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Fragen an Frau Strack-Zimmermann, FDP
„Die FDP wird immer die Heimat der Freiberufler sein“
Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist vor wenigen Tagen mit der FDP in den Bundestag eingezogen. Sie ist Stellvertreterin von Parteichef Christian Lindner und in der Partei für die Gesundheitspolitik zuständig und somit eine Kandidatin für eine gesundheitspolitische Spitzenposition bei den Liberalen. DAZ und DAZ.online haben Strack-Zimmermann gefragt, wie sie sich den Apothekenmarkt vorstellt und was sie gerne verändern würde.
Für Apotheker ist Marie-Agnes Strack-Zimmermann längst keine Unbekannte mehr. Die FDP-Politikerin aus Düsseldorf kommentierte zuletzt den Beschluss des FDP-Parteitages zur Aufhebung des Fremdbesitzverbotes. Wenige Tage nach dem Beschluss relativierte Strack-Zimmermann im Interview mit DAZ.online, dass die FDP keine Apothekenketten wolle. An vorderster Front der Liberalen ist nun auch Strack-Zimmermann in den Bundestag eingezogen. Sie spielt eine wichtige Rolle in der FDP – nicht zuletzt, weil sie für die Liberalen das stärkste Zweitstimmenergebnis (19,7 Prozent) in ganz Deutschland einholte.
Die Einhaltung des Jugendschutzes ist eine maßgebliche Voraussetzung für Freigabe von Cannabis. Bei den Apotheken wäre das gewährleistet.
Etwas unerwartet steht die FDP als Neuling im Parlament nun direkt vor Sondierungsgesprächen mit Union und Grünen. Dass Strack-Zimmermann mit ihrer Gesundheitsexpertise das Thema Gesundheit verhandelt, ist mehr als wahrscheinlich. Und vielleicht geht es ja dann sogar noch höher hinaus für die Liberalen: Denn sollte die FDP das Bundesgesundheitsministerium zugelost bekommen, wäre Strack-Zimmermann auch eine Kandidatin für das Ministerium.
DAZ.online: Frau Strack-Zimmermann, wenn Sie an eine Apotheke denken – welches Bild erscheint vor Ihrem inneren Auge? Haben Sie Kindheitserinnerungen an die Apotheke?
Strack-Zimmermann: Kaum. Apotheken waren für mich mit meinen Großeltern und später mit den Eltern verbunden. Dort ging man hin, wenn man krank war und Medizin benötigte. Und die schmeckte meistens bitter. Erst als ich älter wurde, fing ich an die Apotheke zu schätzen, als Studentin kaufte ich dort mit Leidenschaft Lakritz.
DAZ.online: Haben Sie eine „Stamm-Apotheke“, in die Sie regelmäßig oder besonders gerne gehen? Wenn ja, was macht diese so besonders? Wenn nein, warum nicht?
Strack-Zimmermann: Ich wohne mitten in Düsseldorf und bin gewissermaßen „umzingelt“ von Apotheken. Für mich ist die Öffnungszeit von Relevanz, die Lage, wo ich mich im Moment des Bedarfes befinde und das Wissen, dass die Apotheke viele Medikamente vorhält, damit ich bei Bedarf alles direkt bekomme. Und am liebsten nicht noch einmal dorthin muss.
DAZ.online: Was erwarten Sie von einem guten Apotheker? Mit welchen Erwartungen gehen Sie persönlich in eine Apotheke?
Strack-Zimmermann: Dass die Apotheke ein breites Angebot hat und mich auf Nachfrage fachkundig berät.
DAZ.online: Haben Sie schon einmal Arzneimittel im Versand bestellt? Wie waren Ihre Erfahrungen? Wenn nein, warum nicht?
Strack-Zimmermann: Da ich wie gesagt mitten in der Stadt wohne und sich in meinem Umkreis viele Apotheken befinden, kam das für mich bisher nicht in Frage. Ich bin ein Fan des Einzelhandels.
„Das Urteil ist im Sinne der sozialen Marktwirtschaft“
DAZ.online: Was sind Ihre Erwartungen an das Apothekensystem? Welche strukturellen Aufgaben sind aus Ihrer Sicht unentbehrlich?
Strack-Zimmermann: Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass man in Zukunft, neben dem akuten Medikamentenbedarf und der entsprechenden Beratung, zum Beispiel auch die Grippeimpfung vor Ort bekommen könnte. Das wäre zeitsparend und könnte im Vorbeigehen erledigt werden. Für erforderlich halte ich es, dass gerade bei älteren Menschen der Apotheker im Bilde sein muss, welche Medikamente diese einnehmen und somit eine falsche und ggf. folgenschwere Einnahme zusätzlicher Medikamente verhindern kann.
Das Gericht macht, das kann man beklagen, keinen Unterschied zwischen Medikamenten und anderen Produkten. Es in Deutschland zu verbieten, ist nicht nur albern, sondern seitens des Bundesgesundheitsministers Gröhe nur dem Wahlkampf geschuldet. Er weiß genau, dass er es nicht verhindern kann.
DAZ.online: Ist es Ihrer Meinung nach ein Problem, dass die Zahl der Apotheken sinkt? Wenn ja, welche Lösungsvorschläge hat die FDP?
Strack-Zimmermann: Aus Sicht der Patienten bin ich der Meinung, dass wir uns zumindest in Städten keine Sorgen um die Apothekendichte machen müssen, da diese auch im Fall einer sinkenden Anzahl noch völlig ausreichend ist. In kleineren Gemeinden und auf dem Land sieht das natürlich anders aus. Die Apotheke vor Ort ist dort nicht nur Versorger, sondern ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden urbanen Einkaufswelt. Da, wo eine Apotheke ist, befinden sich auch der Bäcker und der Nahversorger für Lebensmittel. In einer immer älter werdenden Gesellschaft wird es immer wichtiger, diese Strukturen zu erhalten. Es wird an den lokalen Apotheken vor Ort liegen, ob sich das Geschäft auf dem Lande noch rechnen kann. Eine Alternative dazu wäre, dass die Patienten sich in Zukunft ihre Medikamente beim Versandhändler bestellen. Die persönliche Ansprache ginge allerdings dabei verloren, was gerade für ältere Menschen ein herber Verlust wäre.
DAZ.online: Die FDP galt bisher als natürliche politische Heimat für Selbstständige, Freiberufler und Angehörige der Heilberufe. Zumindest die Apotheker wurden durch Aussagen nach dem EuGH-Urteil vom vergangenen Oktober und durch das Wahlprogramm aufgeschreckt. Warum sollten Apotheker überhaupt noch die FDP wählen?
Strack-Zimmermann: Die Freien Demokraten sind und werden immer die Heimat für die Selbständigen und Freiberufler sein. Wir sind die einzige politische Kraft in der Parteienlandschaft, die darauf setzt, dass der, der selbständig und eigenverantwortlich handelt und ins persönliche Risiko geht, befreit werden muss von Reglementierung und Bürokratisierung. Das wissen die Apotheker. Sie wissen aber auch, dass sich das Einkaufsverhalten vieler Menschen verändert hat. Davor die Augen zu verschließen, wäre töricht. Die niedergelassene Apotheke der Zukunft muss fit gemacht werden. Das heißt für uns, dass sie seitens des Gesetzgebers von Ballast und Regeln befreit werden muss, um frei über Angebot und Leistungen entscheiden zu können. Dann wird sie der möglichen Konkurrenz auf Augenhöhe begegnen können. Die Kunden werden es zu würdigen wissen.
DAZ.online: Waren Sie von dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 überrascht?
Strack-Zimmermann: Nein überhaupt nicht. Das Urteil ist im Sinne der sozialen Marktwirtschaft und hebt ab auf den europäischen freien Warenverkehr. Das Gericht macht, das kann man beklagen, keinen Unterschied zwischen Medikamenten und anderen Produkten. Es in Deutschland zu verbieten, ist nicht nur albern, sondern seitens des Bundesgesundheitsministers Gröhe nur dem Wahlkampf geschuldet. Er weiß genau, dass er es nicht verhindern kann.
DAZ.online: Verstehen Sie denn die Sorgen der Apotheker, dass die Folgen dieses Urteils das deutsche Apothekensystem grundlegend verändern, vielleicht sogar zerstören könnten?
Strack-Zimmermann: Natürlich verstehe ich das. Ich komme aus der Verlagsbranche und damit aus einer Branche, bei der man gut beobachten konnte, wie der Markt sich verändert und welche Folgen das für die Struktur des Einzelhandels haben kann.
DAZ.online: Und wie wollen Sie es lösen, dass aktuelle ausländische Versender in Deutschland Nachlässe und Boni bieten, den deutschen Apotheken diese Instrumente aber untersagt sind?
Strack-Zimmermann: Das meine ich mit „auf Augenhöhe“. Es geht nicht, dass ausländische Versender etwas ermöglicht wird, was der niedergelassenen Apotheke verwehrt bleibt. Da sind auch die Krankenkassen in der Pflicht, schließlich werden verschreibungspflichtige Medikamente von der Solidargemeinschaft beglichen.
„Die FDP steht zur inhabergeführten Apotheke“
DAZ.online: Weil sich CDU und SPD im Versandhandels-Konflikt nicht einigen konnten, besteht derzeit gar keine Regelung und Versender wie DocMorris machen Umsatzsprünge. Macht Ihnen das Sorgen?
Strack-Zimmermann: Es macht mir mehr Sorgen, dass eine große Koalition offensichtlich Monate vor der Bundestagswahl das Regieren eingestellt hat und deshalb wichtige Bereiche vernachlässigt und faire Rahmenbedingungen gefährdet.
DAZ.online: Sie waren lange in der Buch- und Verlagsbranche tätig, in der es eine Preisbindung gibt. Finden Sie das ein adäquates Instrument, um die Versorgung mit besonderen Waren zu sichern?
Strack-Zimmermann: Um die medizinische und qualitative Versorgung in Zukunft zu sichern, hat sich die Preisbindung bewährt. Und daran sollten wir zwingend fest halten. Es muss ausgeschlossen sein, dass der Patient für ein und dasselbe Medikament in unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Preise zahlen muss.
Kein Handwerker auf dieser Welt würde für diesen relativen Stundenlohn arbeiten.
DAZ.online: Es gab einige Aufregung um die Forderung im FDP-Wahlprogramm, das Fremdbesitzverbot für Apotheken aufzuheben. Sie haben das anschließend relativiert. Welches Apothekensystem brauchen wir?
Strack-Zimmermann: Die FDP steht zur inhabergeführten Apotheke. Eine „Amazonisierung“ im Medikamentenbereich wollen wir nicht. Einer isolierten Aufhebung des Fremdbesitzverbots stehen wir skeptisch gegenüber. Meiner persönlichen Meinung nach hat das Fremdbesitzverbot bisher durchaus Sinn gegeben. Bei einer Aufhebung desselbigen, wie von der Mehrheit unserer Mitglieder gewünscht und die es zu respektieren gilt, ist es unverzichtbar, dass diese von Apothekern geführt werden und die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten gewährleistet ist. Das Mehrbesitzverbot hingegen sollte man, da wo überhaupt erwünscht, großzügiger bemessen. Schon heute gibt es Apotheker, die gemeinsam mit Familienmitgliedern mehr als vier Apotheken besitzen und das Verbot bereits jetzt umgehen. Wenn Bedarf besteht, gibt es keinen Grund, gegen Mehrbesitz zu sein. Dieser kommt schließlich den Patientinnen und Patienten zugute.
DAZ.online: Der letzte liberale Gesundheitsminister, Daniel Bahr, hat das Packungshonorar der Apotheker zum ersten und bisher letzten Mal seit der Umstellung der Vergütungssystematik erhöht. Halten Sie heute dieses Honorar der Apotheker noch für angemessen?
Strack-Zimmermann: Es macht Sinn, dass Honorar immer wieder zu überprüfen und ggf. anzupassen. Das gilt auch für die Vergütung des Nachtdienstes. Kein Handwerker auf dieser Welt würde für diesen relativen Stundenlohn arbeiten. Wichtig ist uns hierbei, alle beteiligten Partner, also auch die GKV, miteinzubeziehen, da Erhöhungen auch zulasten der GKV gehen. Zusätzlich fordern wir neue Honorarbestandteile für Beratungsleistungen der Apotheker und die erhöhte Honorierung von Notdienstleistungen.
DAZ.online: Stimmt denn die Vergütungssystematik noch? Soll es bei der heutigen, packungsbezogenen Vergütung bleiben, sollen bestimmte Dienstleistungen bezahlt werden, oder soll es ein Mischsystem geben?
Strack-Zimmermann: Packungsbezogene Vergütung macht Sinn. Die Krankenkassen sind aufgefordert, sich um die Vergütung von Beratung und Medikationsanalyse Gedanken zu machen. Noch gehen die Kassen bei diesem Thema ja in Deckung.
Und die Lieferengpässe?
DAZ.online: Erst kürzlich hat die FDP gefordert, dass in Deutschland Marihuana in der Apotheke verkauft werden könnte (für nicht-medizinische Zwecke). Warum die Apotheke?
Strack-Zimmermann: Um zu verhindern, dass dem Konsumenten „unsauberes“ Cannabis angeboten wird, braucht es lizenzierte Abgabestellen. Warum nicht die Apotheken? Es wäre eine zusätzliche Umsatzquelle für die Apotheke und der Kunde wüsste, dass die Qualität stimmt, zumal die Apotheke Cannabis im medizinischen Bereich bereits abgeben darf.
DAZ.online: Andere Rauschmittel wie Alkohol werden im Lebensmittelhandel abgegeben, der bestimmte Einschränkungen, etwa das Mindestalter, einhalten muss. Wäre das ein denkbarer Weg?
Strack-Zimmermann: Sie meinen Haschisch im Supermarkt? Nein. Die Einhaltung des Jugendschutzes ist eine maßgebliche Voraussetzung für Freigabe von Cannabis. Bei den Apotheken wäre das gewährleistet.
DAZ.online: Die pharmazeutische Industrie hatte große Erwartungen an den Pharma-Dialog, die nicht alle erfüllt wurden. Was muss getan werden, damit Deutschland ein attraktiver Standort für die Pharmaindustrie bleibt?
Strack-Zimmermann: Zusammen mit meiner Partei setze ich mich dafür ein, dass die Forschung am Pharmastandort Deutschland gestärkt wird und Innovationen in der Medizin und aus der Pharmabranche schneller die Patientinnen und Patienten erreichen. Das bedeutet für mich beschleunigte und transparente Prozesse bei der Zulassung und Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz steht ein Instrument zur Verfügung, das der Pharmabranche bei der Erstattungsfähigkeit neuer Medikamente Klarheit und Sicherheit geben soll. Dieses muss nur ausgebaut und konkretisiert werden, um den Erwartungen endlich gerecht zu werden.
DAZ.online: Ein Thema, das die Apotheker in den letzten Jahren zunehmend beschäftigt, sind die Lieferengpässe. Haben Sie, hat die FDP Vorschläge, wie mit diesem Problem umgegangen werden soll?
Strack-Zimmermann: Der Wettbewerb bei Arzneimitteln sollte nicht alleine auf den Preis, sondern auch auf die Qualität der Versorgung ausgerichtet werden. Insofern wäre zu überlegen, das Instrument der Arzneimittel-Rabattverträge durch Berücksichtigung zusätzlicher Aspekte wie zum Beispiel der Versorgungssicherheit und durch transparentere Verfahren weiterzuentwickeln. Hierdurch würde auch die Sicherheit bei der Lieferkette gestärkt werden.
DAZ.online: Gibt es ein gesundheitspolitisches Thema, das auf jeden Fall im Koalitionsvertrag verankert werden muss, wenn die FDP in die Regierung kommt?
Strack-Zimmermann: Ich kann Ihnen so viel sagen, dass die Abschaffung der Budgetierung im Gesundheitswesen eines unserer Kernanliegen sein wird.
Hinweis der Redaktion: Das Interview haben wir bereits vor der Bundestagswahl schriftlich geführt.
3 Kommentare
Ja was denn nun Frau Strack-Zimmermann??
von Uwe Hansmann am 29.09.2017 um 13:27 Uhr
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Kapierens einfach nicht - FDP
von Ratatosk am 28.09.2017 um 18:50 Uhr
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Augenhöhe
von Anita Peter am 28.09.2017 um 12:46 Uhr
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