Arzneimittel und Therapie

Die Achillesferse von Fluorchinolonen

Tendinitis und Sehnenruptur können schwere Nebenwirkungen sein

rr | Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone zeichnen sich durch ein breites Erregerspektrum bei guter oraler Bioverfügbarkeit aus. Demgegenüber steht das Risiko für schwere Nebenwirkungen wie Tendopathien oder ZNS-Störungen. Das ARD-Magazin Kontraste berichtete von zwei Patienten, die seit der Einnahme von Fluorchinolonen arbeitsunfähig sind.

Die beiden jungen Männer im Fernsehbeitrag können kaum noch laufen [1]. Zurückgeführt wird diese Mobilitätseinschränkung auf die Behandlung mit Fluorchinolonen. In der Fachinformation von Ciprofloxacin-Präparaten werden Tendinitis, Myasthenie und Sehnenruptur (insbesondere der Achillessehne) als sehr seltene Nebenwirkungen aufgeführt, treten statistisch gesehen bei weniger als einem Fall pro 10.000 Patienten auf. Die Beschwerden können 48 Stunden nach Behandlungsbeginn auftreten, aber auch erst einige Monate später [2].

Wo ist das Risiko am höchsten?

Das erhöhte Risiko für Tendopathien wird als Klasseneffekt der Fluorchinolone angenommen [3]. Welcher Mechanismus hinter dieser unerwünschten Wirkung steckt, ist noch nicht vollständig geklärt. Diskutiert wird neben der Stimulierung von Matrixmetalloproteasen und anderen Enzymen zum Abbau von Kollagen auch die Bildung von Chelaten mit mehrwertigen Kationen, beispielsweise Magnesium. In Zell- und Tierversuchen wurde unter Therapie mit Levofloxacin und seinem Racemat Ofloxacin das höchste Risiko für Sehnenschäden beobachtet. Grundsätzlich besteht wohl eine Korrelation mit Dosis und Therapiedauer. Weitere Risikofaktoren sind ein höheres Alter (über 60 Jahre), eine gleichzeitige Therapie mit Corticosteroiden und eine bestehende renale Dysfunktion.

Die Behandlung einer Tendinitis besteht in der Ruhigstellung der Extremität, der Gabe von Analgetika und Physiotherapie. Auch ein chirurgischer Eingriff kann erwogen werden. In etwa 10% der Tendopathie-Fälle kommt es zu Langzeitschäden [3].

Anzeichen einer Tendinitis

  • Schmerzen im hinteren Knöchelbereich
  • Schwellung
  • Entzündung
  • Funktionseinschränkung der betroffenen Extremitäten­abschnitte

Nur Reserve-Antibiotika

Die US-Aufsichtsbehörde FDA fordert Ärzte dazu auf, Fluorchinolone bei bakterieller Sinusitis, akuten Exazerbationen einer chronischen Bronchitis und unkomplizierten Harnwegsinfektionen nur dann zu verordnen, wenn es keine anderen Behandlungsoptionen gibt. Warnhinweise und Produktinformationen sollen mit dem Hinweis auf das Risiko für potenziell irreversible körperliche Behinderungen aktualisiert werden [4]. In Deutschland hält das Bundesgesundheitsministerium eine Black-Box-Warnung wie in den USA derzeit nicht für notwendig [1]. Nach Betalactamen, Tetracyclinen und Makroliden stellen Fluorchinolone hierzulande die viertstärkste Verordnungsgruppe unter Antibiotika dar [5]. Bei jeglichem Anzeichen einer Tendinitis (siehe Infokasten) sollte die Behandlung mit Fluorchinolonen sofort beendet werden. |

Quellen

[1] ARD-Magazin Kontraste, Sendung „Arzneimittelbehörden versagen beim Patientenschutz“ vom 15. September 2016

[2] Fachinfo Ciprofloxacin Abz, Stand März 2014

[3] Bidell MR, et al. Pharmacotherapy 2016;36(6):679-693

[4] FDA Drug Safety Communication vom 26.7.2016

[5] Arzneiverordnungsreport 2015, Springer

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