Zuckeraustauschstoff

Was Apotheker über Erythrit wissen sollten

Stuttgart - 11.07.2017, 17:55 Uhr

Erythrit wird als kalorienfreie Alternative zu Haushaltszucker verwendet. (Foto: kei u / Fotolia)

Erythrit wird als kalorienfreie Alternative zu Haushaltszucker verwendet. (Foto: kei u / Fotolia)


Wenn in den nächsten Tagen in der Apotheke zunehmend nach Erythrit gefragt wird, könnte das daran liegen, dass der Zuckerersatzstoff derzeit durch die Publikumsmedien im Internet geistert. Auf Diät- und Fitnessblogs erfreut er sich bereits großer Beliebtheit als kalorienarme Zuckeralternative. Im normalen Handel ist er noch nicht so sehr verbreitet. Was muss man über Erythrit wissen?

Erythrit heißt nach IUPAC meso-1,2,3,4-Butantetrol und ist chemisch gesehen ein Polyol, also ein mehrwertiger Alkohol – und zwar ein linearer. Es handelt sich dabei um die reduzierte Form der Weinsäure, die in natürlicher Form in Käse, Obst (Erdbeeren, Pflaumen) oder Pistazien vorkommt. Die Herstellung erfolgt durch Fermentation von niedermolekularen Kohlenhydraten wie Glucose. 

i-Erythritol

Die früher im deutschen Lebensmittel recht übliche Unterscheidung in die Gruppen „Zuckeraustauschstoffe“ und „Zuckerersatzstoffe (Süßstoffe)“ wurde 2014 im Zuge der Anpassung an EU-Recht aufgehoben. Demnach war Erythrit ein Zuckeraustauschstoff. Heute gibt es nur noch den Oberbegriff „Süßungsmittel“, der gemeinsam mit der E-Nummer auf Zutatenlisten angegeben werden muss. Erythrit trägt die Bezeichnung E 968. Vetrieben wird er unter Handelsnamen wie Sukrin, Sucolin oder Xucker Light bislang vor allem im Internet, aber auch in Reformhäusern, Bio- und Drogerie- sowie in gut sortierten Supermärkten findet man ihn. 

Weniger süß als Traubenzucker

Zuckeraustauschstoffe werden im Gegensatz zu Glucose oder Saccharose größtenteils Insulin-unabhängig metabolisiert. Erythrit hat daher keine Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel und ist daher auch für Diabetiker geeignet. Zudem ist das Süßungsmittel nicht kariogen. Wie bei allen Zuckeralkoholen ist die Süßkraft geringer als bei den nicht-reduzierten Zuckern. So hat Erythrit etwa 70 Prozent der Süßkraft von Glucose. Damit ist Erythrit süßer als beispielsweise Isomalt (relative Süßkraft im Vergleich zu Saccharose: 0,5), Sorbit oder Mannit (je 0,5), aber weniger süß als Xylit (1,0).

Null Kalorien und besser verträglich als andere

Zur steigenden Beliebtheit von Erythrit trägt vermutlich die Tatsache bei, dass sich damit Speisen kalorienfrei versüßen lassen – eine Eigenschaft, die sonst vor allem die klassischen Zuckerersatzstoffe, die Süßstoffe haben. Saccharin, Aspartam oder Stevia haben aber einen charakteristischen Eigengeschmack und sind deswegen nicht jedermanns Sache. 

Allerdings eignen sich die Zuckeralkolhole nicht für den Einsatz in großen Mengen. Konsumiert man zu viel davon, verursachen sie Durchfälle, weil sie aufgrund ihrer geringen Resorptionsrate teilweise unverändert in distale Darmabschnitte gelangen. Deshalb werden sie nicht eingesetzt, um Getränke zu süßen. Lebensmittel, die mehr als 10 Prozent Zuckeraustauschstoffe enthalten, müssen außerdem einen Hinweis enthalten, dass sie „bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ können. Diese Wirkung ist allerdings bei Erythrit deutlich geringer ausgeprägt als bei anderen. So verursacht Erythrit erst ab etwa 70 Gramm pro Tag Durchfälle und gilt damit neben Xylit als der Verträglichste dieser Gruppe. Mannit und Isomalt verursachen bereits ab 10 Gramm pro Tag Probleme. 

Erythrit ist hitzestabil und eignet sich daher auch zum Backen. Wegen der geringeren Süßkraft muss das Rezept eventuell angepasst werden. Erythrit löst sich aber schlechter als Zucker, es können Kristalle im Teig bleiben. Die Puderzuckervariante oder eine 1:1-Mischung mit Xylit soll Abhilfe schaffen. Erythrit ist übrigens auch in Bio-Produkten erlaubt, sofern dieser Zuckeraustauschstoff aus ökologischer Produktion ohne Einsatz von Ionenaustauschtechnologie gewonnen wurde.

Ist das gesund?

Grundsätzliche relevante gesundheitliche Bedenken, die gegen eine Anwendung von Erythrit oder anderen Zuckeraustauschstoffen sprechen, gibt es offenbar derzeit nicht. ADI-Werte (acceptable daily intake) sind für sie nicht festgelegt. Sie können daher praktisch rein rechtlich in unbegrenzter Menge zugesetzt werden.

Experten zufolge ist maßvoller Zuckerkonsum (zum Beispiel mit ca. 10 Prozent der Tages-Energiemenge) im Rahmen einer gesunden, ausgewogenen Ernährung unbedenklich. Daher besteht eigentlich bei den meisten Menschen kein Anlass, Zucker grundsätzlich zugunsten von Süßstoffen zu verbannen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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