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Fachgespräch im Wirtschaftsausschuss
Dittmar: Koalitionstreue vor Honorargutachten
Voraussichtlich im Dezember wird sich der Wirtschaftsausschuss des Bundestages mit dem Honorargutachten beschäftigen. Dass das Thema nicht im Gesundheitsausschuss besprochen wird, liegt an den Gegenstimmen der Linken und der Regierungsfraktionen (Union und SPD) – wobei die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar eigentlich immer für eine Nutzung des Gutachtens war. Jetzt erklärte sie gegenüber DAZ.online: Die SPD hätte sich im Gesundheitsausschuss gerne mit der Apothekervergütung befasst, hat aber aufgrund der Koalitionstreue mit der Union gestimmt.
Mehr als 400.000 Euro hat das Bundeswirtschaftsministerium für die Erstellung des sogenannten Honorargutachtens ausgegeben. Seit Ende 2017 liegt es nun vor: Die Agentur 2HM hat den Apothekenmarkt analysiert und kommt zu drastischen Schlussfolgerungen. Sowohl das Fixum der Apotheker als auch der Großhändler müsse stark abgesenkt werden – obwohl die Gutachter gleichzeitig zugeben, dass es tausenden Apotheken wirtschaftlich nicht gut geht. Gleichzeitig empfehlen die Marktforscher der Bundesregierung und dem Gesetzgeber, von einem Rx-Versandverbot abzusehen, weil sich ein solches Verbot nicht positiv auf die Versorgung auswirken würde.
Die ABDA hat in den vergangenen Monaten immer wieder betont, dass sie über das Gutachten nicht sprechen will. Sinngemäß hieß es, dass die Grundannahmen in dem Papier so falsch seien, dass man es gar nicht erst zum Thema werden lassen will. Zumindest in der Gesundheitspolitik hat die Standesvertretung der Apotheker einige Politiker überzeugen können: Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, sagte im DAZ.online-Interview beispielsweise, dass man die Expertise nicht mehr aufgreifen müsse, wenn es nach ihr ginge.
Union und Linke: Honorargutachten passt nicht in den Gesundheitsausschuss
Und so kam es dazu, dass eine Besprechung des Honorargutachtens im Gesundheitsausschuss immer wieder scheiterte: Die Grünen hatten ein Fachgespräch wiederholt ins Spiel gebracht, Union und Linke wollten das Thema aber nicht besprechen. CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich erklärte gegenüber DAZ.online, dass das Gutachten schließlich vom Wirtschaftsministerium beauftragt worden sei und es somit gewissermaßen fachfremd sei.
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Honorargutachten landet im Wirtschaftsausschuss des Bundestages
Die Linken-Politikerin und Apothekerin Sylvia Gabelmann erklärte ihr Votum gegen eine Aussprache im Gesundheitsausschuss gegenüber DAZ.online so ähnlich: „Es wäre überhaupt ein Novum, dass der Gesundheitsausschuss sich mit einzelnen Gutachten beschäftigt, die nicht mal für den Bundestag, sondern für das Wirtschaftsministerium angefertigt worden sind. Ich möchte nicht, dass zum Schluss jede Fraktion irgendwelche Gutachten auf die Tagesordnung setzen will, die in ihre politische Agenda passen. Wir alle kamen nicht umhin, das 2HM-Gutachten zur Kenntnis zu nehmen und alle haben sich dazu positioniert. Ich sehe keinen weiteren Nutzen in einer Ausschussaussprache und stimme hier mit der Mehrzahl der anderen Fraktionen überein.“
Dittmar: Apothekenlandschaft ins öffentliche Interesse rücken
Aber warum stimmte die SPD gegen eine gesundheitspolitische Diskussion des Gutachtens? Schließlich sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Sabine Dittmar noch im März gegenüber DAZ.online, dass sie zwar auch nicht mit allen Aussagen der Gutachter übereinstimme, aber die erhobenen Daten und Analysen als „wertvoll“ erachte. Grundsätzlich bleibt Dittmar auch bei dieser Meinung. Allerdings stellt sie klar, dass die SPD sich koalitionstreu verhalte. Wörtlich erklärte sie gegenüber DAZ.online:
Dass das 2HM-Gutachten im Dezember im Wirtschaftsausschuss behandelt wird, ist ein erster Schritt, um die Diskussion über die Zukunft unserer Apothekenlandschaft wieder ins öffentliche Interesse zu rücken. Ich persönlich habe das Gutachten mit großem Interesse gelesen und bin der Auffassung, dass es auch im Gesundheitsausschuss sehr wohl eine Rolle spielen sollte. Schließlich beinhaltet es viele spannende und bemerkenswerte Ansätze und Informationen über die Apothekenlandschaft, die es zu diskutieren gilt. Da wir innerhalb der Koalition jedoch einheitlich abstimmen, haben wir uns dem Petitum der Unionsfraktionen angeschlossen und das Gutachten bislang nicht aufgesetzt.“
Weil die Grünen, nachdem sie im Gesundheitsausschuss gescheitert waren, das Honorargutachten einfach an ihre Parteikollegen im Wirtschaftsausschuss weitergegeben haben, findet nun voraussichtlich am 12. Dezember ein nicht-öffentliches Fachgespräch dazu statt. In jedem Fall dürften Vertreter der Agentur 2HM geladen werden, um das Gutachten zu erklären. Nicht ausgeschlossen ist, dass auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geladen wird.
Gabelmann: Apothekenhonorar landet noch bei uns
Dass das Thema Apothekenhonorar nun völlig an den Fachexperten im Gesundheitsausschuss vorbei läuft, davor fürchtet sich zumindest die Linken-Politikerin Gabelmann allerdings nicht. Die Apothekerin geht davon aus, dass die Bundesregierung ohnehin ein Gesetzesvorhaben zu dem Thema plant, was dann im Gesundheitsausschuss besprochen werden müsste: „Der Gesundheitsausschuss wird sich spätestens im kommenden parlamentarischen Verfahren mit Apothekenhonorierung beschäftigen“, so Gabelmann.
Warum eine Besprechung der Apothekenvergütung unabhängig vom Honorargutachten sinnvoller ist, erklärt Gabelmann so: „Schon meine Vorgängerin Kathrin Vogler hat das Gutachten inhaltlich und methodisch kritisiert. Die zugrunde liegende neoliberale Sichtweise bringt uns bei der Frage, wie im Interesse der Bevölkerung Versorgungssicherheit und Qualität der Arzneimittelversorgung gestärkt werden kann, keinen Schritt weiter. Für 2HM spielt offenbar keine Rolle, dass Apotheken Teil des Gesundheitswesens sind und gesetzliche Gemeinwohlaufgaben zu erfüllen haben. Man kann sie nicht behandeln wie Elektronikmärkte.“
5 Kommentare
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