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NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU)
„Das bisschen Versandhandel, da besteht keine Gefahr“
Wie
schwierig es ist, im Versandhandelskonflikt eine
politische Lösung zu finden, die sowohl juristisch sicher als auch ausgewogen
ist, hat der heutige Auftritt von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann
(CDU) bei der Vorstellung einer Studie in Berlin gezeigt. Laumann hielt einerseits eine
kämpferische Rede pro Apotheke vor Ort, in der er klar machte, dass er Gegner
des Versandhandels ist. Auf die Frage, wie man die Ungleichbehandlung auflösen könnte, hatte Laumann aber keine Antwort und verharmloste den Versandhandel.
Dass die Bundesländer im Versandhandelskonflikt einen anderen Kurs fahren als die Bundespolitik, ist schon länger klar. Am deutlichsten zeigte sich dies nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung, als SPD-Landespolitiker das Rx-Versandverbot als Reaktion forderten, während die SPD-Bundesspitze beherzt für eine teilweise Freigabe der Rx-Preisbindung kämpfte. Nicht zu vergessen ist auch der Beschluss des Bundesrates zum Rx-Versandverbot. Noch 2016 sprach sich in der Länderkammer eine knappe Mehrheit für das Verbot aus.
Dass sich diese Meinung zumindest in Nordrhein-Westfalen nicht geändert hat, machte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am heutigen Montag in Berlin bei der Vorstellung der Gesundheitsstudie „Zukunft der Apotheken - Trends und Herausforderungen“ klar. Die RST Steuerberatungsgesellschaft aus Essen hatte die Studie bei Prof. Dr. Boris Augurzky (hcb GmBH) in Auftrag gegeben. Aber zurück zu Karl-Josef Laumann: Kämpferische Reden pro Apotheke vor Ort kennt man in der Landespolitik sonst vor allem aus Bayern. Doch Laumann machte mit seinem Auftritt am heutigen Montag klar, dass er in der Arzneimittelversorgung keine Alternative zur Apotheke sehe. Es fielen Sätze wie „Ich will die inhabergeführte Präsenzapotheke“, „Es muss ein Bezug zum Inhaber erhalten bleiben“ oder „Wir dürfen unseren Mittelstand nicht aufgeben“.
Laumann: Es geht um viel mehr als nur den Apothekenmarkt
Laumann sprach darüber, dass es in der Frage der Zukunft um den Apothekenmarkt nicht nur um die Apotheker gehe. Vielmehr sei diese eng verknüpft mit der ärztlichen Versorgung auf dem Land. Es gehe aber auch darum, den Mittelstand als solches zu schützen, zu dem Freiberufler und Kaufleute gehören. Der Gesundheitsminister ist auch der Meinung, dass die Apotheke an Bedeutung gewinnen wird. So sollten Apotheker beim Medikationsmanagement mitwirken und noch viel häufiger möglichst individuell beraten. Aus Apothekersicht war der politische Höhepunkt in Laumanns Rede aber erreicht, als der Minister über den Versandhandel sprach. Laumann sagte: „Wir wollen keine Versandapotheken. Punkt. Das werden wir auch in allen Abstimmungen so kundtun. Wenn man ein solches Bild von der Apotheke hat wie ich, dann kann der Versandhandel auch gar keine Alternative sein.“
„Die Große Koalition hat rumgeeiert“
In der anschließenden Diskussion wollte es Moderator Dr. Benjamin Wessinger (Geschäftsführer des Deutschen Apotheker Verlages) aber genauer wissen: Wie sieht es denn mit der Unterstützung der CDU beim Rx-Versandverbot aus? Gibt es noch realistische Chancen auf das Verbot? In der Folge zeigte sich dann schnell, dass auch Laumann das Verbot schon längst aufgegeben hat. Die Formulierung im Koalitionsvertrag zeige, dass die Große Koalition in den Koalitionsverhandlungen an dieser Stelle „rumgeeiert“ habe. Zur Erklärung: Im Vertrag hatten Union und SPD festgehalten, dass man sich für das Verbot „einsetzen“ wolle. Laumann erklärte, dass „ein gewisser Sozialdemokrat mit Fliege“ das Verbot nicht wolle. Und so kommt er zu dem Schluss: „Sie werden im Bundestag keine Mehrheit dafür finden. Ich glaube nicht, dass wir es hinkriegen.“
Laumann: Keine Gefahr durch Versandhändler
Laumanns weitere Erklärungen zu dem Thema verärgerten allerdings einige anwesende Apotheker. Der Minister sagte, dass man sich um die Apotheke keine Sorge machen müsse, selbst ohne das Verbot. „In absehbarer Zeit bestehe keine Gefahr“, schließlich sei der Marktanteil des Versandes gering. Laumann wörtlich zu einem Apotheker: „Das bisschen Versandhandel, was wir gerade haben, darüber sollten wir uns nicht aufregen.“
Hinzu komme, dass die Apotheke vor Ort viel mehr für die Arzneimitteltherapiesicherheit tue und somit immer Anlaufstelle für die Patienten bleibe. Ihm sei es viel wichtiger, Apotheken und Arztpraxen besser zu verknüpfen. Laumann sprach davon, dass sie ihre Zusammenarbeit beispielsweise bei der Ausstellung von Folgerezepten überdenken sollten. Auch beim Notdienst müsse man sich besser abstimmen, damit immer eine dienstbereite Apotheke in der Nähe einer notdiensthabenden Praxis ist. Doch Wessinger und die Apotheker ließen nicht locker und erklärten dem Minister, dass es im Versandhandelskonflikt aus ihrer Sicht eben nicht um eine „zu vernachlässigende Marktmacht“ gehe. Doch Laumann reagierte immer wieder mit dem Verweis auf die SPD, die dem Verbot nicht zustimmen werde. Der Minister wies darauf hin, dass derzeit darüber diskutiert werde, dass die Apotheker als Ausgleich mehr Honorar für die Beratung bekommen könnten.
Laumann: Apotheken sollten keine Gemischtwarenläden werden
Der NRW-Minister gab den Apothekern außerdem noch einen Tipp mit auf den Weg: Er warne davor, die Apotheke zu einem „Gemischtwarenladen“ verkommen zu lassen. Vielmehr sollten sich die Apotheker auf ihre Stärken konzentrieren: Die Beratung zu Rx- und OTC-Arzneimitteln. Laumann erklärte auch, dass er gegen jede „Schwerpunktbildung“ in der Apotheke sei. „Jede Apotheke sollte sich in der Beratung auf das Arzneimittel-Vollsortiment konzentrieren“, so der CDU-Politiker. Das Thema Impfen in der Apotheke sprach der Minister nicht wörtlich an, riet den Apothekern aber davon ab, den Ärzten Leistungen abzusprechen.
Arnold: Wir bei der ABDA sind Realisten
Ebenfalls mit von der Partie war ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold. Der Pharmazeut aus Sachsen-Anhalt stimmte mit Laumanns Meinung überein, dass das Rx-Versandverbot nicht mehr realistisch sei. Arnold wörtlich: „Wir bei der ABDA sind politische Realisten. In der Politik sucht man jetzt nach Kompromissen, wir können nicht mitentscheiden, aber werden unsere Meinung dazu sagen.“ Arnold warnte aber vor einer Vielzahl von „Fehlallokationen“ und „Fehlanreizen“, die sich durch den Versandhandel ergäben. Beispiele dafür seien, dass Patienten das Gefühl vermittelt werde, dass sie besonders viel bestellen müssten, um besonders viel zu sparen. Ebenso sei es ein Fehlanreiz, dass die Ärzte einmal in drei Monaten bei den Kassen abrechnen können, nur weil sie ein Folgerezept ausstellen.
4 Kommentare
Das bisschen Fliege mit Versandhandel ... Gefahr gebannt ...
von Christian Timme am 27.11.2018 um 16:42 Uhr
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mit Fliege
von Kleiner Apotheker am 27.11.2018 um 8:13 Uhr
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"das bisschen"
von Kassensklave am 26.11.2018 um 19:10 Uhr
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Ein bisschen wird es nach Öffnung nicht geben
von Ratatosk am 26.11.2018 um 18:53 Uhr
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