Für Säuglinge mit einer Spinalen Muskelatrophie (SMA) des
Typs 1 ist seit vergangener Woche zum ersten Mal ein Wirkstoff verfügbar, der
die Symptome der Erkrankung verbessert, wie die Uniklinik Freiburg in einer
Presseerklärung meldet.
Die US-amerikanischen Hersteller Biogen und Ionis
Pharmaceuticals hatten im August aufgrund positiver Ergebnisse eine
Zulassungsstudie frühzeitig beendet. Sie betraf Säuglinge mit einer schweren
Form der Erkrankungen, die bislang oft im Alter von ein oder zwei Jahren
versterben. Bei Patienten mit SMA führt ein Defekt im Gen SMN1 zu einem Defekt
der Motoneurone im Rückenmark – und dadurch zu einer Abnahme der Muskelkraft.
„Nach Jahrzehnten der Forschung haben wir endlich ein
Medikament, mit dem wir den schweren Krankheitsverlauf der Säuglinge positiv
beeinflussen können“, erklärte Jan Kirschner, Leitender Oberarzt der Klinik für
Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen des Uniklinikums Freiburg in der Erklärung. Er war als einer der Studienärzte an der Erprobung des Arzneimittels beteiligt. „Wir sind den Familien und Selbsthilfegruppen sehr dankbar, die
diesen Weg mit uns gegangen sind.“
Fehlendes Gen wird kompensiert
Nusinersen ist ein Antisense-Oligonukleotid, das die
Produktion des von den Patienten benötigten Proteins SMN erhöht, indem das Gen
SMN2 vermehrt exprimiert wird. Letzteres ist dem bei SMA-Patienten fehlenden
oder mutierten SMN1-Gen sehr ähnlich. Auf diesem Weg könne das Protein ersetzt
werden, hoffen die Forscher.
Nusinersen muss über eine Lumbalpunktion direkt in
das Hirnwasser verabreicht werden. Das bisherige Behandlungsregime sieht eine
Anwendung im Abstand von zuerst 14 Tagen, dann 30 und 60 Tagen sowie
anschließend alle vier Monate vor.
Der Direktor der neurologischen Klinik der Uniklinik Ulm,
Albert Christian Ludolph, sieht den Erfolg als Durchbruch eines neuen
Wirkprinzips an, wie er im August gegenüber DAZ.online erklärte – auch wenn
bislang offenbar noch keine in wissenschaftlichen Studien veröffentlichten
Daten vorliegen. Dennoch heiße dies, dass eine therapeutisch bisher völlig unzugängliche
Erkrankung erstmals behandelbar wäre. „Das hätte ich mir in meinem neurologischen
Leben nicht erhofft, weil ich es für unmöglich hielt“, betonte Ludolph, der
selber für andere Studien mit Biogen zusammenarbeitet.
Gleichzeit warnte er vor
zu großen Hoffnungen: Patienten sei schon seit Jahrzehnten eine Therapie
versprochen worden – und die Behandlung sei allgemein nur schwer beeinflussbar.
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