Erster Antikörper zur Prophylaxe von Migräne

Erenumab reduziert Migräne-Attacken

Stuttgart - 01.12.2017, 13:15 Uhr

Potenzial von Erenumab in der Migräneprophylaxe. (Foto: Photographee.eu / stock.adobe.com) 

Potenzial von Erenumab in der Migräneprophylaxe. (Foto: Photographee.eu / stock.adobe.com) 


FDA und EMA haben die Zulassungsanträge von Erenumab bereits akzeptiert. Neue Daten zum Migräne-Antikörper hat nun das New England Journal of Medicine veröffentlicht: 140 mg Erenumab reduzierten monatliche Migräne-Attacken um 3,7 Tage, und die Patienten benötigten weniger Migräne-Akutmedikation. Jüngst sorgte Erenumab hinsichtlich seines kardiovaskulären Sicherheitsprofils aber für Aufmerksamkeit. 

Während die US-amerikanischen und europäischen Arzneimittelbehörden, FDA und EMA, die Zulassungsanträge für Erenumab, den ersten Antikörper in der Migräne-Prophylaxe, prüfen, war Novartis nicht untätig. Das forschende Pharmaunternehmen hinter Erenumab hat seinen CGRP-Antikörper in einer weiteren Phase-III-Studie „Strive“ untersucht. Primärer Endpunkt? „Die Veränderung der mittleren monatlichen Migränetage von der Baseline“. Die Ergebnisse von Strive wurden nun im „New England Journal of Medicine“ publiziert.

955 Patienten nahmen an der sechsmonatigen Strive-Studie teil. Die Patienten litten vor der Behandlung im Schnitt an vier bis 14 Tagen pro Monat an Migräneattacken, im Mittel an 8,3 Tagen. Strive unterteilte die Patienten in Kollektive: Eine Gruppe erhielt 70 mg Erenumab monatlich, die zweite die doppelte Dosis mit 140 mg Erenumab. Im dritten Studienarm therapierten die Ärzte die Migräne-Patienten mit Placebo.

Wie wirkt Erenumab?

Erenumab bindet selektiv an den Rezeptor des Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP). CGRP ist als proinflammatorisches Neuropeptid stark gefäßerweiternd und zentral an der Schmerzauslösung sowie der neurogenen Entzündung beteiligt. Da Patienten während akuter Migräneattacken erhöhte CGRP-Spiegel aufweisen, wird CGRP eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung des Migräne-Schmerzes zugeschrieben. Die CGRP-These wird dadurch erhärtet, dass Injektionen des Neuropeptids bei Migränikern Anfälle auslösen können.

140 mg reduziert Migräne-Attacken signifikant

Bei Patienten unter der höheren Erenumab-Dosis von 140 mg monatlich subkutan, reduzierten sich die Migränetage signifikant um 3,7 Tage. Mit 70 mg Erenumab litten die Patienten im Durchschnitt an 3,2 Tagen weniger pro Monat an Migräne. Patienten unter Placebo hatten im Durchschnitt nur 1,8 weniger monatliche Migränetage.

Etwa 50 Prozent der Erenumab-Patienten mit 140 mg konnten ihre monatlichen Attacken halbieren. Mit 70 mg Erenumab gelang die Reduktion der Migräneattacken um die Hälfte bei 43,3 Prozent der Migräne-Patienten, während Placebo diesen Erfolg bei 26,6 Prozent erreichte.

Migräne-Prophylaxe mit Erenumab: Sicher und verträglich?

Novartis untersuchte auch sekundäre Endpunkte in der Strive-Studie: Benötigen die Migräne-Patienten weniger akute Migräne-Therapeutika? Verbessert Erenumab die Lebensqualität – also, dass die Patienten ihren Alltag besser bewältigen und aufstehen oder Hausarbeiten erledigen können? Die Patienten benötigten signifikant seltener migränespezifische Akut-Medikationen. Laut Selbsteinschätzung der Patienten gelang ihnen auch der Alltag besser mit Erenumab-Therapie als unter Placebo.

Hinsichtlich der Nebenwirkungen scheint der CGRP-Antikörper ein vergleichbares Sicherheitsprofil wie Placebo zu haben. Nebenwirkungen, die Patienten zum Abbruch der Behandlung veranlassten, traten in der Placebo-Gruppe mit 2,5 Prozent sogar häufiger auf als im Erenumab-Kollektiv (2,2 Prozent). Insgesamt beendeten 90 Prozent der Erenumab-Patienten die Strive-Studie.

Auch in früheren Studien zeigte sich Erenumab nicht kritischer hinsichtlich der Nebenwirkungen als Placebo. Auch für Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen scheint der Antikörper verträglich zu sein: In einer kardiovaskulären Sicherheitsstudie untersuchte Novartis die unerwünschten Wirkungen von Erenumab bei Patienten mit stabiler Angina pectoris und fand bislang keine signifikanten Unterschiede zwischen Placebo und Erenumab mit einer Dosierung von 140 mg hinsichtlich des Auftretens von Angina-pectoris-Schmerz und myokardialen Ischämien sowie EKG-Veränderungen unter Belastung. Was die unerwünschten Arzneimittelwirkungen betrifft, war Erenumab auch in dieser Untersuchung mit Placebo vergleichbar oder sogar verträglicher: 27 Prozent unter Erenumab und 32 Prozent unter Placebo.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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