Rx-Boni und EuGH-Urteil

DocMorris verklagt Apotheker auf 2,6 Millionen Schadenersatz

Berlin - 23.05.2017, 13:45 Uhr

2,6 Millionen Euro Schadenersatz: Die niederländische Versandapotheke DocMorris verlangt von der Apothekerkammer Nordrhein vor dem Landgericht Düsseldorf Schadenersatz. (Foto: DocMorris)

2,6 Millionen Euro Schadenersatz: Die niederländische Versandapotheke DocMorris verlangt von der Apothekerkammer Nordrhein vor dem Landgericht Düsseldorf Schadenersatz. (Foto: DocMorris)


Das verlorene EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung könnte für die Apotheker noch richtig teuer werden. Nach Informationen von DAZ.online hat die niederländische Versandapotheke DocMorris vor dem Landgericht Düsseldorf eine Schadenersatzklage in Höhe von 2,6 Millionen Euro gegen die Apothekerkammer Nordrhein eingereicht. Offenbar sieht DocMorris sein Geschäft geschädigt, da die Versandapotheke während des Verfahrens jahrelang keine Rx-Boni anbieten durfte.

Vor dem Landgericht Düsseldorf steht ein weiterer Rechtsstreit zwischen DocMorris und der Apothekerkammer Nordrhein an. Eine Sprecherin des Landgerichtes bestätigte gegenüber DAZ.online, dass die Versandapotheke im März eine Schadenersatzklage gegen die Kammer eingereicht habe. Es gehe um einen Betrag von 2,6 Millionen Euro. Die Klage befinde sich derzeit noch im schriftlichen Vorverfahren: Der Kammer wurde eine schriftliche Stellungnahmefrist eingeräumt, die aufgrund der Komplexität des Themas dann allerdings verlängert worden sei. Laut Gerichtssprecherin könnte der erste Verhandlungstermin im Herbst oder Winter dieses Jahres stattfinden.

Worum es in dem Verfahren genau geht und mit welchen juristischen Argumenten DocMorris seine Klage begründet, wollte die Sprecherin noch nicht verraten. Dem Vernehmen nach ist das Verfahren mit diversen, jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen zwischen DocMorris und der Kammer Nordrhein verknüpft. Denn die Kammer hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche erfolgreiche Versuche unternommen, unterschiedliche Boni-Modelle der Niederländer zu stoppen – einige in einem regulären Hauptsache-Klageverfahren, eine Reihe aber auch nur per einstweiliger Verfügung.

DocMorris: Verfahren der Apothekerkammer waren geschäftsschädigend

So hatte DocMorris seinen Kunden die unterschiedlichsten Varianten von Geldprämien angeboten, wenn sie bei der Versandapotheke ein Rezept einreichten. DocMorris wurden die Werbeaktionen, die Boni mit der Rezepteinreichung verknüpften, immer wieder verboten. Die EU-Versandapotheke musste die Boni-Modelle daher einstellen. Wenn dies nicht geschah oder die nächste Werbung der zunächst beanstandeten zu ähnlich war, fasste das Gericht auch Ordnungsgeldbeschlüsse. Allerdings zahlte DocMorris diese nie.

Grundsätzlich gilt: Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine einstweilige Verfügung „von Anfang an ungerechtfertigt“ war, so kann die Antragsgegnerin einen Schadenersatzanspruch geltend machen (§ 945 ZPO). Und genau das macht DocMorris nun. Ein Sprecher des Unternehmens sagte gegenüber DAZ.online: „Die AKNR hat gegen DocMorris von Dezember 2012 bis Ende Mai 2015 zahlreiche einstweilige Verfügungen zu Unrecht erwirkt und durchgesetzt. Diese beruhten auf der Annahme, dass DocMorris der Festpreisbindung für Rx-Arzneimittel unterläge und sich regelmäßig wettbewerbswidrig verhalten habe. Der EuGH hat bekanntlich in seiner Entscheidung vom 19.10.2016 festgestellt, dass die Erstreckung der Festpreisbindung auf EU-ausländische Versandapotheken zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt war. Durch den Vollzug ist DocMorris ein erheblicher Schaden entstanden. Nachdem die AKNR das Angebot zu Gesprächen rundweg abgelehnt hatte, sahen wir uns gezwungen, Klage zu erheben.“

DocMorris müsste zur Begründung des Anspruchs belegen, dass ihr durch die konkret verbotene Werbemaßnahme ein Schaden entstanden ist. Man darf gespannt sein, ob dies der Versandapotheke gelingt.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


8 Kommentare

Doc Morris

von Alexander Zeitler am 24.05.2017 um 0:41 Uhr

dreht sich die Erde jetzt nach rechts.
Oder spinnen die einfach?
ZAHLT Eure Steuern und gut ist.
Mit der Klage zeigt der Doc doch , dass er Probleme hat

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dreistigkeit siegt

von K. Stülcken am 23.05.2017 um 16:25 Uhr

Womöglich wurde Doc Morris eher vor weiteren Verlusten bewahrt. Mit dem frischen, ausländischen Kapital reicht es ja erst dann in die Gewinnzone zu fahren, wenn der Markt bereinigt ist. Schade, dass dieser dreiste Konzern von einigen desinteressierten oder uninformierten Politikern auch noch hofiert wird. Doc Morris selbt, zahlt natürlich keine Strafen, bekommt aber immer wieder kostenlose Werbung durch seine Aktionen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Immerhin

von Karl Friedrich Müller am 23.05.2017 um 15:28 Uhr

Hat DocMorris doch auch die Lieferverträge unterschrieben?
Schon deshalb ist die Klage absurd.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Aussitzen

von Daniela Hänel am 23.05.2017 um 15:25 Uhr

Ich hoffe nur, das die Apothekerkammer auch die Strafen aussitzt wie es DocMo getan hat...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

War es nicht eine gesetzliche Bestimmung?

von Daniel Draginsky am 23.05.2017 um 15:19 Uhr

Mag ja sein, dass ich nicht immer alles gleich verstehe aber ich war bisher der Meinung, dass die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für die EU-Versandapotheken Geltung hatten, da dies durch eine gesetzliche Vorschrift (§ 78 Arzneimittelgesetz -AMG-) festgelegt worden war. In meinen Augen ist dann eine Klage gegen die Apothekenkammer, die sich ja nur auf das geltende deutsche Recht berufen hat, eine Absurdität. Wenn DoMo als unbedingt jemanden verklagen will, dann vielleicht das Gesetzgebungsorgan der Bundesrepublik Deutschland. Es ist doch erschreckend, was in der EU doch so möglich ist bzw. möglich sein kann. Wobei ich die Entscheidung des EUGH immer noch als unverstädnlcih empfinde. Freier EU-Binnenmarkt ist ja schön und gut. Ich würde es auch verstehen, wenn es sich bei den RX-Medikamenten der ausländischen Versandapotheken, um die entsprechenden Arzneimittel aus den jeweiligem EU-Land handeln würde. Doch wenn ich es richtig sehe, werden ja die deutschen RX-Arzneimittel versandt, wenn ich mir die angebotenen PZN so anschaue. Oder liege ich da falsch. Habe bisher noch nie über den Versandhandel meine Medikamente bestellt, da ich an meiner Apotheke vor Ort festhalte. Also was soll dann das Gerede von freiem Binnenmarkt, wenn die deutschen Arzneimittel versandt werden. Schließlich rechnet DoMo doch auch mit den Kassen nach den deutschen Preisen ab. Oder zahlen die deutschen Kassen an DoMo geringere Preise als an den deutschen Apotheker für das gleiche Medikament?
Aber sicherlich steckt auch hier wieder eine große Lobby hinter dem Ganzen, deshalb lässt man auch alle gewähren. Die Frage ist ja auch, warum DoMo seine medikamente mit Rabatten anbieten kann. Medikamente, die aus Deutschland heraus verkauft werden unterliegen ja nicht der AMPreisV. Das bedeutet, die hersteller können ihre Medikamente unter dem ApU/HAP an die Versandhandelsapotheken innerhalb der EU günstiger verkaufen, als an die deutschen Großhändler und Apotheker (zumindest, wenn man davon ausgeht, dass sich die Hersteller innerhalb Deutschlands an ihren ApU/HAP halten würden -hahaha-). Alles sehr interessant und verworren. Wie eben unser ganzes Gesundheitssystem mit groben maschen gestrickt ist, um genügend Graubereiche zu haben, innerhalb derer sich jeder bewegen kann, um auf dem Rücken des Systems Gewinne zu erwirtschaften, die jenseits der gesetzlich vereinbarten margen liegen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zeit zum Nachdenken um die "Sommerpause" zu überbrücken ...

von Christian Timme am 23.05.2017 um 15:01 Uhr

Fehlender Respekt vor der deutschen Apothekerschaft hat einen Grund ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Woran erinnert mich dieses Gebaren?

von Christiane Patzelt am 23.05.2017 um 14:46 Uhr

Als europäischer Konzern bringt uns diese Firma schnell amerikanisches Geschäftsverhalten nach Deutschland! Das Thema "Klage gegen jeden, der unliebsam ist" oder zumindest "Unterlassungserklärungen", sind hier ein probates Modell, um die Portokasse aufzufüllen. Was wir dagegen tun können (nachdem wir politisch JETZ NEU nicht mehr unter Naturschutz stehen) sag ich euch -- es ist Zeit für eine große Solidarität unserer Verbände untereinander!! Wenn mein Verband und meine Kammer Brandenburg sich weigert, den Kollegen aus Nordrhein unter die Arme zu greifen, dann schlägts aber dreizehn! DocMorris mag eine Bedrohung sein, nehmen wir es doch als Chance, uns ZUSAMMEN gegen diese Krake aufzustellen!

Sollten unsere Verbände und Kammern nicht in der Lage sein, sich gemeinsam zu formieren, haben sie ihre Daseinsberechtigung in diesen wirtschaftlich harten Zeiten verspielt!!

Herr Dobbert, Herr Klauß (resp. der Nachfolger), es ist JETZT Ihre Zeit! Nutzen Sie die!!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

DoMo

von Anita Peter am 23.05.2017 um 14:08 Uhr

SDP, Grüne und die FDP finden DoMo toll. Eine Firma die nur darauf aus ist, den deutschen Mittelstand zu vernichten. Mit fleissiger Hilfe von Hedge Fonds und Terrorsaudis. Vielen Dank!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.