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Bundespolitiker gegen Landesfraktion
FDP schwimmt in Versandverbot-Debatte
Nach FDP-Chef Christian Lindner spricht sich nun auch ein weiterer Bundesvorstand für den Erhalt von Versandapotheken aus. Der Markt müsse „vollständig“ geöffnet werden. Die baden-württembergische Landtagsfraktion hat andere Pläne: Sie fordert ein Rx-Versandverbot. Der dortige gesundheitspolitische Sprecher der Liberalen sieht dies nach dem EuGH-Urteil als einzige sinnvolle Lösung.
Für den FDP-Chef Christian Lindner hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seiner Entscheidung für die Freigabe von Rx-Boni für ausländische Versandapotheken eine „Lanze für den Apothekenwettbewerb“ gebrochen, wie er kürzlich gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte. Er sprach sich gegen das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgeschlagene Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln aus. „Es muss Wettbewerb unterschiedlicher Angebote geben, erklärte Lindner, der „faire“ Konkurrenz und bessere Regeln forderte. „Es wäre falsch, die Apotheken unter Naturschutz zu stellen und den Versandhandel zu verbieten“, sagte er – Verbote würden „uns in das letzte Jahrhundert katapultieren“.
Einen Bericht von DAZ.online griff Lindner auf seiner
Facebook-Seite auf.
„Spannend, wie meine marktwirtschaftliche Position zu Versandhandel und
Apotheken in der Branche aufgegriffen wird“, erklärte er – „Liberale können
eben nicht einseitig für einen Anbieter Partei ergreifen“. Auch seine Kollegin
im Vorstand der Bundes-FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, blies in einem
Beitrag ins selbe Horn.
„Ich bin froh, dass wir als FDP-Präsidium dem Wettbewerb nicht im Wege stehen“,
erklärte sie. „Das EuGH-Urteil zur Öffnung des Versandhandels für
verschreibungspflichtige Arzneimittel war konsequent und muss kein
Wettbewerbsnachteil für die inhabergeführten Apotheken sein. Hierbei muss der
Gesetzgeber die Grundlage schaffen, dass sich diese aus der Überregulierung
lösen können.“
Markt soll vollständig geöffnet werden
Ihrer Ansicht nach sei jetzt der richtige Moment, „um den Markt vollständig für alle Teilnehmer zu öffnen“, wie Strack-Zimmermann schrieb. „Hierbei muss den Apotheken vor Ort ebenso die Möglichkeit gegeben werden, einen Online-Versand anzubieten, um in den freien Markt eintreten zu können“, erklärte sie trotz der bestehenden Möglichkeiten für den Arzneimittel-Versand. „Überkommene Regelungen, die den Apotheken vorschreiben, was sie verkaufen dürfen, müssen aufgebrochen werden, damit Apotheken ein eigenes Verkaufsmodell entwickeln können, das sich am individuellen Bedarf ihrer Kundinnen und Kunden orientiert.“
Angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft werde die inhabergeführte Apotheke mit individueller Beratung ihre Bedeutung nie verlieren, betonte Strack-Zimmermann. „Den Apotheken vor Ort muss es ebenso wie Versandapotheken möglich sein, eigene Rabattmodelle zu entwickeln, um im fairen Wettbewerb mit den Versandapotheken bestehen zu können“, erklärte sie in ihrem Facebook-Eintrag. „Die starre Preisbindung ist überholt. Insbesondere chronisch kranke Patientinnen und Patienten, die keine intensive Beratung mehr benötigen, sondern nur noch ihr Medikament, und das möglichst preisgünstig, würden so vom Wettbewerb zwischen Versand- und stationären Apotheken profitieren können und viel Geld sparen.“
Der Facebook-Beitrag löste eine ausführliche Debatte nicht
nur unter Apothekern aus. „Keine Apotheken-Klientelpartei mehr, endlich!“, schrieb ein Kommentator beispielsweise. „Wie zynisch, unglaubwürdig und opportunistisch,
heute den Wettbewerb zu fordern, den man selber 2012 verboten hat“, erklärte hingegen die Apothekerin Gabriela Aures von der Rathaus Apotheke
Gaimersheim angesichts der Regulierung der Rx-Einkaufskonditionen vor vier Jahren.
Auf Landesebene setzt sich die FDP fürs Rx-Versandverbot ein
Ganz anders als die Bundesebene schätzt die FDP-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg die Situation ein. Die dortige Landesregierung solle „gegenüber dem Bund ein Untersagen des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zur Gewährleistung der langfristigen Sicherheit bei der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung einfordern“, forderte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Jochen Haußmann, mit seinen Fraktionskollegen in einem Antrag an den Landtag.
Die FDP habe seinerzeit gegen die Freigabe des Rx-Versandhandels gestimmt, heißt es in der Begründung. „Zur Sicherstellung einer hochwertigen und sicheren Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist ein Untersagen des Versandhandels mit diesen Gütern besonderer Art das nicht nur geeignete, sondern erforderliche Mittel, um die erheblichen Wettbewerbsunterschiede zwischen Versandhandel und öffentlicher Apotheke in diesem Bereich ausgleichen zu können“, schreibt die FDP-Landtagsfraktion.
Nur eine sinnvolle Alternative
Anders als Lindner, der seinen Facebook-Beitrag mit den Stichworten „ausFehlerngelernt“ und „neueFDP“ verknüpft hat, gibt es für Haußmann keinen anderen vernünftigen Ausweg aus dem EuGH-Urteil. „Wir sehen von allen uns bekannten Lösungsansätzen nur die sinnvolle Alternative, dass wir das Verbot des Versandhandels aussprechen, wie es 21 andere EU-Länder auch machen“, erklärte er gegenüber DAZ.online. Andere Vorschläge wie beispielsweise Beratungshonorare oder Sicherstellungsvergütungen halte er „nicht für adäquat“.
„Ich glaube, dass wir es nur in dieser Form schaffen, die gute Versorgung weiter aufrechtzuerhalten, wie wir sie jetzt in Baden-Württemberg haben“, betonte Haußmann. Er sei in Kontakt mit Kollegen der anderen Landtagsfraktionen, der Meinungsbildungsprozess laufe aber noch. „Da gibt es auch unterschiedliche Meinungen – zum Teil laufen noch Abwägungsprozesse“, erklärte er. Die Positionen von Lindner könne er trotz seiner anderen Einschätzung ein Stück weit nachvollziehen, da die FDP Schwierigkeiten habe, „mit einem Verbot in das Marktgeschehen einzugreifen“. In den nächsten Wochen würden die Diskussionen sicher weitergehen, sagte Haußmann.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Liberalen in Sachen Apothekenmarkt unterschiedlicher Meinung sind. Erst im September hatte Matthias Fischbach, Mitglied im Vorstand der FDP Bayern, gefordert, dass der Gesetzgeber einen neuen Anlauf auf die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes unternehmen solle. Von Apothekenketten erhoffe er sich, dass diese einen Markt mit größeren Qualitätsversprechen aufbauen könnten, erklärte Fischbach damals gegenüber DAZ.online. Nur wenige Tage später wurde diese Meinung durch den Generalsekretär der FDP Bayern, Daniel Föst, allerdings wieder relativiert. In einem Interview sagte Föst, dass er die „Phantomdebatte“ über den Apothekenmarkt nicht brauche, weil bei den Apotheken alles funktioniere. Es gebe andere Marktsektoren, in denen Reformen anstünden, sagte Föst.
8 Kommentare
In dieser Debatte geht es nicht um den Apotheker
von Hummelmann am 28.11.2016 um 11:59 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Schade
von Albrecht Bodegger am 23.11.2016 um 16:55 Uhr
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Und wieder unter die 5 % Hürde
von Jochen Ebel am 23.11.2016 um 11:30 Uhr
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Von Pendlern, Opportunisten und Nichtschwimmern.
von Christian Timme am 23.11.2016 um 2:25 Uhr
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Zuviel der Ehre !
von gabriela aures am 22.11.2016 um 18:33 Uhr
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AW: Zuviel der Ehre
von DAZ.online-Redaktion am 22.11.2016 um 18:44 Uhr
Einfach keine Ahnung
von Anita Peter am 22.11.2016 um 14:07 Uhr
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AW: Einfach keine Ahnung
von Dr. Detlef Eichberg am 22.11.2016 um 15:17 Uhr
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