Neufassung veröffentlicht

Therapie von Migräneattacken – das sagt die Leitlinie

Stuttgart - 30.04.2018, 16:30 Uhr

Da viele Wirkstoffe ohne Rezept zu haben sind, kommt man in der Apotheke öfter in die Situation, Migränepatienten in der Selbstmedikation zu beraten. (Foto: gearstd / stock.adobe.com)

Da viele Wirkstoffe ohne Rezept zu haben sind, kommt man in der Apotheke öfter in die Situation, Migränepatienten in der Selbstmedikation zu beraten. (Foto: gearstd / stock.adobe.com)


ASS oder Ibuprofen? Gleich ein Triptan oder erst NSAR? Kann man gegebenenfalls Triptane mit anderen Schmerzmitteln kombinieren? Seit vergangenem Donnerstag ist die neuste Fassung der S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ online. Wir haben die wichtigsten Empfehlungen für die Behandlung einer Attacke zusammengestellt. 

Bis Januar 2021 ist die aktuelle S1-Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ gültig. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat sie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft erstellt und vergangene Woche veröffentlicht

Migräne

Thema: Kopfschmerzen

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Die Neuerungen in der Leitlinie sind für die Beratung in der Apotheke weniger relevant. Sie drehen sich vor allem um die Prophylaxe. So geht es zum Beispiel um die Prophylaxe der chronischen Migräne mit oder ohne Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln. Hier ist nur für Topiramat und Onabotulinumtoxin A die Wirksamkeit ausreichend belegt. Zudem wurden Untersuchungen zur Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen ausgewertet – und zwar mit Valproinsäure, Topiramat und Amitriptylin. Für diese Substanzen sehen die Experten keine Überlegenheit gegenüber Placebo.

Wie behandelt man nun aber eine Migräneattacke leitliniengerecht?

NSAR oder Triptan?

Die Leitlinie empfiehlt, leichtere und mittelstarke Migräneattacken zunächst mit Analgetika, wie Acetylsalicylsäure und nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR), zu behandeln. Teilweise wirken diese Substanzen auch bei schweren Attacken. Am besten belegt ist die Wirkung für Acetylsalicylsäure und Ibuprofen. Zudem spielt auch die Formulierung eine Rolle. So werden Brausetabletten schneller aufgenommen und wirken daher auch schneller. Um der Gefahr eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes vorzubeugen, sollen Monoanalgetika weniger als 15 Tage pro Monat eingenommen werden. Bei Kombinationspräparaten liegt die Schwelle für einen Übergebrauch-Kopfschmerz bereits bei zehn und mehr Tagen. 

200, 400 oder 600 mg Ibuprofen?

200 mg sind schwächer wirksam als 400 mg. Daher werden Dosierungen ab
400 mg empfohlen. Zwischen 400 mg und 600 mg verläuft die Dosis-Wirkungskurve jedoch flach. 

Die empfohlene ASS-Dosis beträgt 900 bis 1000 Milligramm*. 

*Korrektur: In einer ursprünglichen Version des Artikels hieß es fälschlicherweise Gramm statt Milligramm. 

Wann kommen Triptane zum Einsatz? 

Bei Attacken, die nicht auf ASS oder NSAR ansprechen, sind 5-HT1B/1D-Agonisten, die sogenannten Triptane, die Mittel der Wahl – für sie ist die Wirksamkeit am besten nachgewiesen. Folgende Wirkstoffe sind derzeit verfügbar: Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und Zolmitriptan. Naratriptan (Formigran® und Generika) und Almotriptan (Dolortriptan®) sind auch in der Selbstmedikation zu haben. Die Wirkung von Almotriptan tritt schneller ein, bei Naratriptan hingegen ist der Wirkeintritt langsamer, dafür hält die Wirkung länger an. Treten die Kopfschmerzen nach initialer Wirksamkeit eines Triptans wieder auf, kann eine zweite Dosis nach frühestens zwei Stunden gegeben werden. Ist die erste Gabe eines Triptans unwirksam, hat auch eine zweite Dosis meist keinen Effekt, es sei denn, die erste Dosis wurde erbrochen. In diesen Fällen sollte als Ersatz ein Nicht-Opioid-Analgetikum eingesetzt werden.

Triptane zur Diagnosestellung? 

Triptane sind spezifische Migränetherapeutika. Da liegt die Idee, sie zur Diagnosestellung zu verwenden, nicht so fern: Spricht der Kopfschmerz an, war es Migräne. Davon rät die Leitlinie jedoch ab, weil Triptane auch bei Migräne unwirksam und zum Beispiel bei bestimmten sekundären Kopfschmerzen wirksam sein können. 

Je früher Triptane bei einer akuten Attacke eingenommen werden, desto besser wirken sie. Grundsätzlich wirken sie aber zu jedem Zeitpunkt der Attacke. Zu häufig sollten sie allerdings nicht zum Einsatz kommen – es besteht auch hier die Gefahr des Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerzes. Die Leitlinie spricht von einer Schwelle von zehn oder mehr Einnahmetagen im Monat über mindestens drei Monate.

Zeigt eine Monotherapie keine ausreichende Wirkung, kann ein Triptan mit einem NSAR kombiniert werden. Daten über eine bessere Wirksamkeit gibt es insbesondere für Naproxen. Groß scheint der Effekt jedoch nicht zu sein. Allerdings ist die Nebenwirkungsrate erhöht. Triptane und NSAR können initial gemeinsam gegeben werden. Oder wenn das Triptan nicht ausreichend wirkt, kann zusätzlich ein schnell wirksames NSAR gegeben werden. 

Antiemetika bei Übelkeit und Erbrechen

Bei ausgeprägter Übelkeit und Erbrechen sind Domperidon und MCP (Metoclopramid) die Mittel der Wahl. Letzteres kann gegebenenfalls auch als Suppositorium gegeben werden. MCP scheint die Resorption und somit die Wirkung der Triptane zu verbessern – das wurde zumindest für Sumatriptan gezeigt. Dennoch sollten sie nicht generell mit Analgetika oder Triptanen kombiniert werden. Ihr Einsatz sollte sich auf die gezielte Behandlung von starker Übelkeit und Erbrechen beschränken. Dimenhydrinat scheint bei einer akuten Migräneattacke bei Behandlung der Übelkeit nicht signifikant wirksam zu sein. 

Stellenwert der Mutterkornalkaloide

Ergotamine sind hinsichtlich ihrer Wirksamkeit den Triptanen unterlegen, bei einem gleichzeitig schlechteren Nebenwirkungsprofil. Sie gelten daher nicht als Mittel der Wahl.

Die Wirksamkeit nicht medikamentöser Verfahren wurde in der Therapie von akuten Migräneattacken nicht ausreichend untersucht.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Migräne mindern

von Julian Stutz am 17.05.2019 um 17:36 Uhr

Ich habe selber starke Migräne und bekomme Sie nicht richtig weg, durch das Team von Kopfschmerzen Formel, die mir geholfen haben wie ich mit Übungen und diesem Medikament kaum noch Migräne habe.
https://www.kopfschmerzen-formel.de/#

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Faktor 1000

von Frank Gramberg-Schmidt am 30.04.2018 um 17:30 Uhr

"Die empfohlene ASS-Dosis beträgt 900 bis 1000 Gramm."

Die Dosis dürfte schon schlucktechnisch problematisch werden ;-)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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