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Kritik des WidO
AOK-Institut: „Wegen Gilead bleibt die HIV-Therapie teuer“
Das wissenschaftliche Institut der AOK übt heftige Kritik am Geschäftsgebaren der Firma Gilead. Das Unternehmen sichere sich mit geringfügig veränderten Versionen von patentfreien HIV-Wirkstoffen seine Pfründe. Diese verkaufe es als nebenwirkungsärmer. Gilead stehe so dem Einsatz kostengünstiger Generika entgegen. Konkret geht es dabei um Descovy®, das eine Weiterentwicklung des mittlerweile patentfreien Truvadas® darstellt und dessen Zusatznutzen umstritten ist.
„Mit pharmatypischen Schachzügen hält Gilead den aufkommenden Preiswettbewerb von Generika-Konkurrenten klein und ihren Gewinn hoch.“ Das wirft das wissenschaftliche Institut der AOK (WidO) dem Unternehmen vor. Gilead ist der weltweit führende Anbieter von Arzneimitteln gegen HIV. Laut AOK geht jeder zweite Euro, der in diesem Bereich ausgegeben wird, an Gilead. Noch vor zehn Jahren war es nur etwa jeder fünfte. Lange war Gileads Truvada absoluter Umsatz-Spitzenreiter bei den HIV- Arzneimitteln.
Truvada®
enthält eine Kombination aus Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil. Kurz bevor das Patent ablief, brachte die Firma
eine neue Variante von Tenofovir auf den Markt: Tenofoviralafenamid statt wie
bisher Tenofovidisoproxil. Wieder in fixer Kombination mit Emtricitabin – aber unter
neuem Namen, Descovy®, und mit neuem Patentschutz. Im Unterschied zu
Tenofovirdisoproxil ist Tenofoviralafenamid im Plasma stabil und
wird erst in den Zellen enzymatisch von Cathepsin A zu Tenofovir umgewandelt.
Das soll zu mehr Selektivität und somit zu besserer Wirksamkeit bei
geringeren Nebenwirkungen führen.
Patentablauf Truvada® schmerzt Gilead nicht
Das sah der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) jedoch anders. Er konnte keinen Zusatznutzen für die Patienten feststellen. Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) erklärte in einer Stellungnahme zu Tenofoviralafenamid bei der Hepatitis-B-Behandlung allerdings, dass der angeblich geringere Schaden des neuen Produktes in den von Gilead durchgeführten Studien nicht belegt sei. Vielmehr deuteten einige Ergebnisse darauf hin, dass sogar mehr neurologische Nebenwirkungen als unter dem in Truvada® enthaltenen Tenofovirdisoproxil auftreten.
Die Leitlinien der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) empfehlen einen Therapiewechsel ausschließlich bei Versagen, Nebenwirkungen, Problemen mit dem Einnahmeregime, Schwangerschaft, Begleittherapien oder Arzneimittelinteraktionen. Trotzdem sind die Verordnungsmengen von Descovy® sehr schnell angestiegen. Es hat mittlerweile Truvada® an der Spitze der Umsatzbringer abgelöst. Gilead hat demnach der Patentablauf von Truvada® nicht wehgetan.
1 Kommentar
AOK Institut
von Dr. Matthias David Vogelsgesang am 29.11.2017 um 14:20 Uhr
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