Zervixkarzinom und andere anogenitale Tumoren

STIKO empfiehlt HPV-Impfung für Jungen

Stuttgart - 08.06.2018, 17:50 Uhr

Auch Jungen sollen laut STIKO gegen HPV geimpft werden - zum eigenen Schutz und im Sinne der „Herdenimmunität“. (Foto: Ilike / stock.adobe.com)

Auch Jungen sollen laut STIKO gegen HPV geimpft werden - zum eigenen Schutz und im Sinne der „Herdenimmunität“. (Foto: Ilike / stock.adobe.com)


Die Ständige Impfkommission gleicht ihre Impfempfehlung zum Schutz vor humanen Papillomaviren an: Bislang empfiehlt die STIKO die HPV-Impfung ausschließlich neun- bis maximal 17-jährigen Mädchen. Ab August 2018 sollen sich nach Ansicht der Impfexperten auch Jungen in diesem Alter mit Cervarix® oder Gardasil® gegen die Gebärmutterhalskrebs auslösenden Viren immunisieren.

Die Ständige Impfkommission hat getagt. Ihr jüngster Beschluss: „Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) für alle Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren. Eine Nachholimpfung wird bis zum Alter von 17 Jahren empfohlen“. Noch ist die neue Impfempfehlung nicht offiziell – das wird sie erst mit Veröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 34/2018. Dieses erscheint im August dieses Jahres.

Erstattet die GKV die HPV-Impfung auch für Jungen?

Ob die Krankenkassen künftig den HPV-Schutz für Jungen übernehmen, liegt in der Hand des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Nach offizieller STIKO-Empfehlung entscheidet dieser innerhalb von drei Monaten, ob – wie für Mädchen – auch die HPV-Impfung für männliche Jugendliche in die Schutzimpfungsrichtlinie aufgenommen wird. In der Regel folgt der G-BA den STIKO-Empfehlungen. Jüngstes Beispiel hierfür ist der Entscheid zur tetravalenten Grippeimpfung aus dem April 2018: Mit Beginn der kommenden Influenzasaison 2018/19 gilt für alle GKV-Patienten der Vierfachgrippeschutz als Standardimpfung.

Bereits seit 2007 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) Mädchen eine Impfung gegen das Humane Papillomavirus (HPV). Bis 2014 sah sie als optimales Impfalter zwölf bis 17 Jahre vor, 2014 senkte die STIKO dieses auf neun bis 14. In diesem Zeitraum sollen Mädchen - und künftig auch Jungen - zwei Impfungen im Abstand von mindestens fünf Monaten erhalten. Ist der Zeitraum zwischen den einzelnen Impfdosen kürzer oder bei Nachholimpfung bei über 14-Jährigen muss eine dritte Impfdosis appliziert werden.

Ziel der HPV-Impfung war und ist, die Rate an Gebärmutterhalstumoren zu reduzieren. Laut RKI erkranken pro Jahr etwa 4600 Frauen an einem Zervixkarzinom, 1500 versterben daran.

Warum sollen sich Jungen gegen HPV impfen lassen?

HP-Viren können anogenitale Tumoren begünstigen, das bekannteste und häufigste Karzinom ist hier Gebärmutterhalskrebs. Neben dem Zervixkarzinom und Tumoren der Scheide und Vulva können HP-Viren auch ursächlich für Anal- und Penistumoren sein. Von einer Impfung können folglich auch männliche Jugendliche profitieren. Zudem kommt auch der Herdenimmunität eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu: „Männer sind sexuell aktiver als Frauen und verbreiten HPV dadurch häufiger. Ganz plakativ gesagt: Würden wir nur die Jungs impfen, würden wir wahrscheinlich mehr Fälle von Gebärmutterhalskrebs verhüten als mit der ausschließlichen Impfung der Mädchen!“, erklärte Professor Dr. med. Harald zur Hausen bei einer im Mai 2018 stattfindenden Fortbildungsveranstaltung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg zu humanen Papillomaviren. Der Mediziner zur Hausen erhielt für die Entdeckung eines Zusammenhangs einer Infektion mit bestimmten HPV-Typen und der Entstehung von Zervixkarzinomen 2008 den Nobelpreis für Medizin.

Welche HPV-Impfstoffe gibt es – und welchen dürfen Jungen bekommen?

In Deutschland sind mehrere Impfstoffe zum Schutz vor HP-Viren auf dem Markt. Eine Impfung gegen alle HPV-Typen existiert nicht – was bei mittlerweile etwa 170 Virustypen auch unmöglich wäre. Derzeit schützt Cervarix® (GlaxoSmithKline) gegen die Subtypen 16 und 18, Gardasil® (nur noch Importe in Deutschland verfügbar) und Silgard® (beide MSD) immunisieren zusätzlich gegen die Virustypen 6 und 11. Am umfassendsten ist die seit 2015 verfügbare Impfung Gardasil® 9, der neunvalente HPV-Impfstoff schützt vor den Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52, 58.

Die Zulassung umfasst „Personen ab einem Alter von neun Jahren“. Somit können männliche Jugendliche, analog den Mädchen, mit allen verfügbaren Vakzinen geimpft werden.

Was bedeuten diese Subtypen-Nummern bei HPV?

Humane Papillomaviren zählen zu den sexuell am häufigsten übertragenen Infektionen. Das RKI schätzt, dass sich sexuell aktive Menschen mindestens einmal im Leben mit HP-Viren anstecken. Papillomaviren infizieren Haut und Schleimhäute und können dort – je nach Subtyp – zu einer ungefährlichen Warzenbildung (Niedrigrisiko-Typen) führen oder auch maligne Veränderungen hervorrufen (Hochrisiko-Typen). Insbesondere die Virussubtypen 16 und 18 stehen im Zusammenhang mit der Pathogenese anogenitaler Tumoren. Bei Zervixkarzinomen lassen sich in nahezu 100 Prozent der Fälle Infektionen mit HPV- Hochrisiko-Typen nachweisen. Die bekanntesten Niedrigrisiko-Typen sind HPV 6 und HPV 11 – sie infizieren vorrangig Geschelchtsorgane und After und lösen dort gutartige Genitalwarzen, sogenannte Feigwaren, Kondylome) aus.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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