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Interview mit der Charité Berlin (Teil 1)
Ketamin zur Therapie schwerer Depressionen
Schon mehr als 100 Patienten mit Ketamin behandelt
„Gegenwärtig therapieren wir einen Patienten mit Ketamin“, erklärt Professor Bajbouj von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité. Im Lauf der vergangenen Jahre hat der Arzt allerdings bereits mehr als 100 Ketamin-Patienten betreut – und spricht bei Ketamin aus einem reichen Erfahrungsschatz.
„Ketamin
erhalten nur Patienten mit schweren, therapieresistenten Depressionen, bei
denen bisherige antidepressive Behandlungen versagt haben“, erklärt der
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie seine Patientenklientel, für die
Ketamin überhaupt infrage kommt. Professor Bajbouj behandelt mit Ketamin
vorwiegend Patienten, die unter unipolaren Depressionen leiden. Diese machen
etwa 80 bis 90 Prozent seiner Ketaminpatienten aus. Die übrigen Patienten
bekommen Ketamin während schwerer depressiver Episoden im Rahmen einer bipolaren
Störung.
Die Charité behandelt mehr Frauen als Männer mit dem ursprünglich in der Injektionsanästhesie zu findenden Wirkstoff. Das ist allerdings der Tatsache geschuldet, dass Frauen an Depressionen schlichtweg häufiger erkranken als Männer: Die 12-Monatsprävalenz für eine unipolare Depression beziehungsweise eine Major Depression liegt für Frauen etwa doppelt so hoch wie für Männer.
Wie sieht die Behandlung mit Ketamin aus?
Ein Ketamin-Behandlungszyklus dauert zwei Wochen und umfasst insgesamt sechs Ketamin-Infusionen. Die Erkrankten erhalten Ketamin dreimal pro Woche als 40-minütige intravenöse Infusion. Der Behandlungszyklus ist damit abgeschlossen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Ketamin nur eine einmalige Behandlungsoption darstellt. „Bei den wenigen Patienten, die wirklich gut ansprechen, machen wir in größeren Intervallen eine Auffrischung“, erklärt Bajbouj. Zum Einsatz kommt sowohl Ketamin als Racemat als auch das enantiomerenreine S-Ketamin. Bis auf eine Dosisanpassung „macht das nach unseren Erfahrungen ansonsten keinen Unterschied“, erklärt der Charité-Mediziner.
Eine große Befürchtung sei gewesen, dass es bei Patienten unter Ketamin zu unerwünschten psychotischen Erscheinungen komme, sagt Bajbouj. In der Anästhesie schwächen Ärzte dieses, für manche Patienten als unangenehm empfundene, psychotische Erleben mit Midazolam ab. Diese Erfahrungen hat Bajbouj bislang nicht gemacht, so dass seine Ketaminpatienten auch während der Aufwachphase keine Midazolam-Komedikation erhielten.
Eine antidepressive Therapie, die nur zwei Wochen dauert? Das klingt fantastisch – vergleicht man die wochen-, monate- oder teilweise gar jahrelang dauernden Therapiestrategien mit klassischen antidepressiven Wirkstoffen. Nur: Wie lange hält der antidepressive Effekt an? Sind die Patienten anschließend gesund und geheilt?
Die Antwort lesen Sie in den kommenden Tagen im zweiten Teil des Ketamin-Interviews auf DAZ.online: Heilt Ketamin eine Depression?
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