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Bundestag zum EuGH-Urteil
Entweder Rx-Versandhandelsverbot kommt oder Preisbindung fällt
Damit die Bundestagsabgeordneten im Dschungel der EU-Richtlinien, EU-Verordnungen und EuGH-Urteile den Überblick behalten, informiert die Bundestagsverwaltung sie über die wichtigsten Vorgänge. Ein Bundestagsreferat hat sich mit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung beschäftigt und kommt zu dem Schluss: Entweder der Bundestag beschließt ein Rx-Versandhandelsverbot – oder die Preisbindung fällt.
Das Referat PE3 gibt es noch nicht lange im Deutschen Bundestag. Offiziell heißt es: „Referat für Analyse, Prioritätensetzung und Beratung in EU-Angelegenheiten“. Die Kernaufgabe der Mitarbeiter dieses Teils der Bundestagsverwaltung ist die Priorisierung und die Selektion von Informationen. Dabei geht es ausschließlich um Neuigkeiten, die auf EU-Ebene entstehen. Die Referatsmitarbeiter sichten also tagtäglich hunderte EU-Papiere, um zu entscheiden, welche Informationen für die Parlamentarier wertvoll sein könnten. Finden sie eine aus ihrer Sicht wichtige Neuigkeit, schreiben sie für alle Abgeordneten eine Kurzzusammenfassung samt einem Fazit, das alle Handlungsoptionen beschreibt.
In den vergangenen Tagen hat sich das Referat PE3 auch mit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung beschäftigt. Relativ nüchtern beschreibt die Bundestagsverwaltung in einem Papier, das DAZ.online vorliegt, das Ausgangsverfahren der Deutschen Parkinson Vereinigung und DocMorris. Als „wesentliche Inhalte der Urteilsbegründung“ sieht das Referat einerseits, dass die Preisbindung aus Sicht des EuGH eine Beschränkung des freien Warenverkehrs innerhalb der EU darstellt. Andererseits konnte die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem EuGH nicht nachweisen, dass Vor-Ort-Apotheken aus Gründen des Gesundheitsschutzes bevorteilt werden müssten.
Rechtsfolge: DocMorris darf Boni wieder anbieten
Als „Rechtsfolge“ sieht das Referat PE3 zunächst nur, dass DocMorris Kunden aus Deutschland ab sofort seine Bonusmodelle wieder anbieten darf. Deutsche (Versand-)Apotheken müssten sich zwar weiterhin an die Preisbindung halten, allerdings entstehe eine „sogenannte Inländerdiskriminierung“, kommentieren die Bundestagsangestellten.
Um das nationale Recht an die EuGH-Entscheidung anzupassen und dieser Inländerdiskriminierung entgegenzuwirken, sieht die Bundestagsverwaltung als Handlungsoption für die Abgeordneten nur zwei Wege. Erstens: das Rx-Versandhandelsverbot. Bereits einen Tag nach dem Urteil habe die ABDA für dieses geworben, heißt es in der Zusammenfassung. Mittlerweile habe auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe erklärt, den Rx-Versand verbieten zu wollen, um „traditionelle Apotheken“ zu schützen. Die Bundestagsabgeordneten werden ferner darauf hingewiesen, dass es 2003 bereits ein EuGH-Urteil gab, demzufolge das Arzneimittel-Versandhandelsverbot mit EU-Recht vereinbar ist – aus Gründen des Gesundheitsschutzes. Allerdings dürfe sich das Versandhandelsverbot nur auf verschreibungspflichtige Medikamente beziehen.
Wenn Preisbindung weg, dann Höchtpreismodell
Das Bundestagsreferat macht die Abgeordneten aber auch darauf aufmerksam, dass der deutsche Gesetzgeber den Rx-Versandhandel im Jahr 2004 trotz des EuGH-Urteils erlaubt hat. Ob ein eventuelles Rx-Versandhandelsverbot juristisch machbar ist, kommentiert das Referat PE3 eher skeptisch: „Inwieweit sich die Streichung dieser Vorschrift auch mehr als zehn Jahre nach dem betreffenden EuGH-Urteil (und entsprechender entgegenstehender Praxis) noch auf die gleichen Rechtfertigungsgründe stützen kann, wäre zu prüfen“, heißt es in dem Papier. Außerdem sei der EuGH in seinem Urteil von 2003 gar nicht auf die Frage der Preisbindung eingegangen. Ebenfalls fraglich sei es, ob die Versandapotheken sich auf nationaler Ebene auf Grundrechte beziehen könnten und das Rx-Versandhandelsverbot dann lange Bestand hätte.
Als zweite Handlungsoption stellen die Bundestagsmitarbeiter den Abgeordneten die Abschaffung der Preisbindung vor. „Eine andere Möglichkeit des Gesetzgebers, auf das EuGH-Urteil zu reagieren, wäre, die deutsche Preisbindung für Rx-Medikamente abzuschaffen und so auch deutschen (Versand-)Apotheken die Möglichkeit zu geben, am Preiswettbewerb teilzunehmen“, heißt es dort. Die Befürworter einer solchen Lösung seien unter anderem die Krankenkassen, die damit ihre Kosten senken wollten. Der Bundestag weist in diesem Zusammenhang darauf hin: „Laut einer 2015 für den GKV-Spitzenverband erstellten Studie liegt das deutsche Arzneimittelpreisniveau über dem europäischen Durchschnitt.“ Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach habe sich in Medienberichten schon für die Aufhebung der Preisbindung ausgesprochen.
Was passiert aber, wenn die Preisbindung nicht mehr existiert? Dann gäbe es laut Bundestagsverwaltung eine Idee, die die Parkinson-Vereinigung ins Spiel gebracht hatte. Nämlich „die Einführung eines Systems von Höchstpreisen“. Und weiter: „Aus Sicht der Versandapotheken wäre dies eine den freien Warenverkehr weniger einschränkende Maßnahme.“
5 Kommentare
RXVV, wie niedlich.
von Christian Timme am 04.11.2016 um 21:55 Uhr
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Entweder Rx-Versandhandelsverbot kommt oder Preisbindung fällt
von Anita Peter am 04.11.2016 um 6:05 Uhr
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Ach ist das schön,
von Christiane Patzelt am 03.11.2016 um 19:35 Uhr
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Alles verpennt!
von Christian Giese am 03.11.2016 um 18:14 Uhr
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Freigabe/Verbot
von Dr.Diefenbach am 03.11.2016 um 17:43 Uhr
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