete Verhütungsmittel
kostenfrei bekommen sollen. Außerdem sollen
Empfänger von Transferleistungen auch Kondome bezahlt bekommen.
Grüne: Nicht nur junge Frauen haben Geldsorgen
Für die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Maria Klein-Schmeink ist der Vorschlag der Bundesregierung, die Altersgrenze auf 22 Jahre anzuheben, zwar eine Verbesserung. „Doch dieser Kompromiss, der im Zusammenhang mit Paragraf 219a getroffen wurde, ist nicht weitreichend genug. Denn unser Ziel ist es, dass eine sichere Verhütung keine Frage des Geldbeutels sein soll – unabhängig vom Alter. Finanzielle Probleme gibt es ja auch in einer späteren Lebensphase“, erklärt die Grünen-Gesundheitspolitikerin gegenüber DAZ.online.
Hinzu käme, dass es in dem Regierungsvorschlag nur um die Pille, aber nicht um andere kostenintensive Verhütungsmethoden gehe. Es bleibe nun abzuwarten, in welcher Form diese Übereinkunft der Koalition in ein Gesetzesvorhaben umgesetzt werde. Für Klein-Schmeink steht fest: „Bei einem Beratungsverfahren im Bundestag werden wir uns für eine Erweiterung der Erstattungsmöglichkeiten einsetzen, wie in unserem Antrag vorgesehen."
Linke: Altersgrenze willkürlich
Auch die Linken sind mit dem Vorschlag von Union und SPD nicht zufrieden. Der Antrag, den die Linksfraktion im Bundestag vor sechs Monaten unter Federführung von Cornelia Möhring eingereicht hatte, beinhaltet die Forderung nach einer Verhütung für alle GKV-Versicherten. Unabhängig davon, ob die Begünstigten Transferleistungen erhalten oder vom Lebensalter. Im Gegensatz zu dem Grünen-Antrag wollen die Linken nicht nur hormonelle Kontrazeptiva und Kondome, sondern auch die Sterilisation und andere Methoden wie beispielsweise Zykluscomputer erstatten lassen.
Die Pille nur bis 22 Jahre erstatten zu wollen, ist für die Linken daher keine Lösung. „Die Altersgrenze ist willkürlich gesetzt. Und mit einem faulen Kompromiss über den Paragrafen 219a verbunden, den wir ebenfalls ablehnen“ ,erklärt Möhring gegenüber DAZ.online.
„Bundesregierung ist inkonsequent“
Die frauenpolitische Sprecherin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende erinnert an das Modellprojekt „Biko" von Pro Familia, auf dessen Ergebnisse die Bundesregierung in vorherigen Debatten wiederholt verwiesen hatte und das noch bis Mitte dieses Jahres laufen soll.
„Die Bundesregierung ist mit ihrem Vorschlag zur Verhütung inkonsequent, denn eigentlich wollte sie doch die Evaluation des Biko-Projektes abwarten – hat es sich damit erledigt?“ Doch aus Sicht der Linken brauchen die Ergebnisse des Biko-Projektes nicht abgewartet zu werden. „Wir fordern nach wie vor Verhütungsmittel für alle, ohne Altersbeschränkung und nicht nur orale Kontrazeptiva, sondern auch andere sichere Methoden wie beispielsweise Zykluscomputer."
Über die Anträge von Grünen und Linken fand im November des vergangenen Jahres eine Expertenanhörung statt. Die Abstimmung im Parlament steht noch aus.
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