MDR

Sollen Apotheker gegen Grippe impfen?

Stuttgart - 02.11.2017, 12:45 Uhr

In welche heilberuflichlichen Hände gehören Grippeimpfungen? Ärzte und Apotheker? (Foto: doroguzenda / Stock.adobe.com) 

In welche heilberuflichlichen Hände gehören Grippeimpfungen? Ärzte und Apotheker? (Foto: doroguzenda / Stock.adobe.com) 


Sollen Apotheker impfen oder nicht? Diese Frage treibt das Gesundheitswesen immer wieder um, insbesondere zu Zeiten, in denen die Grippeimpfung ansteht. Die vergangenen Grippejahre waren laut RKI von Impfmüdigkeit geprägt. Erhöht eine Apotheken-Impfung die Impfquote? Sollte Arzneimittel-Abgabe und Anwendung strikt getrennt bleiben wie im Edikt von Salerno festgelgt? Beim MDR äußerten sich Arzt und Apotheker hierzu.

Ergänzen Apotheker das Grippeimpfungsangebot der Ärzte, könnte dies die durchaus verbesserungswürdigen Impfquoten in der Bundesrepublik erhöhen. Dieses Argument führen Befürworter der Apotheken-Impfung gern ins Feld, wenn es um die Ausweitung der pharmazeutischen Kompetenz bei der präventiven Maßnahme gegen Grippe geht. Gegner der Apotheken-Impfung argumentieren mit dem Edikt von Salerno, dass Arzneimittel-Anwendung und Abgabe getrennt sein sollten. Der MDR hat die Apotheken-Impfung nun auch beleuchtet.

Ärztin: Keine besseren Impfquoten durch Apothekenimpfung

Sowohl eine Ärztin als auch ein Apotheker äußern sich beim MDR-Beitrag zur Ausweitung der Impfkompetenz für Apotheker. Sie sind sich einig, dass diese auch weiterhin und ausschließlich in die medizinische Hand des Arztes gehöre. Die Kinderärztin argumentiert, dass Länder mit pharmazeutischer Impfkompetenz keine „durchschlagenden Impferfolge“ hinsichtlich einer besseren Impfquote hätten. Das zeigten Nationen wie Kanada, die Schweiz oder Frankreich oder Großbritannien. Die Ursache sieht die Medizinerin eher in der allgemeinen Skepsis, die die Bevölkerung gegen die Grippeschutzimpfung hege.

Apotheker: Edikt von Salerno sinnvoll

Skeptisch äußert sich auch ein Apotheker aus Leipzig beim MDR: Der Apotheker macht sich vor allem Sorgen, wenn beim Impfen einmal nicht alles nach Plan und ohne Komplikationen verliefe. „Was passiert denn wenn? Im Normalfall geht natürlich alles klar. Wir haben keine größeren Probleme zu befürchten, aber was passiert, wenn eine allergische Reaktion auftritt? Wenn die Impfung nach drei Tagen zu einem Abszess führt? Dann ist natürlich die Apotheke nicht mehr in der Lage, das zu leisten," argumentiert der Pharmazeut im MDR-Beitrag. Aus diesen Gründen findet der Apotheker, dass Impfungen in der Arztpraxis besser aufgehoben seien denn in der Apotheke.

Patienten nutzen Impfangebot der Apotheken in GB

Dass Apotheker in anderen Ländern wie der Schweiz oder Großbritannien einfach munter drauf los impfen – ist nicht der Fall. Das britische Gesundheitswesen fordert nationale Mindeststandards für die Ausbildung zur Immunisierung. Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die Angehörige der Gesundheitsberufe inklusive der Apotheker zum Impfen besitzen müssen, erlangen sie in einem Grundausbildungsprogramm der Immunisierung. Damit nicht genug: Der National Health Service (NHS) schreibt vor, dass alle zwei Jahre die Apotheker ein Training zu Injektionstechniken und lebensrettende Maßnahmen zu absolvieren. Auch die Schweizer stellen bestimmte Anforderungen an Apotheker, die impfen möchten. Die Weiterbildung FPH Impfen und Blutentnahme umfasst drei Module: Impfungen, Injektions- und Blutentnahmetechniken und einen Reanimationskurs.

Verbessert ein Impfangebot in der Apotheke die Impfquoten?

Laut MDR verbessert ein Impfangebot in der Apotheke die Impfquoten nicht. Doch scheinen die Patienten das Angebot durchaus anzunehmen. So impften Apotheker in Großbritannien in der vergangenen Influenzasaison 820.000 Patienten (Zeitraum 1. September 2016 bis 31. März 2017). Im Jahr davor waren es noch 600.000 Patienten gewesen.

Auch die Schweizer scheinen überzeugt vom Impfen durch Apotheker. Die Impfkompetenz erfordert eine fundierte Ausbildung, die Apotheker durch eine Weiterbildung FPH Impfen und Blutentnahme erlangen können. Doch wohl erachten die Schweizer das künftig als pharmazeutische Grundkompetenz: Seit der letzten Änderung des Medizinalberufegesetzes lernen die Pharmazeuten das Impfen nun bereits während des Studiums.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Impfen in Apotheken

von C. Küper am 05.11.2017 um 12:13 Uhr

Impfen in der Apotheke ?, impfen durch den Apotheker?
Ich glaube, das geht eindeutig zu weit, dazu gibt es den Arzt. Wollen wir, dass der Arzt als logische Konsequenz die Versorgung des Patienten mit Medikamenten, wie es in Österreich in der Schweiz und manchen anderen Ländern schon üblich ist , übernimmt?
Es ist eine deutliche Einmischung in den Kompetenz-Bereich des Arztes.
Die Apotheker sollten sich auf Ihre Probleme beschränken,
haben wir doch mit Pille danach, der neuen Cannabis
Verordnung, abgesehen von dem täglichen Ärger über Arznei- und Hilfsmittelverträge schon genug am Hals,
man denke auch an die entsprechende Haftung, falls der
Patient Schäden erleidet.
Was ist mit der Hygiene, wer beurteilt die Impffähigkeit?
Wer kontrolliert unser Handeln, kommt dann auch noch ein
Ober-Regierungsmedizinalrat zu uns. Nein danke,
allmählich scheinen wir uns überall einmischen zu wollen.
C.Küper

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Der Notfall ist das Problem

von Marco Piroth am 03.11.2017 um 16:51 Uhr

Ich muss Frau Janecke in manchem Punkten widersprechen. Gerade dem Apotheker sind, sofern es sich um einen Stammkunden handelt, die Erkrankungen des Patienten teils besser bekannt als dem Arzt. Der Patient geht mit manchen Erkrankungen zum Facharzt, mit manchen zum Hausarzt und manches behandelt er selbst mit OTC-Arzneimitteln. Schnittstelle ist hier die Apotheke, denn hier werden alle Medikamente geholt.
Auch das Argument der Kontraindikationen halte ich für schwach. Sie sind für mich ein Gebiet, das der Apotheker als Arzneimittelexperte sehr gut überblicken kann. Zudem sind sie sehr überschaubar. Bei Afluria beschränken sie sich beispielsweise auf Allergien gegen die Bestandteile und fieberhafte Erkrankungen.

Das Problem sehe ich an der, im Artikel erwähnten, Was-wäre-wenn-Situation. Die Fachinfo schreibt:

Wie bei allen injizierbaren Impfstoffen sollten
für den Fall einer anaphylaktischen Reaktion
nach Verabreichung des Impfstoffs entsprechende
Möglichkeiten der medizinischen
Behandlung und Überwachung sofort verfügbar
sein.

Das ist es genau, was die Apotheke nicht leisten kann. Natürlich wären die entsprechenden Medikamente vorhanden, aber die darf der Apotheker nicht verabreichen. Die Behandlung ist Sache des Arztes. Es wurden bereits Kollegen verurteilt, weil sie lebensrettende Medikamente verabreicht haben. Was also tun, wenn ein Patient tatsächlich mal einen anaphylaktischen Schock bekommt? Den Notarzt rufen, Däumchen drehen und sagen: Ja, ich darf zwar Impfen, aber die Impfreaktion behandeln darf ich nicht?
Wenn der Apotheker impft, müsste er auch für solche Notfälle gerüstet sein. Entweder muss also der Apotheker mit den notwendigen Kompetenzen für eine solche Behandlung ausgestattet werden (was meiner Meinung nach deutlich zu weit ins ärztliche Aufgabenfeld geht) oder eine Impfung ist in der Apotheke nun mal schlicht nicht möglich.

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Gute Idee

von Jost am 03.11.2017 um 14:54 Uhr

Wir in der Schweiz haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Impfquote ist da nur ein Punkt.
Integrierte Versorgung muss sich durchsetzen und die wichtigsten Behandlungsinformationen werden zukünftig zentral abrufbar sein. Apotheken sind besser digitalisiert als Hausärzte und haben besseres Wissen über Medikamente.

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sollen Apotheker gegen Grippe Impfen?

von Cornelia Janecke am 03.11.2017 um 12:30 Uhr

Klares Nein!!! Schuster bleib bei Deinen Leisten! Vorerkrankungen bzw. aktuelle Erkrankungen der Pat. sind dem Apotheker nicht bekannt. Es gibt Kontraindikationen. Man kann nicht fröhlich "drauflos impfen"! Ich halte das für grob fahrlässig.

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