Europäisches Risikobewertungsverfahren

Fluorchinolone auf dem Prüfstand

Bonn / Stuttgart - 10.02.2017, 16:10 Uhr

Risse der Achillessehne sind eine bekannte Nebenwirkung der Fluorchinolone. (Foto: goanovi / Fotolia)

Risse der Achillessehne sind eine bekannte Nebenwirkung der Fluorchinolone. (Foto: goanovi / Fotolia)


Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA wird die Wirkstoffgruppe der Fluorchinolone hinsichtlich des Auftretens schwerer Nebenwirkungen überprüfen und das Nutzen-Risikoverhältnis bei bestimmten Indikationen neu bewerten. Angestoßen wurde das Verfahren durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Schwerwiegende Nebenwirkungen unter Fluorchinolonen, wie Veränderungen an den Sehnen, sind seit langem bekannt. Sie werden entsprechend in den Produktinformationen aufgeführt. Bereits in der Vergangenheit wurde die Sicherheit entsprechender Präparate auf europäischer Ebene bewertet. Die Folge waren Indikationseinschränkungen. Diese wurden auch mittels Rote-Hand-Briefe an die Ärzteschaft kommuniziert.

Zuletzt hatte die amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) im August 2016 über Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der systemischen Anwendung von Fluorchinolonen berichtet, die zu starken Einschränkungen führen und unter Umständen dauerhafte Beeinträchtigungen verursachen können. Die US-Amerikaner hatten daher die Empfehlung ausgesprochen, diese Antibiotika restriktiver zu verordnen. Wenn es alternative Antibiotika gibt, sollen Ärzte keine Fluorchinolone verordnen, hieß es damals in einer Mitteilung der der FDA. Denn in diesen Fällen überwiege der Nutzen das Risiko.

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Stimmt das Nutzen-Risikoverhältnis noch?

Nun werden auf europäischer Ebene auf Initiative des BfArM alle Berichte über schwerwiegende Nebenwirkungen, die zu starken Einschränkungen und potentiell bleibenden Beeinträchtigungen führen können, neu bewertet. Und auch die aktuelle wissenschaftliche Literatur wird analysiert. So soll die Frage betanwortet werden, ob weitere Maßnahmen zur Risikominimierung erforderlich sind. Außerdem möchten die Prüfer des BfArM wissen, ob das Risiko für die genannten schwerwiegenden Nebenwirkungen Auswirkungen auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei der Behandlung von weniger schwerwiegenden Infektionen hat. Zum Beispiel die akuter bakterielle Sinusitis, akute Exazerbation der chronischen Sinusitis und der chronischen Bronchitis oder unkomplizierten Harnwegsinfektionen. Bei letzter Indikation sind sie auch laut Leitlinie nicht mehr Mittel der ersten Wahl.

In dem jetzt angestoßenen Risikobewertungsverfahren werden wegen ihres gleichen Wirkmechanismus auch die Chinolone in den Blick genommen. In Deutschland sind allerdings keine Chinolon-haltigen Antibiotika mehr zugelassen. In anderen europäischen Ländern gibt es sie aber noch. 

Bei Fragen an den Apotheker wenden

Das BfArM weist aber in diesem Zusammenhang explizit darauf hin, dass die Verordnung eines Antibiotikums grundsätzlich immer eine individuelle Entscheidung des ärztlichen Fachpersonals für einen individuellen Patienten ist. Anwendungsrisiken sollten daher dort auch im Einzelfall besprochen werden. Für Fragen zu Therapie oder zu Anwendungsrisiken des Arzneimittels verweist die Bundesoberbehörde Patienten – in diesem sowie jedem anderen Fall – an Apotheker und Ärzte.

Fluorchinolone

Fluorchinolone sind antimikrobielle Wirkstoffe, deren Wirkung auf Hemmung des bakterieller Topoisomerasen basiert. Ältere Vertreter dieser Klasse hemmen vornehmlich die Topoisomerase II, die Gyrase. Daher auch die Bezeichnung Gyrasehemmer. Neuere blockieren auch die Topoisomerase IV (siehe Video).

Durch die Gyrase-Hemmung verhindern Fluorchinolone die Superspiralisierung  der Bakterien-DNA, das sog. Supercoiling. Die Chromosomen werden immer länger. Ein korrekte Replikation DNA wird unmöglich. Zunächst wird die Teilung gestoppt (bakteriostatische Wirkung), In der Folge sterben die Bakterien ab (bakterizide Wirkung).

Zahlreiche Vertreter mit unterschiedlich breiten Wirkspektren sind auf dem Markt, zum Beispiel Ciprofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin. 


jb / DAZ.online
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5 Kommentare

Nebenwirkungen nach Ciprohexal

von P.W. am 22.09.2018 um 11:53 Uhr

Im Krankenhaus bekam ich Cipro wg. einer angeblichen schlimmen Blasenentzündung ( von der ich nie etwas bemerkte! )zusammen mit einer Hochdosis-Kortisontherapie aufgrund einer anderen Vorerkrankung. Ca.24 Stunden nach Einnahme (also nach der 2.Tablette) hatte ich schlimmste Nebenwirkungen wie Sehstörungen, Tinnitus, Gleichgewichts- und Gedächtnisstörungen. Hinzu kamen heftigste Schmerzen in den Hüften und Oberschenkeln, sodass ich kaum noch und nur wenige Meter gehen konnte. Alle Hinweise meinerseits wurden abgewimmelt mit der Begründung, dass ich ja im KH sei, falls es schlimmer wird!!! Es wurde! Mein Blutbild veränderte sich so stark, dass die Ärzte annahmen, ich hätte jetzt zur Autoimmunerkrankung auch noch Leukämie. Bis ein Hämatologe nach 10 Tagen Cipro darauf kam, dass alle Veränderungen meines nun sehr schlechten Zustandes vom Ciprohexal kommen könnten...Leider verschwand sein Arztbericht...Zwei Jahre danach geht es besser, aber nicht gut. Meine Selbstständigkeit musste ich aufgeben. Rente bekomme ich nicht und arbeiten geht nur sporadisch. Ich bin restlos bedient mit FLUORCHINOLONEN.

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Schwindel u Schwäche

von Andreas Wolfsmüller am 20.09.2017 um 13:10 Uhr

Dr Glaubitz Ingolstadt hat meiner Mutter auf Grund eines Insektenstiche ein Antibiotikum aus der Reihe der Flurchinolone verordnet. Nach nur zwei Tabletten fühlt sie sich seitdem geschwächt und klagt über Schwindel. Ich halte es für fast schon fahrlässig, einer 82-Jährigen mit 46 kg, einen derartigen Hammer zu verschreiben. Im Nachhinein könnte ich mich Ohrfeigen, sie das überhaupt einnehmen zu lassen, denn ich sah ca. 6 Wochen zuvor einen Bericht über Antibiotika dieser Gruppe und überhaupt - wegen eines Insektenstiches ein Antibiotikum??? Werden unsere Ärzte immer noch blöde und Verantwortungsloserer???

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Nebenwirkungen

von T.K. am 19.08.2017 um 9:08 Uhr

seit der einnahme von cipro ist mir bewusst warum es menschen gibt, die auf einmal amok laufen, in schulen rum schießen, sich das leben nehmen, depressionen bekommen, ein flugzeug mit über 150 menschen abstürzen lassen. Siehe robert enke, siehe schauspieler robert williams.....sie hatten alle eins gemeinsam, sie nahmen medikamente und litten unter depressionen. Medikamente gehen auf die leber und können toxische psychosen auslösen, verhaltensveränderungen, depressionen. Als sensibler mensch hatte ich auf einmal wahrnvorstellungen wie sich umbringen wollen mit pflanzenschutzmittel, hand abhacken, aufhängen und letztendlich schnitt ich mir auf brutale weise den arm auf. Ich erspare jedliche detai...eine unfassbare geschichte, die mich eine ganze reihe von nebenwirkungen kostete. Toxische psychose, angst, panik, depression, brennen am körper, schmerzen am ganzen körper, juckreiz, blaue flecken (unerklärlich), verwirrtheit, brain fog, gleichgewichststörungen, orientierungslosigkeit, verhaltensveränderungen, hautausschläge an armen und gesicht, muskelabbau, bewegungseinschränkungen, muskelschwäche, schlechte nervenleitströme, schlechtes blutbild von b-vitamine, d-vitamine, eisen und ferritinmangel, hohe leberwerte............so züchtet man sich neue krankheitsbilder um weitere medikamente zu verabreichen........Das ist unsere tolle schulmedizinische wissenschaft und pharmaindustrie...

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Seit 3 Jahren Achillessehnenentzündung, von Ciprofloxacin?

von A.S. am 09.08.2017 um 0:05 Uhr

Ich hab seit Jahren schlimme Achillessehnenentzündung. Jeder Arzt sagt nur, ich wäre zu schwer,die Überlastung macht das uns Einlagen helfen. Sie helfen nicht. Und mehr auf den Rippen hab ich seit der Pupertät.Das ist schon 37 Jahre her.Komisch, dass ich vorher nie Probleme hatte. Ich hab bei einer Sommer-Seitenstrangangina Ciprofloxacin bekommen, dass aber nie im Zusammenhang gesehen. Das ist jetzt anders.Offenbar muss ich auch damit leben, nur unter Schmerzen und auch nur langsam und vorsichtig laufen zu können.
Schönen Dank auch.

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Nebenwirkungen

von Heinz Kreher am 12.02.2017 um 10:25 Uhr

Nur wer die vollen Nebenwirkungen der Fluorchinolone wie Schwindel, Angstzustände, Schmerzen, Übelkeit,Sehstörungen, das Gefühl schwer krank zu sein und nicht mehr gesund zu werden, das Bedürfniss aus unerklärlichen Gründen sich das Leben zu nehmen, das ganze über Monate, EINMAL erlebt hat, kann nachvollziehen um welche Medikamente es sich hierbei handelt.1 Woche wünsche ich den sogenannten Entscheidern über die Zulassung- das reicht schon. Ich hatte Glück und konnte dem Teufelskreis entkommen, andere leider nicht......

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