Mepolizumab und Tiotropium

Asthma: Zulassungserweiterungen für Kinder

Stuttgart - 03.08.2018, 09:00 Uhr

Anders als die typischen Asthma-Therapeutika, werden Biologika nicht inhaliert, sondern in größeren Abständen subkutan gespritzt. (b/ Foto: kaliantye / stock.adobe.com)

Anders als die typischen Asthma-Therapeutika, werden Biologika nicht inhaliert, sondern in größeren Abständen subkutan gespritzt. (b/ Foto: kaliantye / stock.adobe.com)


Am Donnerstag vergangener Woche hat der Humanarzneimittelausschluss der EMA eine Zulassungserweiterung für den Asthmaantikörper Mepolizumab (Nucala®) von Glaxo Smith Kline empfohlen. Der Wirkstoff soll in Zukunft auch bei Jugendlichen und Kindern ab sechs Jahren indiziert sein – als Zusatzbehandlung bei schwerem refraktärem eosinophilem Asthma. Bislang wurden Interleukin-5-Antikörper nur ab 18 Jahren empfohlen. Auch der langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonist Tiotropium ist seit 2018 für Kinder zugelassen.

Asthma kann in eosinophiles und nicht-eosinophiles Asthma unterteilt werden. Patienten mit eosinophilem und nicht-eosinophilem Asthma unterscheiden sich in ihrem Ansprechen auf ICS (inhalative Glucocorticoide). Diese Einteilung findet zunehmende Bedeutung für die Indikations-Stellung einer Biologika-Therapie, da eine Eosinophilenvermehrung das Ansprechen auf bestimmte Biologika wahrscheinlicher macht (wie Anti-IgE, Omalizumab) oder überhaupt erst ein Ansprechen voraussagt (wie bei den Anti-IL-5- Biologika Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab).

Mepolizumab und Reslizumab binden zirkulierendes Interleukin-5. Sie inhibieren so die Reifung und Aktivierung eosinophiler Granulozyten. In der Folge reduziert sich die Zahl eosinophiler Granulozyten im peripheren Blut und in der Lunge. Benralizumab bindet als humanisierter afucosylierter monoklonaler Antikörper hochaffin an die α-Untereinheit des Interleukin-5- Rezeptors (IL-5Rα) auf der Oberfläche von Eosinophilen und Basophilen.

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Die Kriterien zur Definition eines „eosinophilen“ Asthmas sind jedoch noch nicht klar geregelt. In den verschiedenen Zulassungsstudien schwanken laut Leitline die entsprechenden Werte zwischen ≥ 150 Eosinophilen/µl Blut bei Studieneinschluss bei gleichzeitigem Nachweis von 300 Eosinophilen/µl Blut im letzten Jahr (Mepolizumab) und ≥ 400 Eosinophilen/µl Blut (Reslizumab).

Ein mindestens zweimaliger Nachweis von mehr als 300 Eosinophilen pro µl Blut in den letzten zwölf Monaten außerhalb von Exazerbationen sollte laut der aktuellen deutschen Asthma-Leitlinie angestrebt werden, um das Vorhandensein eines eosinophilen Asthmas zu verifizieren. Dabei gilt es außerdem zu beachten, dass eine Therapie mit systemischen Glucocorticoiden die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Blut verringert.  

Mepolizumab: neu für Kinder mit schwerem refraktärem eosinophilem Asthma

Mepolizumab (Nucala® von GSK) soll nun seit dem 26. Juli in Zukunft nicht mehr nur als Zusatzbehandlung bei schwerem refraktärem eosinophilem Asthma bei erwachsenen Patienten indiziert sein, sondern auch bei Kindern ab sechs Jahren. Das empfiehlt der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der EMA ( European Medicines Agency). Zum ersten Mal zugelassen wurde Mepolizumab im Dezember 2015. Wie das Biologikum nach der Zulassung bei Kindern anzuwenden sein wird, wird die EMA noch veröffentlichen.

Die neueste Asthma-Leitlinie und Tiotropium für Kinder

Ende 2017 erschien eine neue S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Asthma. Die darin enthaltenen pädiatrischen Empfehlungen zur medikamentösen Asthma-Therapie beziehen sich auf Kinder ab dem sechsten Geburtstag. Klein- und Vorschulkinder sind somit als eigene Patientengruppe zu betrachten und von der Darstellung in den Leitlinien ausgenommen. In der abgelaufenen nationalen Versorgungsleitlinie Asthma wurde auch speziell auf Kleinkinder eingegangen, sie befindet sich derzeit aber in Überarbeitung. 

Erweiterung der Asthma-Indikation von Tiotropium für Kinder

Für Kinder und Jugendliche gilt laut Leitlinie, dass bei unzureichender Asthmakontrolle unter einer Therapie in Stufe drei die Vorstellung in einem spezialisierten Zentrum beziehungsweise bei einem Kinderpneumologen zur Klärung erwogen werden sollte. Vor dem Übergang auf Therapiestufe vier sollte das Asthma von Kindern und Jugendlichen also diagnostisch neu evaluiert werden. In Stufe vier werden dann ICS in mittlerer bis hoher Dosis in einer fixen Kombination mit einem LABA (langwirksamen Beta-2-Agonisten) und/oder mit einem LTRA (Leukotrienrezeptor-Antagonist, Montelukast) eingesetzt.

Tiotropium ist für Erwachsene mit ungenügender Asthma-Kontrolle trotz Behandlung mit ICS und LABA sowie mindestens einer Exazerbation im letzten Jahr eine Option zur Therapie-Eskalation in Stufe vier. Auch für Kinder und Jugendliche gibt es Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit, jedoch bestand bei Erstellung der Leitlinie in Deutschland keine Zulassung für Kinder (Stand 2017). Mittlerweile wurde die Indikation wie folgt erweitert: „Tiotropium ist indiziert als zusätzlicher dauerhaft einzusetzender Bronchodilatator bei Patienten ab 6 Jahren mit schwerem Asthma, die im Vorjahr mindestens eine schwere Exazerbation erfahren haben.“

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In einer deutschen Pressemitteilung vom 7. Juni 2018 von Boehringer Ingelheim heißt es, dass das BfArM die Erweiterung der Asthma-Indikation durch die EMA am 9. Mai 2018 bestätigt hat. Die Indikationserweiterung erfolgte auf den Abschluss des dezentralen europäischen Variationsverfahrens am 9. März 2018. 

Biologika in der Asthma-Leitlinie: Omalizumab für Kinder

Omalizumab (Antikörper gegen Immunglobulin E) wird bei schwergradigem allergischem Asthma empfohlen, das durch eine Stufe-4-Therapie nicht adäquat zu kontrollieren ist. Zugelassen ist Omalizumab für Kinder ab sechs Jahren, Jugendliche und Erwachsene – ab dem siebten Lebensjahr ist Omalizumab laut Leitlinie also eine Option in der Asthmatherapie-Stufe fünf, additiv zur Stufe vier.

Vor dem Omalizumab-Einsatz muss ein Allergietest eine Reaktivität gegen ein ganzjährig auftretendes Aeroallergen zeigen und bei Kindern über zwölf Jahren eine reduzierte Lungenfunktion vorliegen. Die Patienten leiden zudem häufig unter Symptomen während des Tages oder an nächtlichem Erwachen. Trotz täglicher Therapie mit einem hochdosierten ICS und einem LABA wurden vor der Omalizumab-Therapie schwere Exazerbationen dokumentiert. Allerdings ist ein Ansprechen auf Omalizumab nicht garantiert, auch wenn die Patienten alle genannten Kriterien erfüllen. Der Therapieerfolg sollte deshalb über mindestens vier Monate von erfahrenen Ärzten beurteilt werden, danach in jährlichen Intervallen. Omalizumab kann auch bei Patienten ohne Allergienachweis wirksam sein, ist dafür aber nicht zugelassen.

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Die Behandlung mit Omalizumab sollte nur bei Patienten in Betracht gezogen werden, bei denen von einem IgE (Immunglobulin E)-vermittelten Asthma ausgegangen werden kann. Mepolizumab und Reslizumab richten sich nicht gegen IgE sondern gegen Interleukin-5. Sie werden wie oben beschrieben bislang ab 18 Jahren bei schwergradigem eosinophilem Asthma empfohlen, das durch eine Stufe-4-Therapie nicht kontrolliert wird. Auch hier sprechen nicht alle Patienten auf die Therapie an. 

Während Mepolizumab nun also wahrscheinlich auch bald für Kinder zugelassen wird, heißt es bei Reslizumab weiterhin: „Die Sicherheit und Wirksamkeit von Reslizumab ist bei Kindern und Jugendlichen im Alter von bis zu 17 Jahren für das Anwendungsgebiet des Arzneimittels nicht erwiesen. Es liegen keine Daten für Kinder im Alter von bis zu 11 Jahren vor. Eine Dosierungsempfehlung kann anhand zurzeit vorliegender Daten zu Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren nicht gegeben werden.“ Reslizumab ist als Zusatztherapie also weiterhin nur bei erwachsenen Patienten indiziert, die an schwerem eosinophilem Asthma leiden, das trotz hochdosierter inhalativer Corticoide plus einem anderen Arzneimittel zur Erhaltungstherapie nur unzureichend zu kontrollieren ist.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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