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Statt Rx-Versandverbot
SPD diskutiert Boni-Grenze als Plan C
Noch hält sich die SPD-Bundestagsfraktion bedeckt, was die Alternativen zum Rx-Versandverbot betrifft. Gegenüber DAZ.online spricht sich nun der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) für eine Obergrenze für Rx-Boni im Sozialgesetzbuch aus: Sie sei kurzfristig und rechtssicher umsetzbar – und ein Kompromiss, mit dem alle leben könnten.
Dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Rx-Boni für ausländische Versandapotheken für Handlungsbedarf in Deutschland gesorgt hat, ist Konsens unter deutschen Politikern. Doch das Spektrum an möglichen Reaktionen des Gesetzgebers ist breit: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) forderte wie auch die ABDA schon nach einigen Tagen, den Versandhandel für rezeptpflichtige Arzneimittel zu verbieten. Vehement widersprach jedoch der Fraktionsvize des Koalitionspartners SPD, Karl Lauterbach: Seiner Einschätzung nach ist der Versandhandel eine „alternative Vertriebsform“, die erhalten bleiben sollte. Doch der Alternativvorschlag einer Honorarreform, die auch die für Apothekenfragen zuständige SPD-Politikerin Sabine Dittmar unterstützt, würde bis zur Bundestagswahl im nächsten Herbst nur schwerlich umsetzbar sein.
Für eine seiner Ansicht nach kurzfristig mögliche wie auch rechtssichere Lösung spricht sich nun der SPD-Gesundheitsexperte Edgar Franke gegenüber DAZ.online aus. Dem Vernehmen nach findet sein Vorschlag innerhalb der SPD-Fraktion zunehmend Anhänger. Er will die Rx-Boni, die der EuGH für ausländische Versandapotheken freigegeben hat, teils wieder verbieten – oder zumindest begrenzen. Anders als das bisherige harte Verbot, das im Arzneimittelgesetz verankert war, plant Franke eine Klarstellung im § 129 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB), welcher den Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung regelt.
Auch DocMorris kann kaum aus dem Rahmenvertrag aussteigen
Das ist der Hintergrund: Alle wichtigen in Deutschland tätigen ausländischen Versandapotheken sind freiwillig dem Rahmenvertrag beigetreten, damit sie bei gesetzlich Versicherten direkt mit den Krankenkassen abrechnen können – und hatten sich ihren Beitritt zum Rahmenvertrag teils sogar vor dem Bundessozialgericht erstritten. Zuvor mussten diese den Herstellerrabatt aus der eigenen Tasche übernehmen, wenn sie nicht über den Rahmenvertrag abrechnen. Das können sich auch DocMorris und anderer EU-Versender kaum erlauben.
Zwar verbietet der Rahmenvertrag über Verweise auf § 78 Arzneimittelgesetz und § 7 Heilmittelwerbegesetz bereits jetzt die
Rx-Boni, doch können nur die Kassen gegen die
Verletzungen der Arzneimittelpreisverordnung ihrer Vertragspartner vorgehen –
nicht etwa Wettbewerber.
„Ein Kompromiss, mit dem alle leben könnten“
Nach Frankes Vorschlag soll nun im SGB V – und offenbar ohne langwierige Verhandlungen der Vertragspartner – klargestellt werden, dass Rx-Boni für Teilnehmer am Rahmenvertrag entweder ganz verboten oder auf beispielsweise fünf Euro begrenzt sind. „Dann hätte man alle Spatzen gefangen“, erklärte er. Aktuell würden die Kassen das Rabatt-Verbot nicht durchsetzen, weshalb auch DocMorris seine über den Rahmenvertrag eigentlich untersagten Rx-Boni weiter anbietet.
„Das wäre wohl ein Kompromiss, mit dem alle leben könnten“, erklärte Franke gegenüber DAZ.online zu dem Vorschlag. Der SPD-Gesundheitsexperte ist auch Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestags und nimmt also eine moderierende Funktion ein. „Man bräuchte nicht den Versandhandel rezeptpflichtiger Arzneimittel verbieten“, sagte Franke. Insgesamt würde „alles so bleiben, wie es ist“ – was zumindest gelte, wenn die Rx-Boni für gesetzlich Versicherte nicht begrenzt, sondern verboten blieben. Offenbar um noch Verhandlungsmasse zu haben will er die Frage Verbot oder Grenze erstmal offenlassen.
Der Status bliebe gewahrt
Frankes Ansicht nach hätte der Vorschlag mehrere überzeugende Vorteile. „Ein Rx-Boni-Verbot in Paragraph 129 wäre rechtlich haltbar – und man hätte dann mittelbar den Status gewahrt“, betonte er. Denn klar ist, dass deutsche Versandapotheken in Folge des EuGH-Urteils gute Chancen hätten, sich die Möglichkeiten von Rabatten in Deutschland per Gerichtsweg einzuklagen. Auch bestehen erhebliche Zweifel, ob ein Rx-Versandverbot nicht spätestens vom Bundesverfassungsgericht wieder gekippt würde, da es nach zwölf Jahren als erhebliche Einschränkung der Geschäftsfreiheit von Versandapotheken angesehen werden kann. Während der Bundesrat mit knapper Mehrheit dafür votiert hatte, stehen die Chancen für Gröhes Vorschlag im Bundestag ohnehin schlecht: Nur die Linken-Fraktion ist dafür. In der SPD, bei den Grünen und auch in der Union gibt es hingegen deutliche Kritik.
Während die feste Rx-Arzneimittelpreisbindung vom EuGH zu Gunsten der EU-Warenverkehrsfreiheit gekippt wurde, sei eine Grenze für Rx-Boni im Sozialgesetzbuch rechtssicher, erklärte der Jurist und frühere Hochschulrektor Franke gegenüber DAZ.online. „In § 129 SGB V kann man den Schutz der Gesundheit regeln, was dem Recht auf freien Warenverkehr der Europäischen Union vorgehen kann“, betonte er. Das Sozialgesetzbuch sei ein klassisches Gesundheitsgesetz. „Bei einer nationalen Regelung kann man die Warenverkehrsfreiheit beschränken für den Schutz der Gesundheit“, erklärte der SPD-Politiker.
Fehlanreize vermieden, kurzfristig durchsetzbar
Darüber hinaus könnten zumindest beim einem Verbot von Rx-Boni zuzahlungsbefreite Versicherte keine Rabatte mehr einstreichen. „Wir hätten nicht den Fehlanreiz, dass Menschen Boni bekommen, die eigentlich der Versichertengemeinschaft zustehen“, erklärte Franke. Und insbesondere könnte die Gesetzesänderung bald eingeführt werden und müsste nicht – wie beim Rx-Versandverbot – anderen EU-Mitgliedsstaaten mehrere Monate Zeit geben, Bedenken anzumelden.
„Das kann man kurzfristig hinkriegen“, betonte Franke. „Es ist ein schneller Vorschlag, der nicht kontrovers ist.“ Manche würden vielleicht sagen, die Regelung würde nicht weit genug gehen, aber sie hat seiner Ansicht nach auch „keine Gegner“. „Es spricht alles dafür, eine Regelung im Paragraphen 129 zu machen“, sagte der SPD-Politiker.
Wie geht es weiter?
Bleibt abzuwarten, ob beispielsweise auch seine Kollegin Sabine Dittmar und SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sich eine derartige Grenze für Rx-Boni auf die Fahnen schreiben wollen – und was der Koalitionspartner Union hiervon hält. Interessant könnte es also nächste Woche werden, wenn die Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD turnusmäßig zusammenkommt.
Die ABDA wollte den Vorschlag auf Nachfrage nicht kommentieren, sondern hält an Plan B – dem Rx-Versandverbot – fest. „Wir haben eine saubere und klare Lösung in der politischen Diskussion, und die wollen wir verwirklicht sehen“, erklärte ABDA-Sprecher Reiner Kern gegenüber DAZ.online.
8 Kommentare
5€?
von Peter Lahr am 06.12.2016 um 10:24 Uhr
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Alles Gaga
von Karl Friedrich Müller am 06.12.2016 um 9:09 Uhr
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Ansatz funktioniert nicht
von Pöppl Christian am 05.12.2016 um 20:06 Uhr
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Das ist doch
von Christiane Patzelt am 05.12.2016 um 18:30 Uhr
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AW: Das wird noch...
von Bernd Jas am 05.12.2016 um 20:08 Uhr
AW: Gesprächsrunde
von florian becker am 06.12.2016 um 11:17 Uhr
5 Euro
von Anita Peter am 05.12.2016 um 16:51 Uhr
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Zuzahlungen generell abschaffen
von Hermann Eiken am 05.12.2016 um 15:57 Uhr
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