Ökotest

Halsschmerzmittel für Kinder: nur mangelhaft und ungenügend?

Stuttgart - 03.01.2019, 17:30 Uhr

Gurgeln, lutschen, sprühen – wie kann man kleinen Halsschmerzpatienten helfen? (c / Foto: RFBSIP / stock.adobe.com)

Gurgeln, lutschen, sprühen – wie kann man kleinen Halsschmerzpatienten helfen? (c / Foto: RFBSIP / stock.adobe.com)


In der Apotheke weiß man: Ibuprofen hilft gegen Schmerzen, Fieber und Entzündungen – egal ob Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Halsschmerzen oder sonstige Schmerzen. Oft möchten Kunden aber, wenn der Hals schmerzt, ein Arzneimittel, das vom Hersteller speziell für den Hals entwickelt wurde. Gerade bei Kindern soll es zudem etwas „milder“ sein als ein Schmerzmittel. Was kann man also empfehlen? Wenn es nach Ökotest geht: nichts, außer Tee und Honig.

16 Halsschmerzmittel, viele davon aus der Apotheke, hat Ökotest für seine Januar-Ausgabe 2019 getestet. Das Fazit „tut weh“, wie Ökotest selbst schreibt. Apotheker könnte dabei besonders schmerzen, dass Ökotest sich bei diesem Ergebnis auf die pharmazeutische Expertise von Professor Manfred Schubert-Zsilavecz stützt, vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Frankfurt. Er hat für Ökotest nach Studien gesucht und Nutzen sowie Risiken der Halsschmerzpräparate beurteilt.

Im Grunde keine Überraschungen

„Selbst die Mittel mit antibakteriellen, antiseptischen und adstringierenden Wirkstoffen verkürzen demnach weder die Krankheitsdauer noch verhindern sie Komplikationen“, schreibt Ökotest gleich zu Beginn des Artikels, nicht ohne ein wenig enttäuscht zu klingen – und enttäuschend mag das für den Patienten auch sein. In der Apotheke weiß man aber, dass akute Halsschmerzen häufig viral bedingt sind und mit einer Rate von 30 bis 40 Prozent innerhalb von drei Tagen spontan abheilen, in 80 bis 90 Prozent der Fälle ist dies innerhalb einer Woche der Fall.

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Deshalb bekommt man in der Apotheke in der Regel nur etwas zur Linderung der Schmerzen empfohlen, und das nicht mit der Absicht, dass die Viren schneller wieder verschwinden. Wird eine bakterielle Ursache vermutet, schickt die Apotheke den Patienten zum Arzt.

Zu hohes Nebenwirkungsrisiko durch Antiseptika

Als ein Beispiel für ein Halsschmerzmittel mit antiseptischen Wirkstoffen (nicht unter zwei Jahren) nennt Ökotest das ethanolhaltige „Neo-Angin Halsspray“. Die Wirksamkeit der enthaltenen antiseptischen Wirkstoffkombination stufen die Tester zwar durch eine Studie als „teilweise belegt“ ein – jedoch nur in Bezug auf eine schmerzstillende Wirkung. Die Frage ist, ob man als Schmerzmittel die Kombination zweier antimikrobieller Wirkstoffe benötigt (2,4-Dichlorbenzylalkohol und Amylmetacresol). 

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Die Tester sind der Meinung, dass sich durch die Kombination zweier Antiseptika das Risiko für Nebenwirkungen wie Allergien erhöht. Und so gibt es für das einzige Präparat im Test mit teilweise belegter Wirkung am Ende auch nur die Note „ungenügend“. 

Kein Tyrothricin, Benzocain und Benzalkoniumchlorid

Präparate, die die Wirkstoffe Benzocain (im Test „Benzocain Lutschdragees 3,6 mg“), Tyrothricin oder Benzalkoniumchlorid enthalten (im Test „Dorithricin Halstabletten“ und „Lemocin Lutschtabletten“), werden von Öktotest unabhängig von ihrer Wirksamkeit negativ bewertet. Tyrothricin wirkt antibiotisch, also nicht gegen die meist ursächlichen Viren. Benzocain und auch Benzalkoniumchlorid gelten als allergen. Außerdem birgt Benzocain besonders bei Kindern das Riskio einer Methämoglobinämie. In der Lauer-Taxe liest man dazu: „Nach Aufnahme sehr hoher Dosen Benzocain (12 mg/kg Körpergewicht rektal) wurde bei Kindern Methämoglobinbildung beschrieben.“

Keine Lutschtabletten, Gurgellösungen und Sprays – unabhängig vom Wirkprinzip?

Als Grundproblem aller Lutschtabletten, Gurgellösungen und Sprays macht Öktotest aus, dass diese nur lokal an der Oberfläche wirken. Die ursächliche Entzündung sitze aber tiefer.

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Wie sieht es aber mit Medizinprodukten aus, die rein physikalisch wirken und somit von Ökotest als „harmlos“ bezeichnet werden? Enthalten sind darin Salze (wie in den „Emsillen“), Isländisch Moos oder Malvenblüten. Die beiden letzteren sind beispielsweise in „Neo-Angin Junior Halsschmerzsaft“ enthalten, der im Gegensatz zu den anderen Präparaten im Test laut Anbieter bereits ab einem Jahr geeignet ist. Die wieder enttäuschende Botschaft dabei ist aber: Ausreichende Wirksamkeitsbelege gibt es nicht – und deshalb gibt es wieder nur die Note „mangelhaft“; auch wenn Ökotest die Präparate genauso empfehlen würde, wie das bloße Lutschen von Bonbons. Der Unterschied: Diese machten keine (falschen) Wirkversprechen. Kinder können Bonbons allerdings erst ab circa vier oder sechs Jahren sicher lutschen, sodass man einer entsprechenden Darreichungsform als Saft wohl nicht komplett die Berechtigung auf dem Markt absprechen sollte, wenn sie ansonsten gut verträglich ist.

Problematische Hilfsstoffe

Ökotest nennt drei Hilfsstoffe, die in Medikamenten für Kinder „nichts zu suchen“ haben:

  • Alkohol
  • Chinolingelb (E 104)
  • Methylsalicylat (Wintergrünöl)

E 104 müsse in Lebensmitteln mit dem Hinweis „kann Aktivität und Aufmerksamkeit von Kindern beeinträchtigen“ gekennzeichnet werden und findet sich in „Citramin Halstabletten“ und „Lemocin Lutschtabletten“ im Test. 

Methylsalicylat ist in manchen Schmerz- und Wärmesalben nicht nur als Hilfsstoff, sondern als Wirkkomponente enthalten. Ökotest kritisiert, dass daraus Salicylsäure abgespalten werden kann, die in hohen Konzentrationen keratolytisch wirkt. „Neo-Angin Halsspray“ ist hierbei ein Negativbeispiel, weil es sowohl Wintergrünöl als auch Ethanol enthält.

Was kann man also empfehlen? Wenn es nach Ökotest geht, nur Tee und Honig.

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Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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