Spinale Muskelatrophie

Erster Erfolg bei Arzneimittel für Muskelerkrankung

Stuttgart - 23.08.2016, 17:00 Uhr

Bei Patienten mit Spinaler Muskelatrophie bilden sich bestimmte Nervenzellen im Rückenmark zurück, was zu einer Schwächung von Muskeln führt. (Foto: psdesign1 / Fotolia)

Bei Patienten mit Spinaler Muskelatrophie bilden sich bestimmte Nervenzellen im Rückenmark zurück, was zu einer Schwächung von Muskeln führt. (Foto: psdesign1 / Fotolia)


Kein Wundermittel – aber eine neue Ära

„Dass Kinder wieder laufen können und nicht mehr beatmet werden müsse, halte ich für sehr unwahrscheinlich“, erklärt Kirschner. „Das ist kein Wundermittel und keine Heilung für die Erkrankung  sicher nicht“, betont der Arzt. Vermutlich ginge von Nusinersen eher ein kleiner Effekt aus. „Aber einen Stift halten zu können, kann im Alltag sehr relevant sein“, sagt er.

Für genetische Muskelerkrankungen handele es sich um die erste Therapie, die offenbar signifikante Ergebnisse in einer Phase-III-Studie ergeben hat, erklärt Kirschner. „Eine neue Ära fängt schon an für uns – aber ich glaube nicht, dass wir am Ziel sind“, sagt der Neurologe.

Der Aktienkurs stieg nach Veröffentlichung der Presseerklärung

Auch Roche und Novartis arbeiten an Arzneimitteln für SMA, an deren Entwicklung Kirschner gleichfalls beteiligt ist – doch seien diese in der klinischen Entwicklung noch nicht so weit. Unklar ist, wieviele Patienten mit SMA es in Deutschland gibt. Kirschner vermutet, dass es einige Hundert oder wenige Tausend sind, mit einem sehr breiten Spektrum des Schweregrads.

Nach der Bekanntgabe des erfolgreichen Endes der Phase-III-Studie hat Biogen seine Option auf die globale Entwicklung und Vermarktung von Nusinersen ausgeübt und der Biotech-Firma Ionis hierfür eine Lizenzgebühr von 75 Millionen US-Dollar gezahlt. Biogen will nach eigener Aussage in den kommenden Monaten weltweit die Zulassung des Arzneimittels beantragen. Nach Veröffentlichung der Pressemitteilung stieg der Aktienkurs von Biogen von zuvor rund 290 US-Dollar um gut 10 Prozent.

Spinale Muskelatrophie

Bei der Spinalen Muskelatrophie (SMA) führt der fortschreitende Rückgang von Nervenzellen im motorischen Teil des Rückenmarks zu Muskelschwund und fehlender Muskelspannung. Die Erkrankung wird durch ein mutiertes oder fehlendes „SMN1“-Gen ausgelöst. Der Schweregrad der Erkrankung kann stark variieren und auch bei unterschiedlichem Alter der Patienten einsetzen.

Beim schweren SMA-Typ 1 treten die Symptome schon in den ersten Lebensmonaten auf, die Patienten versterben oft in den ersten beiden Jahren. Patienten mit Typ 2 SMA können als Kind frei sitzen, aber normalerweise nicht ohne Hilfe stehen. Kinder mit Typ 3 SMA können laufen, verlieren diese Fähigkeit jedoch mit zunehmendem Alter oft wieder. Typ 4 SMA tritt erst im Erwachsenenalter auf.

Neben einer Schwächung der Rumpfmuskulatur und Gliedmaßen kann die Erkrankung auch zu Problemen bei der Atmung führen, so dass Patienten teilweise beatmetet werden müssen. Kognitiv sind Patienten mit SMA nicht beeinträchtigt.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.