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Welche Punkte sind bei der Beratung in der Apotheke wichtig? Was für Zusatzinformationen können Sie zu den verordneten Arzneimitteln geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jeden Donnerstag einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über Allopurinol-Tabletten und ein Nitrat-Spray für eine alte Dame.
Formalien-Check
Die Stammkundin klagt, dass es ihr gar nicht gut gehe. Gestern sei der Doktor zu einem Hausbesuch bei ihr gewesen. Sie habe kaum Luft bekommen. Ihre Allopurinol-Tabletten kenne sie ja bereits. Sie möchte allerdings wissen, was ihr der Arzt denn da noch aufgeschrieben habe.
Verordnet sind einhundert Tabletten Allo-CT® 300 mg sowie eine Packung Nitro Spray. Die Verordnung ist nicht vollständig, die Angaben sind jedoch ausreichend. Die Kundin bestätigt auf Nachfrage, bei der ortsansässigen AOK versichert zu sein.
Um Retaxationen zu vermeiden, können das
Institutionskennzeichen im Feld „Kassen-Nummer“ sowie die Versicherten-Nummer
handschriftlich ergänzt werden. Alle Ergänzungen sind mit Datum und
Unterschrift zu versehen. Die 9-stellige Betriebsstättennummer (BSNR) findet
sich in der vorgedruckten Codierzeile unten rechts auf dem Rezept. Die
lebenslange Arztnummer (LANR) ist im Stempel enthalten.
Für Position eins hat der Arzt den aut-idem-Austausch ausgeschlossen. Die Angaben für Position zwei sind nicht eindeutig. Nach Rücksprache soll es eine Packung (N1) Nitrolingual® akut Spray sein. Hier sind Rabattverträge zu beachten.
Die Kundin ist von der Zuzahlung befreit.
Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung einen Monat gültig.
Beratungs-Basics
Allopurinol senkt durch Enzymhemmung der Harnsäureproduktion den Harnsäurespiegel. Der kompetitive Xanthinoxidasehemmer ist Mittel der Wahl bei chronischer Hyperurikämie. Die Dosierung beträgt in der Regel einmal täglich 100 - 300 mg Allopurinol nach einer Mahlzeit. Die Tablette ist unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit einzunehmen. In der Einstellungsphase sind durch Auflösung von Harnsäureablagerungen reaktive Gichtanfälle möglich. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören gastrointestinale Beschwerden und Hautreaktionen. Beim Auftreten von Hautausschlag oder Juckreiz muss Allopurinol sofort abgesetzt werden, da schwere bis lebensbedrohliche Überempfindlichkeitsreaktionen (wie Stevens-Johnson-Syndrom und toxisch epidermale Nekrolyse) drohen. Unter der Behandlung kann Schwindel auftreten. Die Fahrtauglichkeit ist dann eingeschränkt.
Der Stammkundin ist ihre Diagnose KHK bekannt. Sie bekommt bereits eine Basismedikation. Normalerweise geht es ihr damit gut, und sie kann ihren Tagesablauf selbständig bestreiten. Gestern sei sie jedoch sehr aufgeregt gewesen. Sie habe Bauchschmerzen gehabt und kaum Luft bekommen. Der Arzt habe einen Blutdruck von 180 /110 mmHg gemessen und einen erhöhten Puls. Er habe angeordnet, dass sie das Spray nehmen solle, wenn sie das nächste Mal einen solchen Zustand erlebe.
Das Nitrat-Spray ist ein Arzneimittel zur Behandlung von Herzschmerz-Anfällen. Es enthält den Wirkstoff Glyceroltrinitrat, einen NO-Donator. Das kurzwirksame Nitrat erweitert die Gefäße, die das Herz versorgen, und wird u.a. zur Kupierung oder Prophylaxe eines Angina pectoris-Anfalls eingesetzt. Die Anwendung erfolgt bei einem Anfall von Brustenge oder auch vor Belastungen sowie emotional aufregenden Situationen, die erfahrungsgemäß zur Auslösung eines solchen Anfalls führen können. Je nach Schweregrad werden pro Anwendung ein bis drei Sprühstöße im Abstand von dreißig Sekunden zugeführt. Das Spray wird bei angehaltenem Atem in die Mundhöhle, am besten unter die Zunge, gesprüht. Der Sprühstoß wird nicht inhaliert. Der Wirkeintritt erfolgt normalerweise nach wenigen Minuten. Bei Nichtansprechen innerhalb von zehn Minuten (und einem systolischen Blutdruck von > 100 mmHg) muss die Anwendung wiederholt werden. Erfolgt weiterhin kein Wirkungseintritt, ist der Notarzt zu rufen.
Die Kundin kann das Spray so oft benutzen, wie sie es benötigt, also auch mehrmals täglich. Bei kurzwirksamen Nitraten gibt es keinen Gewöhnungseffekt. Bei Herzbeschwerden soll sie ihr Spray deshalb immer und möglichst frühzeitig einsetzen. Erhöht sich die tägliche Anwendungshäufigkeit, muss sie ihren Arzt darüber jedoch informieren.
Typische Nebenwirkungen sind „Nitratkopfschmerzen" (v.a. zu Behandlungsbeginn), Flush sowie orthostatischer Blutdruckabfall mit Benommenheit und Reflextachykardie. Das Reaktionsvermögen kann eingeschränkt sein.
Auch noch wichtig
Das Spray wird vor der Anwendung nicht geschüttelt. Beim Sprühen wird die Flasche senkrecht mit dem Sprühkopf nach oben gehalten und die Öffnung im Sprühkopf möglichst nahe an den Mund herangebracht. Der Sprühknopf ist zügig und vollständig durchzudrücken und dann wieder loszulassen. Um beim ersten Einsatz (oder wenn das Spray längere Zeit nicht benutzt wurde) die Dosierkammer vollständig aufzufüllen, muss vor einer Anwendung der Inhalt so lange in die Luft gesprüht werden, bis Flüssigkeit austritt.
Nitrat-Sprays haben transparente Behältnisse. Die Kundin soll sich rechtzeitig ein neues Spray besorgen, wenn das alte zur Neige geht.
Bei der Behandlung mit anderen Arzneimitteln in der Selbstmedikation oder nach ärztlicher Verordnung sind mögliche Wechselwirkungen zu beachten.
Bei dem Wunsch nach einer Selbstbehandlung von Hautjucken oder Hautausschlägen muss die Apotheke an eine Nebenwirkung durch Allopurinol denken. Die Kundin darf Allopurinol nicht mehr einnehmen und muss unverzüglich einen Arzt aufsuchen.
Das Alter der Kundin gibt einen Hinweis auf mögliche Hör- und Verständnisprobleme. Es ist wichtig, deutlich zu sprechen und Blickkontakt zu halten, um Rückmeldung zu erhalten, ob die alte Dame alles versteht.
Darf´s ein bisschen mehr sein?
- Eine KHK kann sich durch Angina pectoris-Beschwerden bemerkbar machen. Bei Frauen äußert sich eine KHK oft untypisch durch Atemnot, Bauchschmerzen oder Übelkeit.
- Die Kundin muss die Basistherapie der KHK konsequent durchführen. Für den Notfall soll sie das Nitrat-Spray immer mit sich führen.
- Eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und ausreichend kontrollierter Bewegung sind für ihre beiden Krankheiten ein wichtiger Aspekt. Außerdem sind gesundheitsschädigende Gewohnheiten wie das Rauchen aufzugeben sowie Übergewicht zu reduzieren.
- Alkoholhaltige Getränke sind möglichst zu vermeiden, denn Alkohol führt zu erhöhten Harnsäurewerten und beeinflusst die Gefäßweite.
- Zur Normalisierung des Harnsäurespiegels sind purinreiche Nahrungsmittel wie Innereien, Hülsenfrüchte, geräucherter Fisch und gebratenes Fleisch zu meiden. Bis zu 150 g (gekochtes) Fleisch pro Tag sind erlaubt. Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist zu achten.
- Eine „herzgesunde“ Ernährung besteht aus viel Gemüse, Obst, Salat und Fisch.
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