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Beratungs-Quickie
Hydromorphon auf einem rosa Rezept – und nun?
Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Im Beratungs-Quickie stellen wir jeden Donnerstag einen konkreten Patientenfall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über ein Opioidanalgetikum und das Prokinetikum MCP für eine ältere Frau, die unter starken Rückenschmerzen leidet. Allerdings gibt es bei der Verordnung Probleme mit den Formalien.
Formalien-Check
Frau M. betritt am Arm ihres Mannes die Apotheke und legt ihr Rezept am Tag der Ausstellung vor. Sie hat offensichtlich Schmerzen, läuft langsam und gebückt.
Verordnet sind eine N1-Packung MCP Hexal® 10 mg Tabletten sowie eine N3-Packung Jurnista® 4 mg mit 100 Retardtabletten. Der Orthopäde hat für beide Positionen ein Aut-idem-Kreuz gesetzt. Eine Substitution ist somit ausgeschlossen. Für Position zwei wären preisgünstige Importe zu beachten, sind jedoch nicht vorhanden.
Die Verordnung kann in dieser Form nur mit einer N1-Packung (zwanzig Tabletten) MCP Hexal® 10 mg beliefert werden. Zur Belieferung des Betäubungsmittels Jurnista® muss ein BtM-Rezept oder eine „Notfall-Verschreibung“ des Arztes vorliegen (BtMVV §8 Abs. 6). Die Verordnung muss dann mit dem Vermerk „Notfall-Verschreibung“ gekennzeichnet sein. Eine sofortige Rücksprache mit dem Arzt ist erforderlich.
Es ist kein Gebührenstatus-Feld angekreuzt. Die Kundin muss die gesetzliche Zuzahlung leisten, sofern sie keinen gültigen Befreiungsausweis vorlegen kann.
Ab Ausstellungsdatum ist die Verordnung über MCP einen Monat gültig. Eine „Notfall-Verschreibung“ darf nicht mehr beliefert werden, wenn das Ausstellungsdatum mehr als einen Tag zurückliegt. Vor der Abgabe muss die Apotheke möglichst mit dem Arzt Kontakt aufnehmen und nach ärztlicher Bestätigung das BtM abgeben. Der Arzt hat die Pflicht, der Apotheke ein mit dem Buchstaben „N“ gekennzeichnetes BtM-Rezept nachzureichen. Dieses dient der Abrechnung mit der Krankenkasse. Die Apotheke bedruckt darauf das tatsächliche Datum der Abgabe, auch wenn das Ausstellungsdatum nicht das gleiche ist.
Beratungs-Basics
Die Dame benötigt das Schmerzmittel sofort. Sie habe seit vorgestern keines mehr genommen, da sie dachte, es gehe auch ohne. Hier ist es wichtig, die Kundin nochmals über den regelmäßigen Gebrauch des Schmerzmittels im Rahmen einer Schmerztherapie aufzuklären, um die Therapietreue zu erhöhen. Außerdem dürfen Opioidanalgetika nicht plötzlich abgesetzt werden. Ein abruptes Weglassen kann Entzugssymptome verursachen: zunächst Schwitzen, Unruhe und Kreislaufreaktionen, nach ein bis drei Tagen dann auch schwerwiegendere Symptome.
Das zentralwirksame Prokinetikum Metoclopramid hat durch die Blockade von Dopaminrezeptoren im Brechzentrum eine antiemetische Wirkung. Außerdem wirkt es motilitätsfördernd. Im aktuellen Fall wird es symptomatisch zur Behandlung von Übelkeit oder Erbrechen eingesetzt, die als Nebenwirkung des Opioidanalgetikums auftreten können. Die ärztliche Dosierungsempfehlung lautet „bei Bedarf eine Tablette“ und ist gut leserlich auf die FAM-Packung zu übertragen. Die maximale empfohlene Tagesdosis von 30 mg MCP sollte dabei nicht überschritten werden. Vielmehr ist bei älteren Patienten eine Dosisreduktion auf Grundlage der Nieren- und Leberfunktion und der Gebrechlichkeit zu erwägen. MCP wird in den Leitlinien der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. als Antiemetikum zur Behandlung von opioidinduzierter Übelkeit beim chronischen Nichttumorschmerz genannt. Bei den meisten Patienten entwickelt sich spätestens nach zwei bis vier Wochen eine Toleranz gegenüber der emetischen Wirkung von opioidhaltigen Analgetika, und eine antiemetische Therapie ist dann in der Regel nicht mehr erforderlich.
MCP verursacht sehr häufig Somnolenz und führt häufig zu Durchfall. Treten unwillkürliche, krampfartige Bewegungen auf, muss die Kundin sofort einen Arzt aufsuchen.
Beratungs-Basics Hydromorphon
Hydromorphon zählt zu den hochpotenten Opioidanalgetika (WHO-Stufe III) und wird zur Behandlung starker Schmerzen bei Erwachsenen eingesetzt. Da der medizinische Status älterer Patienten oftmals komplex ist, sollte die Behandlung mit Hydromorphon bei dieser Patientengruppe vorsichtig begonnen sowie ggf. die Anfangsdosis reduziert werden. Die Kundin muss sich exakt an das ärztliche Dosierungsschema halten. Die Retardtabletten dürfen nicht öfter als einmal in 24 Stunden eingenommen werden. Die individuelle Dosis ist täglich etwa zur selben Uhrzeit mit oder ohne Mahlzeit mit einem Glas Wasser zu verabreichen. Die Tabletten dürfen nicht gekaut, geteilt oder zerkleinert werden. Sonst können Überdosierungen mit Vergiftungserscheinungen auftreten.
Da die Kundin eine vorgesehene Hydromorphon-Dosis ausgelassen hat, sollte sie sofort die nächste Dosis einnehmen und damit einen neuen 24-Stunden-Einnahmezyklus beginnen.
Die typischen Opioidnebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Sedierung halten meist nur vorübergehend an. Auch Obstipation tritt bei einer Therapie mit opioidhaltigen Analgetika sehr häufig auf, ist jedoch eine anhaltende Nebenwirkung. Daher ist eine prophylaktische Behandlung von Obstipation mit Laxantien in Erwägung zu ziehen. „Therapie der Opioid-induzierten Obstipation“:
Es sind negative Auswirkungen auf Fahrfähigkeit, Tätigkeiten am Arbeitsplatz (z. B. Arbeit an Maschinen) und auch in der Freizeit (z. B. Sport, Hausarbeit, Gartenarbeit) möglich. Selten kann es zu einer Atemdepression kommen. Das Risiko für eine Atemdepression ist bei älteren oder gebrechlichen Patienten erhöht. Ältere Patienten neigen außerdem eher zu Nebenwirkungen im Bereich des zentralen Nervensystems (Verwirrtheit).
Bei einer längerfristigen Anwendung von Hydromorphon besteht das Risiko einer psychischen Abhängigkeit.
Auch noch wichtig
Bei der Behandlung mit anderen Arzneimitteln in der Selbstmedikation oder nach ärztlicher Verordnung sind mögliche Wechselwirkungen zu beachten. Die Kundin muss ihren Arzt und Apotheker über alle Medikamente informieren, die sie einnimmt.
Bei starker Müdigkeit, Erbrechen, Übelkeit darf keine Selbstmedikation erfolgen. Die Kundin muss in diesem Fall Rücksprache mit ihrem Arzt halten, um eine Opioid-Überdosierung auszuschließen.
Alkohol verstärkt die zentraldämpfende Wirkung von Hydromorphon und MCP. Die Kundin sollte daher auf Alkoholkonsum verzichten.
Darf´s ein bisschen mehr sein?
Die
aktuelle S3-Leitlinie „LONTS – Langzeitanwendung von Opioiden zur
Behandlung bei nicht tumorbedingten Schmerzen“ der Deutschen
Schmerzgesellschaft e.V. finden Sie hier.
Ein schmerztherapeutisches Gesamtkonzept umfasst neben der Komedikation bedarfsadaptierte, nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie Krankengymnastik, Entspannungstechniken und eine psychologische Therapie.
Ist eine Verstopfung die Nebenwirkung einer Behandlung mit Opiaten, sind Laxanzien durch die GKV erstattungsfähig. Sie können gemeinsam laut OTC-Ausnahmeliste (AM-Rl des GB-A) mit dem Opioid auf dem BtM-Rezept verordnet werden.
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