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Apothekenketten
Schmidt bezeichnet FDP-Wahlprogramm als „inkonsistent“
Gegenüber DAZ.online kritisiert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt die FDP-Forderung nach Apothekenketten. Diese Positionierung hatte der Landesverband Bayern beim Bundesparteitag eingebracht, obwohl sich dieser zuletzt noch vehement für die Erhaltung der inhabergeführten Apotheke vor Ort ausgesprochen hatte. FDP-Politiker erwägen offenbar, mit Ketten die Landversorgung sicherzustellen.
„Die Aussagen des FDP-Wahlprogramms zur Arzneimittelversorgung und zum Apothekennetz in Deutschland sind inkonsistent“, erklärte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt auf Nachfrage von DAZ.online die Beschlüsse des FDP-Bundesparteitags – dieser hatte überraschend für die Abschaffung des Fremdbesitzverbotes votiert. „Der Anspruch, eine hochwertige Versorgung sichern zu wollen und die dafür vorgeschlagenen Instrumente passen leider gar nicht zusammen“, sagte Schmidt.
Komplexe Probleme lassen sich im Gesundheitswesen nicht durch die simple Standardforderung nach scharfem Preiswettbewerb und harter Deregulierung lösen, betonte der ABDA-Chef. „Wer das glaubt, lässt fachliche Expertise vermissen und verkennt, dass Gesundheit kein Gut wie jedes andere ist“, kritisierte Schmidt scharf. „Weder Fremdbesitz von Apotheken noch Preisbeliebigkeit bei Medikamenten können am Ende dem Patienten nutzen.“
Bleibt der ABDA-Präsident Parteimitglied?
Ob Friedemann Schmidt seine eigene FDP-Mitgliedschaft aufgrund des Parteitagsbeschlusses aufgeben will, wollte ein ABDA-Sprecher auf Nachfrage nicht kommentieren. „Die ABDA spricht keine parteipolitischen Empfehlungen aus“, erklärte er. Die Präferenz für eine Partei und die Mitgliedschaft in derselben sei jedem Bundesbürger selbst überlassen.
Wörtlich heißt es im FDP-Programm nun: „Weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden.“ An anderer Stelle fordern die Liberalen jedoch „faire“ Rahmenbedingungen zwischen Apotheken und Versandapotheken. Und gleichzeitig wollen sie die Apotheke vor Ort „stärken“. Wie passt das zusammen?
Wie kam es zu dem überraschenden Antrag?
Die Debatte zum Apothekenmarkt verlief auf dem Bundesparteitag der FDP vergleichsweise turbulent. Nach Informationen von DAZ.online sollen zwei Vorstandsmitglieder der FDP Bayern den entsprechenden Antrag eingebracht haben. Innerhalb ihres Landesverbandes haben Fischbach und Sedlmayr den Antrag kurz besprochen und vom Landesvorstand grünes Licht erhalten. Die Debatte wurde wegen einer anderen Abstimmung unterbrochen, anschließend wurde die Absprache nicht fortgeführt. Der Satz wurde mitbeschlossen und steht nun im Wahlprogramm.
Dass die FDP Bayern ein gespaltenes Verhältnis zum Apothekenmarkt hat, ist schon länger bekannt. Im September 2016 hatte Matthias Fischbach, Vorstandsmitglied in der FDP Bayern, gefordert, Apothekenketten zu ermöglichen. Fischbach erklärte damals: „Die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes sollte man prüfen. In unserer mobiler gewordenen Welt könnten große Apothekenketten überregionale Marken mit eigenem Qualitätsversprechen aufbauen. Diese würden das Netz kleiner inhabergeführter Apotheken gut ergänzen.“
Uneinigkeit innerhalb der Liberalen
Nur wenige Tage später musste Fischbach für diese Aussagen allerdings Kritik aus dem eigenen Lager einstecken: Daniel Föst, Generalsekretär der FDP Bayern, erklärte in einem Interview mit DAZ.online, dass eine „Phantomdebatte“ über Apothekenketten überhaupt nicht benötigt werde. Der Vorsitzende der FDP Bayern, Albert Duin, hatte gegenüber DAZ.online sogar ein Rx-Versandverbot gefordert und erklärt, dass Versandapotheken Vor-Ort-Apotheken aufgrund des EuGH-Urteils „das Fleisch aus den Rippen“ schneide.
Auf dem nun beendeten Parteitag war es der Landesverband Baden-Württemberg, der für die Beibehaltung der inhabergeführten Vor-Ort-Apotheke kämpfte. Andrea Kanold, selbst Apothekerin, hielt eine Brandrede für die Apotheke vor Ort und warb für einen Antrag ihres Landesverbandes, den zuvor FDP-Politiker Jochen Haußmann entworfen und ins Antragsbuch gebracht hatte. In dem Antrag wollten die Baden-Württemberger ein befristetes Rx-Versandverbot erreichen. Der Vorschlag wurde allerdings mit 73 Prozent abgelehnt.
Wahlprogramm bedarf einer „weiteren Präzisierung“
Im Gespräch mit DAZ.online gab Haußmann zu, dass sich im beschlossenen Parteiprogramm aus Apothekersicht einige Fragen ergeben. „Einerseits will man die Möglichkeit schaffen, im ländlichen Raum die Versorgungsstrukturen langfristig zu sichern – und andererseits die inhabergeführte Apotheke stärken“, erklärte er. „Dies bedarf noch der weiteren Präzisierung.“
Haußmann sagte, dass auch er sich, insbesondere mit Blick auf die Versorgungslage in einigen Gegenden Baden-Württembergs, eine Diskussion über neue Versorgungsstrukturen für die Landversorgung wünsche. „Wir hätten im Wahlprogramm aber gerne die Option mitgenommen, noch einmal eine fachliche Expertise zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils und die Wirkungsweise etwaiger Maßnahmen zum Apothekenmarkt zu erstellen“, erklärte er – auch um zu prüfen, ob ein vorübergehendes Versandhandelsverbot ein sinnvoller Weg ist. „Dem ist der Parteitag aber nicht gefolgt.“
Der baden-württembergische FDP-Politiker betont, dass an anderer Stelle als „zentrale Aussage“ trotzdem noch das Bekenntnis zur inhabergeführten Apotheke im FDP-Wahlprogramm enthalten ist. „In der Beschlussfassung steht ja, dass man alles dafür tun möchte, die inhabergeführte Apotheke zu stärken. Beispielsweise werden Sicherstellungszuschläge für Apotheken vorgeschlagen, oder die bessere Vergütung von Not- und Nachtdiensten und Beratungsleistungen.“
Apothekenketten für den ländlichen Raum
Offenbar sind Apothekenketten für ihn wie auch viele Parteifreunde eine Option, in schwach besiedelten Gebieten die Versorgung sicherzustellen. „Im ländlichen Raum stehen wir sicherlich längerfristig vor Herausforderungen bei der Arzneimittelversorgung“, erklärt Haußmann auch mit Blick auf Hüffenhardt. „Hier wird man darüber nachdenken müssen, über die bisherigen Regelungen der Zweigpraxen hinaus mehr Flexibilität zuzulassen. Dazu wollen wir einen weiteren Rahmen schaffen.“
Gleichzeitig müssten aber die Bedingungen für inhabergeführte Apotheken im Vergleich zu Apothekenketten attraktiv genug bleiben, betont der FDP-Politiker. „Klare Leitlinie ist für mich die Sicherstellung und Stärkung der inhabergeführten Apotheken – und gleichzeitig die Sicherstellung im ländlichen Raum.“
Allerdings blieb auf dem FDP-Parteitag zu wenig Zeit, angemessen über das Thema „Apothekenketten“ zu sprechen. „Angesichts von über 400 Änderungsanträgen war eine Generaldebatte dazu leider nicht möglich“, sagt der FDP-Landespolitiker. „Dann ist die Chance gering, alle Punkte detailliert zu diskutieren. Irgendwann war bei der Diskussion auch der Punkt erreicht, die Aussprache zu beenden und zu entscheiden – auch wenn es aus meiner Sicht lohnenswert gewesen wäre, noch zu diskutieren und wichtige Themen dazu anzusprechen.“
17 Kommentare
Liberalisierung
von Karl Napp am 04.05.2017 um 17:08 Uhr
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Lindner, desorientiert?
von Heiko Barz am 03.05.2017 um 11:06 Uhr
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Das Hohelied der Ketten…
von R. Lachenmaier am 03.05.2017 um 8:31 Uhr
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AW: Das Hohelied der Ketten
von J.Borsch am 03.05.2017 um 10:04 Uhr
AW: Das Hohelied der Ketten
von B. N. Ma am 03.05.2017 um 15:33 Uhr
AW: Das Hohelied der Ketten
von R. Lachenmaier am 04.05.2017 um 18:16 Uhr
Glauben Sie ernsthaft...
von B. N. Ma am 03.05.2017 um 0:26 Uhr
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AW: Eine Anmerkung noch
von B.N. Ma am 03.05.2017 um 0:40 Uhr
AW: Glauben Sie ernsthaft
von Heiko Barz am 03.05.2017 um 10:17 Uhr
Berlin schont die Ärmel
von T. La Roche am 02.05.2017 um 22:14 Uhr
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AW: Berlin schont die Ärmel
von Martin Didunyk am 02.05.2017 um 22:44 Uhr
Versorgung im "ländlichen Raum"
von M.Hofmann am 02.05.2017 um 22:00 Uhr
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Stillstand in "Zeitlupe" ...
von Christian Timme am 02.05.2017 um 20:42 Uhr
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F. Schmidt
von Frank ebert am 02.05.2017 um 20:11 Uhr
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F.S.-Gesülze
von G. Wagner am 02.05.2017 um 18:49 Uhr
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"inkonsistent" ?
von Martin Didunyk am 02.05.2017 um 18:30 Uhr
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AW: Inkonsistent!
von Armin Spychalski am 02.05.2017 um 18:51 Uhr
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