FAZ zum Versandhandelskonflikt

Schmidt vs. Müller: Traditionalist gegen den Neuen

Berlin - 10.01.2019, 10:20 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf Seite 3 der FAZ: In dem Artikel werden die Apotheker als Traditionalisten bezeichnet. (m / Foto: DAZ.online)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf Seite 3 der FAZ: In dem Artikel werden die Apotheker als Traditionalisten bezeichnet. (m / Foto: DAZ.online)


DocMorris ist das, wovon die Apotheker träumen

Grundsätzlich ist DocMorris in dem FAZ-Artikel alles das, was die Apotheke nicht ist: modern, rasant wachsend, wirtschaftlich florierend. Während es einerseits um die rückgängige Apothekenzahl geht, heißt es zu DocMorris: „DocMorris ist die größte Versandapotheke Europas, 370 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2017, ein jährliches Wachstum von etwa 20 Prozent – Zahlen, von denen deutsche Apotheker träumen.“ Die dauernde Gegenüberstellung zwischen alt und modern gipfelt in der Beschreibung des neuen DocMorris-Lagers, das der EU-Versender gerade errichtet, weil das alte Arzneimittel-Lager laut FAZ zu klein geworden ist. „Wenn man die Angst der Apotheker vor der Konkurrenz aus dem Netz festhalten will, dann ist es wohl der Anblick des Baggers auf der frisch planierten Fläche. Die Neuen graben den Alten die Marktanteile ab.“

Auch die Bekanntschaft zwischen Müller und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – die beiden betrieben vor einigen Jahren eine Beratungsgesellschaft – lässt der FAZ-Artikel nicht aus. Müller erklärt, dass sein „Draht“ zu Spahn nicht mehr so kurz sei wie früher. Denn: „Gerade jetzt, wo Spahn Minister ist, wäre zu viel Nähe schädlich, meint er, weil es dann wieder Gerede geben könnte.“

Kritischer Blick auf Spahn

Spahns Treiben im Versandhandelskonflikt wird übrigens auch kritisch beleuchtet. Denn die FAZ beschreibt auch die Beschwerden von Saarlands Kammerpräsident Manfred Saar, der das zögerliche Abrücken der ABDA vom Rx-Versandverbot zugunsten einer eventuellen Honorar-Erhöhung bekanntlich äußerst kritisch sieht. Saar hatte nach dem Auftritt Spahns bei der ABDA-Mitgliederversammlung mehrfach darauf hingewiesen, dass Spahn den Apothekern „gedroht“ habe – wenn sie sich nicht auf seinen „Plan B“ einließen, würde er sich auf den Koalitionsvertrag zurückziehen und keine Vakanzen mehr für andere Tätigkeiten im Apothekenbereich haben.

In der Sache, also wie es mit den von Spahn vorgeschlagenen Eckpunkten nun weitergeht, liefert der FAZ-Bericht wenig Neues. Spannend ist lediglich, wie sich DocMorris-Vorstand Müller zu dem Paket äußert. Kurz nach Bekanntwerden der Eckpunkte hatte sich DocMorris zurückhaltend geäußert. Nun heißt es mit Blick auf den darin vorgesehen Boni-Deckel: „Nur eines an Spahns Vorschlag stört ihn: die geplante Deckelung der Rabatte auf 2,50 Euro pro Packung – denn das ist genau so viel, wie DocMorris und etliche andere Versender gerade anbieten. Spielraum für weitere Rabatte gäbe es dann nicht. Am Ende, sagt Müller, könne er mit dem Kompromiss aber leben.“

Koalitionsvertrag? Nichts Verbindliches ...

Dass Union und SPD im Koalitionsvertrag festgehalten haben, dass sie sich für das Rx-Versandverbot einsetzen wollen, interpretiert die FAZ übrigens so: „Das ist so ein typischer Berlin-Mitte-Satz: nichts Verbindliches.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


7 Kommentare

Gewichtung beachten

von Reinhard Rodiger am 10.01.2019 um 22:50 Uhr

So pointiert wie die DAZ es darstellt kam es im Kontext des Artikels nicht. Sicher , es ist eine Darstellung von Berufsqualitäten benannt worden, die aber auch positiv formuliert werden können.Einhalten von sinnvollen Regeln ist notwendig und das Übertreten eben nicht. Im Gegenteil, es muss geahndet werden wollen.Das ist bei den Holländern nicht der Fall.Darüber und über die Verhältnisse von Fachaufsicht zu angelernten Kräften wäre zu reden.Das fokussiert das Thema auf arbeitsdruckbedingte Fehlerquoten , die anderen fehlerhaften bei unzureichend kontrollierter Automatisierung etc. Ich bin mir nicht sicher, ob das angesprochen wurde. vermutlich nicht.Das weist auf Defizite,die aufzuarbeiten wohl nur durch einen solchen Artikel möglich wird. Das gilt auch für die häufig unplausiblen Äusserungen zu Geschäftsergebnissen
und dem "mehr Geld für Apotheken". Ich weiss nicht, ob es nur an der selektiven Sicht der FAZ liegt oder an unprofessioneller
Kommunikation oder Kontrolle.
Wir haben hier ein ziemlich komplettes Bild der Kommunikationsschwäche unserer Vertretung und trotzdem einige Punkte, die so nicht oft zu lesen waren. Es wurde deutlich gesagt, dass ausländische VERSENDER Rabatte geben dürfen, deutsche APOTHEKER! nicht.Auch die Verbindung von Spahn zu Müller wird angesprochen.
Nur einige Ansatzpunkte.
Auf mich wirkt das ganze als Vorlage für eine strukturell zu verbessernde und offensivere PR-Arbeit. Da kann sich keiner drücken, schon gar nicht die Führung.
Hinzu kommt die Klärung der Frage, wer uns überhaupt noch wirksam vertreten kann und will ?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Es tut mir leid ...

von Thorsten Dunckel am 10.01.2019 um 21:17 Uhr

... aber dieser (Friede-)Mann ist untragbar als "erster Apotheker". Wie er da in seiner "Bude" mit Handklingelchen abgebildet ist, ist beste Satire.
Will der uns verarschen?!?!?

Dieser "Saustall" ABDA, entschuldigung, aber anders kann man diesen Haufen nach solchen Berichterstattungen ja wohl nicht mehr nennen gehört umgehend aufgelöst.
Lasst endlich Profis ran, ansteller dieser Kader-Typen. Unerträglich!!!

Warum wird hier von Schmidt nicht das Bild des modernen Apothekers in seiner mittlerweile durchdigitalisierten Apotheke gezeigt. Moderne Warenwirtschaftssysteme, Automatisierung, Datenbanken, "VPN-Vertunnelung" in alle Richtungen ... das, verbunden mit der Empathie gegenüber unseren Kunden im HV ist doch mittlerweile das Bild des "normalen" Apothekers in Deutschland.

Trotzdem werden wir von dieser Pappnase am Nasenring vorgeführt.
Hat Spahn dem einen Posten bei DocMo versprochen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

@Dr. Schabick: komplettes Zitat aus dem Beitrag der FAZ

von Andreas Gruenebaum am 10.01.2019 um 19:58 Uhr

Der von Ihnen in Zweifel gezogene Satz wurde im Zusammenhang wie folgt im Beitrag der FAZ zitiert: „Schon im Studium, sagt Schmidt, werde den Pharmazeuten Demut vor den Stoffen beigebracht, das sorgfältige Arbeiten entlang klarer Regeln sei „die Grundlage unserer Existenz“, sagt er. „Und wenn dann jemand sagt, wir probieren jetzt mal was, dann ist das dem Apotheker vollkommen fremd.““

„Demut vor den Stoffen“ und das „sorgfältige Arbeiten entlang klarer Regeln“ als „Grundlage unserer Existenz“? Das passt zumindest ins Bild des im vor-vorherigen Jahrhundert gefangenen Apothekers, der nicht in der Lage ist die Zeichen der Zeit zu verstehen und die eingetretenen Pfade zu verlassen. Ist so jemand wirklich in der Lage, unseren Berufsstand als „Chef-Lobbyist“ zu vertreten?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: @Dr. Schabick und eine andere Sicht

von Reinhard Rodiger am 10.01.2019 um 22:15 Uhr

Das sorgfältige Arbeiten nach Regeln ist doch genauso Alltag wie damals.Nur, dass die Regeln früher berechenbar waren und heute ziemlich willkürlich ( s. KK-retax./Rabatte/Boni etc).
Aber, sie sind einzuhalten.Ursache anders,Prinzip gleich.
Das ist darstellbar.Vor allem im Systemvergleich von Mensch und Automatisierung.Noch sind die Fehlerhäufigkeiten bei Menschen geringer als bei Digitalisierung ohne Gegenkontrolle.
Verantwortungsvoll nicht gegen Regeln zu handeln ist damals wie heute richtig. Regelüberschreitungen der ach so digitalisierten Holländer bleiben ohne Berücksichtigung?
"Unsere" Kommunikation - eben nicht nur hier- ist fundiert unprofessionell.
Erzwungene Demut vor den Regeln der Krankenkassen trifft es doch.Warum wird es nicht gesagt?

Sturmflut

von Christian Giese am 10.01.2019 um 11:10 Uhr

Allein die Dualität dieser Diskussion zeigt, dass die "34" seit 2004 jahrelang geschlafen haben, nicht erkannt haben, welche Marktpartner ihr verpenntes System eigentlich selber konstruiert.
Jetzt ist Sturmflut und noch haben die "34" nicht erkannt, welches System sie denn schützen könnte.
Von dem aufschwimmenden steuerlosen ABDA Flösschen ganz zu schweigen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Was denkt der FAZ-Leser?

von Ulrich Ströh am 10.01.2019 um 10:53 Uhr

Multi-Sanostol und Standgefässe in der Sichtwahl,
Handklingel auf dem HV -Tisch.
Kann man natürlich so machen in der Seume Apotheke.

Die FAZ Leser auf Seite 3 von heute ziehen dann hoffentlich die richtigen Schlüsse.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Was denkt der FAZ-Leser

von Dr. Ralf Schabik am 10.01.2019 um 16:31 Uhr

Ich denke, die Leser vergleichen mit IHRER Apotheke, die sie kennen. Das kann gut sein - aber auch schlecht. Jeder Leser, wie er es "erwartet".
Unerträglich finde ich den Satz „Und wenn dann jemand sagt, wir probieren jetzt mal was, dann ist das dem Apotheker vollkommen fremd.“
Nun schätze ich den Kollegen Schmidt wirklich sehr und kenne ihn "ein bisschen" ... hier möchte ich wissen, in welchem Kontext dieser Satz gefallen ist. SO, wie das im FAZ-Artikel rüberkommt, kann das Schmidt nicht gesagt haben.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.