Praxis

Kann man Tierarzneimittel importieren?

Stuttgart - 30.10.2017, 09:25 Uhr

(Foto: praisaeng / stock.adobe.com)

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Bei Tierarzneimitteln gelten zum Teil andere Regeln als bei Humanarzneimitteln. So gibt es beispielsweise umfassende Dokumentationspflichten für Verschreibungspflichtiges. Doch was ist eigentlich, wenn in Deutschland kein passendes Arzneimittel auf dem Markt ist? Darf man dann auch für Tiere Arzneimittel importieren?

Für Menschen können bei  Bedarf Fertigarzneimittel aus dem Ausland importiert werden. Die Bedingungen regelt § 73 Absatz 3 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Das geht nämlich nur in geringen Mengen, personenbezogen und wenn für den betreffenden Patienten „hinsichtlich des Wirkstoffs identische und hinsichtlich der Wirkstärke vergleichbare Arzneimittel für das betreffende Anwendungsgebiet in Deutschland nicht zur Verfügung stehen“. Was aber tut man, wenn es für ein Tier kein passendes Arzneimittel gibt?

Auch für Tiere ist es im Falle eines „Therapienotstands“ möglich, Arzneimittel aus dem Ausland zu importieren – und zwar sowohl für Heim- und Haustiere als auch für lebensmittelliefernde Tiere. Geregelt ist dies in § 73 Absatz 3b AMG. Was bedeutet Therapienotstand? Hier gilt die sogenannte Umwidmungskaskade gemäß § 56a Absatz 2 AMG. 

Umwidmungskaskade

Für die Umwidmung, also die Verwendung eines Arzneimittels für eine andere Tierart oder Indikation, schreibt das Tierarzneirecht eine „Umwidmungskaskade“ vor:

  1. Zunächst muss ein anderes Medikament verwendet werden, das zwar für die jeweilige Tierart, aber nicht für das Anwendungsgebiet zugelassen ist, wenn dieses auch einen therapeutischen Effekt verspricht. Bei Lebensmittel-liefernden Tieren ist die entsprechende Wartezeit einzuhalten.

  2. Ist ein solches Medikament nicht vorhanden, kann ein für eine andere Tierart zugelassenes eingesetzt werden. Die Wartezeit wird auf mindestens 28 Tage für essbare Gewebe, 7 Tage für Eier und 7 Tage für Milch festgesetzt. Bei Pferden gilt eine Wartezeit von 6 Monaten, wenn sie mit Arzneimitteln aus der sogenannten „Positivliste" (VO(EG)1950/2006) behandelt werden.

  3. Ist ein Medikament nach Punkt 2 nicht verfügbar, darf ein in Deutschland zugelassenes Humanarzneimittel oder ein in einem anderen EU-Land oder EWR-Land zugelassenes Tierarzneimittel eingesetzt werden. Die Wartezeitregelung erfolgt wie unter Punkt 2. Ein Import von Humanarzneimitteln aus dem Ausland zur Verwendung bei Tieren ist seit der 14. AMG-Novelle vom 29. Oktober 2005 nicht mehr zulässig.

  4. Sind auch nach Punkt 3 keine Medikamente verfügbar, darf ein vom Tierarzt selbst oder von einer Apotheke hergestelltes Arzneimittel eingesetzt werden.

Was darf importiert werden?

Das heißt also: Importiert werden darf nur, wenn es in Deutschland kein infrage kommendes Tierarzneimittel gibt. Dann kann alternativ entweder ein Humanarzneimittel verwendet oder eben ein Tierarzneimittel aus einem  EU-Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum importiert werden. Der Import von Humanarzneimitteln zur Anwendung beim Tier ist nicht erlaubt. Bei lebensmittelliefernden Tieren gelten noch zusätzliche Vorschriften. So dürfen laut In § 56a Absatz 2 AMG importierte Arzneimittel für Lebensmitteltiere nur solche Stoffe enthalten, die in Tabelle 1 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 aufgeführt sind.

Importieren dürfen Apotheken für Tierärzte oder Tierhalter sowie Tierärzte im Rahmen der tierärztlichen Hausapotheke für die von ihnen behandelten Tiere. Apotheken dürfen nur bei Vorlage einer tierärztlichen Verschreibung importieren. Der Tierarzt muss die Bestellung, den Bezug über Apotheken sowie jede Verschreibung von Arzneimitteln aus EU-Mitgliedstaaten beziehungsweise EWR-Staaten immer unverzüglich der zuständigen Behörde anzeigen.

Für Apotheken gelten jeweils die Dokumentationspflichten für Arzneimittel zu Anwendung bei Tieren sowie die für Importe. 


Einzelimporte nach § 73 (3) AMG 

Gemäß § 18 Apothekenbetriebsordnung müssen Apotheken die Einfuhr und Abgabe von Einzelimporten nach § 73 Absatz 3 und 3b AMG dokumentieren. Die Aufzeichnungen müssen für mindestens fünf Jahre in der Apotheke aufbewahrt werden. Folgende Angaben sind notwendig:

  1. die Bezeichnung des eingeführten Arzneimittels,

  2. der Name oder die Firma und die Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers,

  3. die Chargenbezeichnung, Menge des Arzneimittels und die Darreichungsform,

  4. der Name oder die Firma und die Anschrift des Lieferanten,

  5. der Name und die Anschrift der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist,

  6. der Name und die Anschrift des verschreibenden Arztes oder des verschreibenden Tierarztes,

  7. das Datum der Bestellung und der Abgabe,

  8. das Namenszeichen des Apothekers, der das Arzneimittel abgegeben oder die Abgabe beaufsichtigt hat.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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