Beratungs-Quickie

Ein junger Patient mit bronchialem Infekt

München / Stuttgart - 22.06.2017, 13:15 Uhr

Mehrkosten gelten auch für Kinder. Selbst wenn das Kind den Mehrkosten-freien Saft nicht verträgt, entbinden pharmazeutische Bedenken nicht davon. (Foto: Picture-Factory / Fotolia)

Mehrkosten gelten auch für Kinder. Selbst wenn das Kind den Mehrkosten-freien Saft nicht verträgt, entbinden pharmazeutische Bedenken nicht davon. (Foto: Picture-Factory / Fotolia)


Welche Punkte sind bei der Beratung in der Apotheke wichtig? Was für Zusatzinformationen können Sie zu den verordneten Arzneimitteln geben? Im „Beratungs-Quickie“ stellen wir jeden Donnerstag einen neuen Fall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über einen Hustenlöser und ein Schmerzmittel für einen Jungen, der an einem bronchialen Infekt leidet.

Formalien-Check

Eine junge Frau mit zwei Kindern, eines im Kinderwagen und eines an der Hand, kommt in die Apotheke. Ihr Sohn reißt an ihrer Hand und will sofort in die Spielecke.

Verordnet sind 20 Brausetabletten ACC® 200 mg sowie das apothekenpflichtige Arzneimittel Nurofen® 200 mg (zwölf Brausegranulate). Die Kinderärztin hat den Aut-idem-Austausch nicht ausgeschlossen, Rabattverträge sind daher zu beachten. Für Position zwei ist die verordnete Darreichungsform „Brausegranulate“ nicht mehr auf dem Markt. Die Apotheke kann das Rezept mit einer anderen Darreichungsform beliefern, wie zum Beispiel Schmelztabletten oder einem Saft. Das apothekenpflichtige Arzneimittel ist für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr oder bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen unter 18 Jahren durch die GKV erstattungsfähig.

Es ist kein Gebührenstatus-Feld angekreuzt. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind grundsätzlich von der Zuzahlung befreit. Im Fall der Nurofen® 200 mg Schmelztabletten fallen Mehrkosten an, die auch bei Kindern zu leisten sind. Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung einen Monat gültig.

Beratungs-Basics

Es ist wichtig, das Kind in das Beratungsgespräch miteinzubeziehen und nicht über seinen Kopf hinweg nur mit der Mutter zu sprechen. Der ausländische Name kann einen Hinweis auf Sprach- und Verständnisprobleme geben. Vor allem in diesem Fall ist bei der Beratung darauf zu achten, sich Rückmeldung darüber geben zu lassen, ob der Patient – oder hier die Mutter – alles versteht.

Die Mutter versteht die Apothekerin sehr gut und schimpft, sie wolle auf keinen Fall irgendetwas für Medikamente auf einem Kinderrezept bezahlen. Auf das Angebot, das Rezept mit einem Ibuprofensaft ohne Mehrkosten zu beliefern, reagiert die Kundin ablehnend. Ihr Sohn möge diese Säfte nicht und spucke diese aus. Der Kundin ist zu verdeutlichen, dass die Möglichkeiten der Apotheke hier ausgeschöpft sind.

Der schleimlösende Wirkstoff Acetylcystein (ACC) wird bei akuten und chronischen bronchopulmonalen Erkrankungen eingesetzt, die mit einer Störung von Schleimbildung und -transport einhergehen. Für Kinder von sechs bis 14 Jahren beträgt die empfohlene Dosierung zweimal täglich eine Brausetablette (400 mg ACC pro Tag). Die Brausetabletten werden in einem Glas Wasser aufgelöst und nach den Mahlzeiten eingenommen. Die Anwendung erfolgt am besten morgens und (nach)mittags vor 16 Uhr, damit sich der Schleim tagsüber lösen und abgehustet werden kann und die erholsame Nachtruhe möglichst nicht beeinträchtigt wird. Der Junge sollte ausreichend trinken, gut eignen sich auch warme Husten- und Bronchialtees.

Während der Einnahme von ACC kann es zu Kopfschmerzen, allergischen Reaktionen an Haut und Atemwegen sowie zu gastrointestinalen Nebenwirkungen kommen. Sehr selten ist über lebensbedrohliche Hautreaktionen (Stevens-Johnson-Syndrom und Lyell-Syndrom) in zeitlichem Zusammenhang mit der Anwendung von ACC berichtet worden. Treten während der Behandlung mit ACC Haut- und Schleimhautveränderungen auf, ist die Anwendung sofort zu beenden und unverzüglich ärztlicher Rat einzuholen.

Das Schmerz- und Fiebermittel enthält den Wirkstoff Ibuprofen. Die Mutter darf das Arzneimittel nur bei Bedarf und kurzzeitig geben. Laut Kinderärztin soll sie ihrem Sohn bei Fieber über 39 °C eine Schmelztablette (SMT) auf die Zunge legen. Für die Einnahme ist kein Wasser erforderlich. Für Kinder von sechs bis neun Jahren (20 - 28 kg) beträgt die Einzeldosis 200 mg Ibuprofen. Falls erforderlich, kann alle sechs bis acht Stunden eine weitere Schmelztablette verabreicht werden. Über den Tag verteilt darf eine Gesamtdosis von 600 mg Ibuprofen nicht überschritten werden. Da unter der Einnahme von Ibuprofen sehr häufig Magen-Darm-Beschwerden auftreten, empfiehlt es sich, das Arzneimittel direkt nach einer Mahlzeit zu geben. Bei Schmerzen im Oberbauch, Schwarzfärbung des Stuhls oder Spucken von Blut darf die Mutter das Schmerzmittel nicht mehr geben und muss sofort mit ihrem Kind einen Arzt aufsuchen.

Sonst noch wichtig

Bei der Behandlung mit anderen Arzneimitteln in der Selbstmedikation oder nach ärztlicher Verordnung sind mögliche Wechselwirkungen zu beachten. Bei der kombinierten Anwendung von Acetylcystein mit einem Hustenstiller kann es durch die Unterdrückung des Hustenreflexes zu einem gefährlichen Sekretstau kommen. Falls eine Kombinationsbehandlung unbedingt erforderlich ist, ist ein deutlicher Einnahmeabstand von mindestens sechs Stunden einzuhalten.

Da eine Inaktivierung von Antibiotika (Tetracycline, Penicilline) durch ACC nicht ausgeschlossen werden kann, ist die orale Verabreichung der betreffenden Antibiotika getrennt und in einem mindestens zweistündigen Abstand zeitversetzt vorzunehmen. Die gleichzeitige Anwendung eines zusätzlichen Schmerz- und Fiebermittels sollte nicht erfolgen, da die gleichzeitige Gabe mehrerer NSAR das Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen erhöhen kann. Aspirin (ASS) darf bei Kindern unter zwölf Jahren nicht zur Schmerz- oder Fieberbehandlung zum Einsatz kommen, da das Risiko besteht, an einem Reye-Syndrom zu erkranken.

Wenn sich während der Einnahme von Ibuprofen die Zeichen der Infektion verschlimmern, ist die Kinderärztin erneut aufzusuchen. Die Ärztin wird dann prüfen, ob eine Indikation für eine antibiotische Therapie besteht.

Darf`s ein bisschen mehr sein?

•   Zur Befeuchtung der Atemwege sind zusätzlich Inhalationen von Salzlösungen mit einem Vernebler (zum Beispiel Pari Boy®) und Erkältungssalben mit ätherischen Ölen (Transpulmin® Erkältungsbalsam für Kinder) zum Einreiben von Brust und Rücken empfehlenswert.

•   Eine wohltuende, lindernde Wirkung bei Husten und Erkältung können Brustwickel haben, wie Bienenwachswickel (Ingeborg Stadelmann).

•   Um die Schleimhäute zu befeuchten und so den Hustenreiz zu mildern, eignet sich das Lutschen von Hustenbonbons (zum Beispiel Ipalat® zuckerfrei, GeloRevoice®).

•   Eine ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen, wie mit Vitamin C und Zink, kann bei entsprechend vorliegendem Mangel die körpereigene Immunabwehr stärken.

•   Bestehen weitere Erkältungssymptome, helfen Lutschtabletten gegen Halsschmerzen und ein kochsalzhaltiges oder abschwellendes Nasenspray gegen Schnupfen.



Manuela Kühn, Apothekerin
redaktion@daz.online


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