Stiftung Warentest checkt Zyklus-Apps

Verhütung goes digital?

Stuttgart - 22.11.2017, 15:30 Uhr

Nicht viel genauer als der Blick durch die Kristallkugel: Zyklus-Apps. (Foto: Victor / stock.adobe.com)

Nicht viel genauer als der Blick durch die Kristallkugel: Zyklus-Apps. (Foto: Victor / stock.adobe.com)


Datenschutz und Privatsphäre: Wer bekommt die Zyklusdaten der Userinnen?

Nur vier Apps fordern aktive Daten ihrer Userinnen ein. Frauen, die natürlich verhüten, messen in der Regel ihre morgendliche Temperatur und die Konsistenz des Zervixschleims. Um die Tage des Eisprungs steigt die Basaltemperatur und die Viskosität des Zervixschleims sinkt. „Lady Cycle“, die beiden „My NFP“, „Lily“ und „Ovu View“ nutzen diese sympto-thermale Methode zur Empfängnisverhütung. „My NFP“ gib es einmal für Android-Betriebssysteme und einmal für iOS-Nutzer. „Lady Cycle“ funktioniert nur auf Android-Smartphones.

Lediglich „Lady Cycle“ und „My NFP“ schneiden gut ab. Und zwar bei der Mess- und Prognosegenauigkeit, ebenso im Gesamturteil. Sie ziehen als Gesamtsieger aus der Stiftung-Warentest-Arena. Bei den anderen beiden Apps können die Anwenderinnen auswählen, welche Methode sie nutzen möchten. Nicht automatisch ist das dann die sympto-thermale. Das findet Stiftung Warentest wenig gut: „unsicher und unpraktisch“ lautet das Fazit und das schlägt sich im Gesamturteil nieder. „Lily“ schafft noch befriedigend, für „Ovu View“ reicht es gerade noch zu einem „mangelhaft“. 

Ungenaue Apps und sündhaft teure Thermometer

„Ovy“ und „Natural Cycles“ beschreiten den goldenen Weg der Mitte: Sie basieren ihre Zyklusrechnung zur Ermittlung der fruchtbaren Phase auf Durchschnittswerte, zusätzlich sollen die Frauen aber ihre Basaltemperatur messen. Und wenn beides nicht zusammenfällt? Schwierig, in jedem Fall zur Verhütung unsicher – das rügt Stiftung Warentest mit „mangelhaft“.

Manche der Zyklus-App-Anbieter, darunter „Ovy“ und „Natural Cycles“, wollen es den jungen Frauen zusätzlich einfach machen: Sie bieten Thermometer an – für schlappe 15 bis 25 Euro. Allerdings können die Hochpreiser die mangehalfte Software der App-Anbieter auch nicht ausgleichen. Außerdem können die Thermometer wohl auch nicht mehr als jedes herkömmliche Thermometer aus der Apotheke – die Temperatur messen.

App-Anbieter sind zu neugierig

Neben den ungenauen Daten, die die meisten App-Anbieter als Rechenbasis nutzen, ist hauptsächlich der Datenschutz ein Problem. Das Einhalten der Privatsphäre und das Datensendeverhalten. Auf die Privatsphäre nehmen viele Apps keine Rücksicht; sie akzeptieren keine Pseudonyme und fordern tatsächliche Namen, Geburtsdatum und teilweise noch weitere Gesundheitsdaten. Auch hinsichtlich des Datensendeverhaltens könnten sich die Zyklus-App-Anbieter häufig noch entwickeln. Bei manchen lassen sich die User zurückverfolgen, was beispielsweise zur gezielten Werbeschaltung genutzt werden kann. Die Kombination „Privatsphäre: sehr gut bis gut“ und „Datensendeverhalten: unkritisch“ schafften „Lady Cycle“, „My NFP“ – allerdings nur für iOS – und „Lily“.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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