DAV, AOK und KV Baden-Württemberg

Widerstand gegen die Importförderung wächst

Berlin - 13.09.2018, 17:00 Uhr

Eine Gesetzesregelung in der Kritik: Kippt die Importförderklausel doch noch? ( r / Foto: DAZ.online)

Eine Gesetzesregelung in der Kritik: Kippt die Importförderklausel doch noch? ( r / Foto: DAZ.online)


Der Deutsche Apothekerverband und die AOK Baden-Württemberg haben in ihrem gemeinsamen Ziel, die Importquote zum Sturz zu bringen, nun einen dritten Partner an der Seite: Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. Indessen wächst in Brandenburg der Druck, eine Bundesratsinitiative gegen die Importförderung in die Wege zu leiten. Zuletzt hatten sich die Länder 2016 mit dem Thema befasst – und sich für den Erhalt der Importförderung ausgesprochen.

Die AOK Baden-Württemberg mit ihrem Chef Dr. Christopher Hermann und der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit Fritz Becker an der Spitze haben schon seit Jahren ein Thema, bei dem sie ganz einer Meinung sind: Sie halten die Importquote für überholt und bürokratisch und fordern die Abschaffung der Importförderung. Regelmäßig leisten sich Hermann und Becker dabei einen Schlagabtausch mit den Importeuren, die auf den Erhalt der gesetzlichen Förderklausel im Sozialgesetzbuch V und der im Rahmenvertrag vereinbarten Quote pochen. 

Mit einer plastischen Grafik will die AOK Ba-Wü verdeutlichen: Gegen ihre Rabattverträge ist die Importquote ein weitgehend zahnloses Monster.

Auch diese Woche suchten DAV und AOK wieder den Schulterschluss gegen Re- und Parallelimporte: „Die mit der Importquote erzielten Einsparungen sind im Laufe der letzten zehn Jahre stark rückläufig“, betont Hermann in einer gemeinsamen Presseerklärung. Aus einem Instrument zur bescheidenen Ausgabensteuerung habe sich längst eine „planwirtschaftliche Subventionsgarantie für eine Handvoll Pharma-Reimporteure“ entwickelt. Dabei existierten weitaus wirkungsvollere Instrumente zur Ausgabensteuerung. Zudem sieht Hermann in den Parallelimporten eines der Haupteinfallstore für gefährliche Pharma-Ware: „Lange, intransparente und grenzüberschreitende Lieferketten machen Hehlerbanden und Arzneimittelfälschern in der EU das Leben relativ einfach. Ihr Geschäft ist gerade in Deutschland dank der gesetzlichen Quotenförderung besonders lukrativ“, so Hermann. Und er verweist darauf, dass auch die Taskforce „Lunapharm“ die Streichung der Importförderklausel im Sozialgesetzbuch V als Konsequenz aus dem jüngsten Skandal in Brandenburg fordert.

Becker: TSVG für die kurzfristige Streichung nutzen

Becker wiederum hält es nicht für sinnvoll, den Apotheken ein bürokratisches Prozedere zuzumuten, hinter dem nicht einmal die Krankenkassen stehen: „Die Importquote verursacht nicht nur Bürokratie, sondern gefährdet auch die Arzneimittelsicherheit. Jeder Apotheker braucht ausreichend Spielraum, um sich bei Sicherheitsbedenken im Einzelfall gegen ein Importmedikament entscheiden zu können. Die Importquotenpflicht im Sozialgesetzbuch lässt sich kurzfristig mithilfe des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) streichen.“

Auch die baden-württembergische Ärzteschaft unterstützt nun die Initiative gegen die Quote. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Dr. Norbert Metke, erklärte: „Arzneimittel spielen bei vielen Therapien eine unverzichtbare Rolle. Umso wichtiger ist die Sicherheit der Medikamente. Deshalb begrüßen wir die Maßnahme, die darauf hinwirkt, dass Patienten sichere Arzneimittel bekommen. Wir sind gerne zu Gesprächen über andere Maßnahmen zur Ausgabensteuerung bereit.“

Brandenburger Landesregierung soll Bundesratsinitiative starten

Derweil regt sich auch in Brandenburg zunehmender Widerstand gegen die Importförderung. SPD, Linke und Grüne im Brandenburger Landtag haben einen gemeinsamen Antrag eingebracht, in dem die Potsdamer Landesregierung unter anderem aufgefordert wird, „sich aktiv in die Debatte zur Abschaffung der  Importquote  (Streichung des § 129 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch V)  einzubringen und eine entsprechende Bundesratsinitiative zu erarbeiten“. Der Antrag mit dem Titel „Sicherheit bei der Arzneimittelversorgung von Patientinnen  und Patienten ausbauen, stärken und garantieren“ ist nur einer von insgesamt vier Anträgen, die Konsequenzen aus dem Lunapharm-Skandal fordern und am kommenden Montag auf der Tagesordnung des Brandenburger Landtags stehen. Auch die AfD hat einen Antrag zur „Abschaffung von gesetzlich verpflichtenden Arzneimittelimportquoten“ gestellt und sich für eine Bundesratsinitiative ausgesprochen. Im Antrag der CDU-Fraktion klingt die Forderung etwas abgeschwächter: Danach soll im Rahmen länderübergreifender und bundesrechtlicher Initiativen darauf hingewirkt werden, „dass die verpflichtende Abnahmequote von Arzneimittelimporten (§ 129 Abs. 2 SGB V) sowie das damit  zusammenhängende bürokratische Bonus/Malus-System für Apotheken grundlegend reformiert wird“.

Nun muss sich zeigen, ob daraus tatsächlich eine Bundesratsinitiative erwächst. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Länderkammer mit dem Thema befasst. 2016 hatten im Gesetzgebungsverfahren für das GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) der federführende Gesundheitsausschuss und auch der Finanzausschuss des Bundesrats empfohlen, § 129 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V zu streichen. Das Bundesratsplenum lehnte diese Empfehlung jedoch am Ende ab. 

Hennrich (CDU) gegen eine Gesetzesinitiative

Auch auf bundespolitischer Ebene hatte es zuletzt einen Korb für die Abschaffung der Importförderung gegeben: Im Interview mit DAZ.online erklärte der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich, dass er keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sehe. Wenn sich Kassen und Apotheker einig sind, könnte die Quote auch vertraglich auf Null gesenkt werden, so Hennrich.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Importquote

von Jörg Geller am 13.09.2018 um 21:13 Uhr

Es gibt alten Wein in neuen Schläuchen, scheinbar aber auch alten Wein in alten Schläuchen. Ein Kommentar erübrigt sich.

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