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Verschmutztes Abwasser
50.000 Menschen fordern saubere Antibiotika-Produktion von Techniker-Kasse
„Stoppt Superkeime, säubert Eure Lieferketten!“ Das fordert eine Online-Petition von deutschen Krankenkassen. Diese lassen Antibiotika teils von indischen Firmen herstellen, die ihr Abwasser offenbar nicht klären – und so die Bildung resistenter Keime befördern. Die Kassen weisen die Verantwortung von sich.
Ein Großteil der weltweit verbrauchten Antibiotika wird in Indien und China hergestellt – unter teilweise erschreckend laxen Umweltstandards. Immer wieder gelangen Rückstände aus der Produktion über das Abwasser in Flüsse und Seen und weiter ins Grundwasser. Dort vorkommende Keime haben reichlich Gelegenheit, Resistenzen auszubilden gegen die Antibiotika. Die Angst von Forschern und von Aktivisten: Dass sich in diesem „Trainingslager“ für Keime eines Tages „super bugs“ bilden, gefährliche Bakterien, gegen die kaum ein Mittel wirkt. Superkeime, die sich im extremsten Fall weltweit ausbreiten.
Im Oktober wies die britische Aktivisten-Organisation „Changing Markets“ nach, dass auch deutsche Krankenkassen Verträge mit problematischen Produzenten in Indien haben. Etwa mit Aurobindo, einem der größten Hersteller von billigen Antibiotika. In der Nähe eines Aurobindo-Werkes in der Stadt Hyderabad in Zentralindien fanden die Aktivisten zahlreiche resistente Keime im Grundwasser.
Rabattverträge mit Problem-Hersteller?
Hier setzt die Online-Petition auf der
Bürgerrechts-Plattform change.org an. Das Begehren heißt „Stoppt Superkeime,
säubert Eure Lieferketten!“ und hat bislang fast 50.000 Online-Unterschriften
eingesammelt. Die Forderung richtet sich explizit an die Techniker
Krankenkasse, die größte Krankenkasse Deutschlands. Sie hat mit Aurobindo
Rabattverträge geschlossen und lässt von der Firma unter anderem die Wirkstoffe
Amoxicillin und Moxifloxacin herstellen. Changing
Markets fordert von der Techniker Krankenkasse, Firmen wie Aurobindo zu
boykottieren.
Techniker: Nicht unser Werk, nicht unser Problem
Aber, sagt TK-Sprecher Dennis Chytrek: Man lasse in einem anderen Aurobindo-Werk produzieren. Wobei, sagt Chytrek, auch das problematische Aurobindo-Werk von den Behörden zertifiziert wurde – ihm wurden zuletzt 2015 von der portugiesischen Gesundheitsbehörde EU-konforme Qualitäts- und Produktionsbedingungen attestiert. Er wisse aber nicht, ob dabei auch die Klärung der Abwässer geprüft worden sei.
In jedem Fall wolle man nun handeln, so Chytrek weiter, man sei ebenfalls alarmiert durch die Recherchen von Changing Markets. Die TK wolle nun klären, ob sie „rechtliche Möglichkeiten habe, die Produktionsbedingungen in den Werken überprüfen zu lassen“.
AOK hat Aufsichtsbehörde eingeschaltet
Auch andere Krankenkassen haben laut Changing Markets Verbindungen zu Aurobindo. Auch sie weisen jede Verantwortung von sich.
Die DAK-Gesundheit etwa lasse nicht in dem problematischen Aurobindo-Werk produzieren, sondern an einem anderen Standort, sagt Sprecherin Dagmar Schramm.
Die AOK erklärt lediglich, man habe „die zuständige Aufsichtsbehörde eingeschaltet“, nachdem man von den Zuständen rund um das Aurobindo-Werk erfahren habe. Das lässt Sprecherin Christine Göpner-Reinecke ausrichten.
Auch die Barmer GEK unterhält Verträge mit Aurobindo – sagt aber, sie habe „keinen Einfluss auf den Herstellungsprozess“.
Hristio Boytchev, correctiv.org
Correctiv.org ist das erste gemeinnützige Recherchezentrum in Deutschland. Die mittlerweile 20-köpfige Redaktion finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Zu den regelmäßigen Unterstützern gehören 800 Personen sowie Stiftungen und die Bundeszentrale für politische Bildung. Die Redaktion gibt Recherchen, beispielsweise über Antibiotikaresistenzen, kostenlos an andere Medien ab.
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